Über Autos kann man noch so viele Fakten und Vorurteile herunterbeten – am Ende ist ein Auto nur beim Fahren erfahr-bar. Und weil das so ist, wollen die Hersteller, dass ihre Autos gefahren werden. Mit der gesamten aktuellen Modellpalette und ein paar aktuellen Zahlen zum Unternehmen im Gepäck machte Ford in der Nähe großer Ballungsräume Station. So lud man Berliner Medienvertreter ins verträumte Schönhagen, etwa 30 km südlich von Berlin. Der verweichlichte Städter in mir stellt fest: Ein äußerst unsympathischer Tag um aufs Land zu fahren, reifüberfrorene Stoppelfelder, Nebel, bedeckter Himmel, Temperaturen am Gefrierpunkt. Der MOTOR-TALKer in mir freut sich aber schon auf die Chance, einfach mal die gesamte Ford-Modellpalette über die Landstraße jagen zu können. Eine Autobahn, die nirgendwo endet Das Navi verspricht mir erst mal knapp 50 Minuten Fahrerlebnis im eigenen Pkw, hat aber natürlich keine wirkliche Vorstellung vom morgendlichen Berliner Berufsverkehr. Sobald ich dern hinter mir gelassen habe, bewundere ich ein Bauwerk, das wohl mit dem neuen Flughafen Berlin-Schönefeld zusammenhängt: Die neue B101 ist eigentlich eine zweispurige Autobahn Marke „war bestimmt teuer“, mit Tempolimit 120. Außer mir wollen sie aber um diese Zeit nicht viele benutzen. Kurz vor Thyrow ist der Zauber vorbei, bzw. verwandelt sich in eine normale Brandenburger Landstraße. Wer sich ab und zu fragt, wo bleiben meine Steuergelder: Hier zum Beispiel. Ford mit Geschäftsjahr zufrieden So richtig etwas Neues gibt es bei Ford derzeit nicht zu verkünden. Die interessanten Modellneuheiten 2010, vor allem Focus und C-Max, sind seit Frühjahr auf dem Markt. Der Focus ST ist ebenso Zukunftsmusik wie der künftige B-Max – und leider nicht dabei bei dieser Tour. Also präsentiert uns Ford einen kleinen Rückblick auf das noch laufende Geschäftsjahr. Von Januar bis Oktober konnte man in Deutschland 193.915 Pkw verkaufen, entsprechend 7,3 Prozent Marktanteil. Ein Wachstum von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit 80 Jahren produziert Ford in Köln, und beschäftigt derzeit hierzulande etwa 25.000 Mitarbeiter. Auch deshalb sieht Ford Deutschland sich als authentische deutsche Marke. Aber mit Ausstrahlung ins Mutterland: 2010 sei man nach Berechnungen der "Amerikanischen Handelskammer" das umsatzstärkste deutsche Unternehmen mit US-Mutter gewesen. Nicht Exxon, nicht McDonald’s und auch nicht Opel, wie man festhält. Insgesamt sei die Bedeutung von Deutschland für den Ford-Konzern gewachsen, nicht nur wegen der stabilen Produktion und der Absätze, sondern weil hier auch mehr und mehr Entwicklungs-Kompetenz gebündelt werde. Auch das neue Ford Design-Flaggschiff, der auf der IAA gezeigte Evos Concept, kommt aus Köln-Merkenich. Wer immer in den nächsten Jahren einen Ford zeichne, egal ob in Europa, Amerika, Asien oder Australien, werde diesen Entwurf aufgreifen, sagt Wolfgang Booms, Geschäftsführer Marketing. Um auch in Zukunft als innovative, vertrauenswürdige Marke wahrgenommen zu werden, will Ford das Entwicklungstempo noch erhöhen und die Modellpalette deutlich verjüngen. Die neuen Modelle kommen an: Vom neuen C-Max konnte Ford 2011 fast doppelt so viel verkaufen wie vom Vorgänger.
