Das Duell zwischen Opel Manta und Golf GTI begann auf dem Bochumer D&W-Parkplatz. Wir haben es auf der Straße ausgetragen: Zwei Bauernporsche im Vergleich.
Berlin – In der vierten Klasse beschlossen mein Schulkumpel Jan und ich, gemeinsam ein Auto zu kaufen. Unser Wunsch-Coupé strahlte uns täglich auf dem Schulweg an: Der weiße 1985er Opel Manta GT/E vom Kiesplatz-Händler sollte es werden. Zustand mittelmäßig bis grottig, Verkäufer schmierig. Das Image war uns egal, Manta-Fahrer waren in unseren Lieblingsfilmen schließlich die Helden. GTI-Piloten galten hingegen als falsche Freunde, unfaire Fahrer und miserable Schauspieler. Opel Manta B GSi Exclusiv: Abschiedsgruß von Günther IrmscherDrei Jahre vor dem Produktionsende des Manta polierte Werkstuner Irmscher das flache Blech. Die Top-Version GSi (früher: GT/E) bekam den Namenszusatz „Exclusiv“, Doppelscheinwerfer, ein Volant mit dem Logo des Tuners sowie einen größeren, dreiteiligen Heckflügel. Das Kennzeichen wanderte in die breite Heckschürze, zwischen den Rückleuchten spannte eine schwarze Plastikblende. Ein Symbol für die automobilen 80er-Jahre, gepresst in Stahl und Kunststoff. Der 2,0-Liter-Vierzylinder blieb unberührt und leistete 110 PS ohne oder 107 PS mit ungeregeltem Katalysator. Opel schrieb damals im Prospekt von einem neuen Champion. Er sei „rassig, sportlich und fair im Preis“. Während man heute über die ersten Punkte schmunzelt, stimmt der letzte: Unser Testauto kostete 1988 inklusive Beifahrer-Sportspiegel (65 Mark), Radio (586 Mark, mittlerweile ersetzt) und Stahlschiebedach (905 Mark) 28.026 Mark. Das beinahe makellose Exemplar mit einer Laufleistung von knapp 25.000 Kilometern überbietet heute umgerechnet den Neupreis. VW Golf 2 GTI Special: Golfball in der rechten Hand Gut ausgestattete und erhaltene Golf 2 GTI kosten heute weniger als 5.000 Euro. Der Markt ist groß, aber Sahnestücke sind selten. Die meisten GTI wurden in jugendlichem Leichtsinn verspoilert, beklebt und bunt beleuchtet. Streng genommen ist mein Golf ein solches Exemplar: Ein umgebauter GT mit ehemals 90 PS, gut 300.000 Kilometern auf der Uhr und diversen Tuning-Teilen. Nach zehn Jahren und 135.000 Kilometern in meiner Hand entspricht wenig dem Serienzustand – die meisten Teile kommen aber aus dem VW-Regal. Den Preis eines Originals erreicht er nicht. Opel Manta oder VW Golf: Eine Glaubensfrage Opel-Boss Neumann möge hier noch einmal umparken im Kopf. Denn zusammen mit dem fantastischen Achtventiler mit elektronischer Einspritzung wird aus dem Manta ein feiner Fahrdynamiker. Beim forschen Anfahren lässt er keck die Gummis rutschen, sackt dann hinten ein und stürmt mit erhobenem Kühlergrill Richtung Horizont, Ziellinie oder Uschi – je nachdem, in welche Richtung Manni das Irmscher-Volant dreht. Assistenz- und Sicherheitssysteme fehlen höchstens Schatten-Parkern und Mittelspur-Schleichern. Der Manta fährt pur und ehrlich, kräftig und kontrollierbar. Drifts sind möglich – viel lieber mag er aber kurvige Landstraßen oder Schau-Fahren in der Stadt. Nach 26 Jahren wirkt alles etwas schwammig, aber nicht gefährlich. Er hatte ein Leben vor dem Museum, aber spannt selbst in hohem Alter gern den Bizeps an. Kompakte Technik im Golf 2 GTI Aber er fährt flink und wendig. Sein Einsachter baut das Drehmoment linear auf und dreht munter bis knapp über 6.000 Touren. Synthetischen Sound gab es in den 80ern noch nicht, im Serienzustand haucht der Pott den Sound vergleichsweise leise nach außen. Kernig wird’s erst mit Auspuffanlagen aus dem Zubehör oder durch unauffällige Luftfilterkasten-Modifikationen. McPherson-Federbeine vorn und Verbundlenker-Achsen hinten gibt es heute noch in den schwächeren Golf-Modellen. Dem leichten Zweier genügt das – immerhin verpassten ihm die Ingenieure Scheibenbremsen sowie Stabilisatoren vorne und hinten. Seine Karosserie ist durch die hohe Laufleistung geschwächt, er knarzt hier und da. Trotzdem wieselt er leichtfüßig durch Kurven. „Breite“ 195er Reifen verschieben den Grenzbereich. 110 PS gegen 107, 187 km/h gegen 186 So sportlich wie sie einst fuhren, sitzen ihre Insassen. In beiden Autos gibt es viel Seitenhalt vorn und wenig Platz hinten. Beim Manta gehören Recaro-Stühle zur „Exclusiv“-Ausstattung dazu. Im Golf kosteten sie Aufpreis; die Ausstattung meines GTI stammt aus dem Sondermodell „Edition One“. Das flache Dach des Manta lässt Erwachsene nur gebeugt im Fond sitzen. Kleine Lenkräder trösten über wenig Kniefreiheit in beiden Autos hinweg. An der Tolle wird es in den Konkurrenten trotzdem eng, nicht zuletzt wegen der tief bauenden Schiebedachmechanik. Eine Servolenkung hat und braucht keiner der Kandidaten. Straßenschäden kommen entsprechend unverfälscht in den Fahrerhandgelenken an. Weicher wird es in der Mittelkonsole: Die Schaltgestänge haben ihre Jungfräulichkeit in den vergangenen 25 Jahren an grobe Hände und ausgeschlagene Getriebelager verloren – heute erwarten sie Zärtlichkeit und Gefühl. Großserienblech oder Rüsselsheimer Exot Heute wissen wir, dass der Manta die bessere Investition gewesen wäre. Rostfreie Überlebende steigen schnell im Wert, fahren dynamischer und profitieren vom Kult-Faktor – niemand lacht mehr über den stereotypen Proleten in Jogginghosen. Allerdings sind sie 100 Kilogramm schwerer und im Innenraum enger als ein GTI. Eine gute Rostvorsorge, die bessere Ersatzteilversorgung, griffigere Bremsen und kompaktere Maße sprechen für den Golf. Golf GTI gegen Manta GSi Das AmpelduellAm Ende entscheidet also der persönliche Geschmack zwischen Fuchsschwanz und Frontantrieb. Wir haben trotzdem den wichtigsten, messbaren Wert getestet: An einer Ampel ließen wir GTI und GSi gegeneinander antreten. Stilecht mit offenen Fenstern, böse blickenden Fahrern und Kenny Loggins im nachgerüsteten CD-Player. Technische Daten
* Werksangaben Quelle: MOTOR-TALK |
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