So sei der neue Focus in Design, Qualität und Technologie ein riesen Fortschritt, und im Bereich Assistenzsysteme einfach die „Benchmark“ seiner Klasse: Die Systeme haben andere auch, aber eben nicht in diesem Segment und in dieser Preisklasse. Über ein Drittel der Focus-Käufer entscheiden sich bereits für den Einpark-Assistenten oder den Brems-Assistenten. Große Stücke hält Ford auch auf den neuen Einliter-Dreizylinder, der dieser Tage in Köln Produktionsstart feiert. Zunächst kommt der Motor mit 100 und 120 PS und soll zunächst Focus und C-Max, später auch kleinere Modelle zur Sparsamkeit erziehen. Wie eine bahnbrechende Innovation nimmt sich der Türkantenschutz auf den ersten Blick nicht aus, den Ford ebenfalls demonstriert. Aber das System ist raffinierter, als es aussieht. Blitzschnell schnellt die Leiste beim Öffnen der Tür vor und legt sich schützend um die Türkante. Rein mechanisch, in 60 Millisekunden und praktisch geräuschfrei kann man so abgestoßenen Lack an der Türkante vermeiden. Fahrtermin Nun ist ja aber das Fahren der Ford-Pkw der eigentliche Zweck der Veranstaltung, und so scharren wir langsam mit den Hufen. Ich entscheide mich dafür die Modellpalette von unten nach oben zu erkunden: Beim Ka beginnend, hoffe ich mich bis zum Mondeo vorarbeiten zu können. Das hat nicht ganz geklappt, nach dem C-Max war leider noch einiges Auto am Ende der Zeit übrig. Aber immerhin. Ford Ka Beim Fahren kann der Ford Ka durchaus gefallen. Eine straffe Federung und eine direkte Lenkung geben jederzeit direkte Kontrolle über das Geschehen. Wer es eilig hat, entlockt dem Motor aber recht schnell leicht gequälte Missfallensäußerungen. Auch sonstige Geräusche werden eher ungenügend weggedämmt. Das Raumangebot ist ok, aber nicht umwerfend. Alles in allem: Kann man fahren, muss man aber nicht, wenn man ehrlich sein soll. Sicher ein guter Begleiter im Alltag, aber ein bisschen austauschbar. Eine ganze Nummer größer, innen wie außen, präsentiert sich der Ford Fiesta. Ford leistet sich einen „Trick“ und stellt die Variante Fiesta S wie Sport mit Lederausstattung, 134 PS und Sportfahrwerk hin. Keine brutale Motorleistung, aber das knackige Fahrwerk macht einen sehr guten Eindruck und lässt das Fahrzeug sehr agil wirken. Wem der Fiesta S mit seinen 18.600 Euro zu teuer ist: Das Fahrwerk gibt’s auch als Option (195 Euro) für die Titanium-Ausstattungsreihe. Von unsympathischer Haptik ist angesichts des Lederpakets ebenfalls nichts zu spüren. Sogar ein bisschen aus dem Abgasrohr brubbeln darf der Fiesta S, und vermag so durchaus zu gefallen. Richtig prima beim Fiesta: Die Rückfahrkamera, so sie denn verbaut ist, wird im Innenspiegel eingeblendet und nicht irgendwo, wo man bei Rangieren sowieso nie hinschaut. So ganz fair kann ich den Fiesta nach diesem durchaus gelungenen Spaßpaket noch nicht beurteilen. Also schnappe ich mit noch einen ECOnetic-Diesel mit 95 PS. Ein frappierender Unterschied: Überzeugen geht anders. Dieser Fiesta wirkt nicht wirklich mit Liebe gemacht, in vielen Details wie der labbrigen, dünnen Hutablage und dem teilweise aus Hartplastik bestehenden Lenkrad sogar eher im Gegenteil. Der Motor läuft eher ruppig. Nach dem edlen Fiesta S ist dieses Serienmodell eher eine Enttäuschung und wirkt mit kaum vier Stellen auf dem Kilometerzähler schon irgendwie verbraucht. Ford Focus Stichwort Assistenzsysteme: Der Notbremsassistent durfte aus naheliegenden Gründen nicht getestet werden. Der Einparkassistent schon, und: Er funktioniert. Nach Anweisung Gänge einlegen, Gas Geben oder Bremsen, und schon ist man auch in der engsten Parklücke - sicher auch bei anderen Herstellern zu haben, aber in der Tat nicht in dieser Preisklasse. Und im Alltag einfach eine schöne Sache, für Städter in jedem Fall. Der Grand C-Max steht auf der gleichen Plattform wie der Ford Focus, und er übernimmt auch einiges an Innenausstattung. Charakterlich fehlt ihm aber dessen Eleganz im Handling, den Van-Piloten umgibt ein ausgeprägtes Flair von Nützlichkeit. Davon hat der Ford Grand C-Max jede Menge zu bieten, und das äußert sich vor allem in Platz. In den Fond geht es über zwei Schiebetüren, und wenn man dort Fussball spielen will, geht das zur Not auch. Trotz des beachtlichen umbauten Raums und der nutzfahrzeughaften Sitzposition macht das Auto keinen un-agilen Eindruck, damit kann man durchaus unterwegs sein. Ohne Kinder, Rockband oder eine Handballmannschaft im Schlepptau macht es aber vielleicht nicht für jeden Sinn. Ford Taunus (P4) 12M Coupé Ja ich durfte – eine kurze Tour mit dem restaurierten Museumsstück drehen. Wenn auch nur als Beifahrer. „Frisch durch den TÜV“, sagt der Ford-Fuhrparkverantwortliche stolz. Auto fahren 1965 hat mit Autofahren heute nicht wirklich viel gemeinsam. Haben wir uns beim Ka über zu wenig Schalldämmung mokiert? Hier gibt es gar keine. Servolenkung und Bremskraftverstärkung natürlich auch nicht. Aktive und passive Sicherheit? Nein. Und was plant Ford 2012? Angekündigt fürs kommende Jahr sind der Ford B-Max, der Focus Electric, der in Australien entwickelte Ford Ranger und der Focus ST, den es auch als Turnier geben wird – mit saloppen 250 PS. Und es soll wieder eine Regionaltour geben – dann aber bitte auch den Focus ST mitbringen, Ford ;) (bmt)
Quelle: MOTOR-TALK |
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