Der Audi A4 Avant G-Tron ist ein seltenes Exemplar. Das liegt nicht am Modell, sondern an seinem Antriebskonzept. Er ist so modifiziert worden, dass er Erdgas und Benzin verbrennen kann. Das ist nichts Besonderes, man denke nur an Opel Zafira und Volvo V70 Bi-Fuel - um nur zwei zu nennen, die es im Markt versucht haben und sich nicht durchsetzen konnten.
Warum das bei Audi anders sein soll? Jedem verkauften G-Tron stehen rund 100 Audi A4 Avant mit Dieselantrieb gegenüber. Die Masse der Käufer ist also nicht überzeugt.
Audi A4 G-Tron im Nutzertest: Bestandsaufnahme
Ja, in Dänemark darf man auf dem Strand fahren. Allrad gibt's nicht im G-Tron, also auch keine spektakulären Drift-Bilder Quelle: Nicole Ptak
Der G-Tron steht vor uns. Mit seiner abfallenden Dachlinie, der tiefen Nase und der durchgehenden Seitenlinie wirkt er nüchtern, aber sportlich. Mir gefällt das Design. Die Worte von Antoine de Saint-Exupéry in Terre des Hommes treffen es sehr gut: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann“.
Das trifft auch auf den Innenraum zu, ich fühle mich sofort wohl im A4. Man sieht nur Tasten, die man im Alltag benötigt. Ein besonderes Lob verdient das Design der Temperaturregler. Schicker geht es nicht, leider sind sie nur in Verbindung mit der 3-Zonen Klimaanlage zu bekommen.
Der Audi profitiert auch von inneren Werten. Immerhin leistet der modifizierte 2.0 TFSI 170PS, die Spaß machen und gut zum A4 passen. Der Motor dreht freudig hoch, hat aber auch im Drehzahlkeller genügen Leistung für Stadt und Land. Dabei ist der Motor meist zurückhaltend. Er wird bei hohen Touren knurrig, aber nie Laut. Dass der G-Tron etwas Besonderes ist, sieht man kaum. Ohne den Schriftzug am Heck könnte man ihn von seinen Brüdern nur unterscheiden, wenn man ihm unters Blechkleid schaut.
Erdgasantrieb als Besonderheit im A4 G-Tron
Audi bietet im G-Tron nur das Standardfahrwerk an Quelle: mobile.de
Dort findet man vier Erdgastanks, die ca. 19 Kilo des Brennstoffs aufnehmen können. Das reichte bei mir für maximal 390km. Daraus ergibt sich im Schnitt ein Verbrauch von 5,0 Kg Erdgas auf 100km. Trip-Verbräuche von 4,1 Kg/100km waren auch möglich, sind aber mit hohem Autobahnanteil nicht zu halten. Die 500 km Reichweite, die Audi für den Erdgasbetrieb angibt, wirken damit theoretisch.
Dadurch ist man an der Tankstelle öfter zu Gast, als man es von anderen Autos kennt. Daran kann man sich zwar gewöhnen. Die stetige Suche nach einer Tankstelle, die auch Erdgas anbietet, ist auf Dauer aber etwas anstrengend und erfordert auf langen Strecken Weitsicht. Wann tanke ich wo auf der Strecke, wie schnell kann ich auf den nächsten Kilometern fahren - all diese Dinge bringt man, besonders wenn es ins Ausland geht, besser vor dem Start in Erfahrung.
Einen Unterschied zwischen Benzin- und Erdgasbetrieb habe ich nicht bemerkt. Der Audi schaltet von allein um, wenn es nötig ist - was meist nur bei frisch gefülltem oder leerem Erdagastank der Fall war.
Das Getriebe braucht noch Arbeit
Der Kofferraum des A4 ist generell nicht besonders groß, im G-Tron noch etwas kleiner Quelle: mobile.de
Dem guten Motor macht aber das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe einen Strich durch die Rechnung. Es vertraut zu wenig auf die Kraft des Motors und zwingt ihn zu oft in hohe Drehzahlen. Das stört besonders auf der Autobahn. Dann schaltet der Automat gern bis in den fünften Gang zurück und bringt damit unnötige Unruhe ins Auto.
Beim Kriechen an der Ampel bereitet auch der schnelle Wechsel von der Bremse auf das Gaspedal dem Getriebe Schwierigkeiten. Nach einer Gedenksekunde knallt das Getriebe dann eher unkomfortabel einen Gang rein.
Gewöhnungsbedürftig ist auch der Wechsel vom Vorwärts- in den Rückwärtsgang. Bei flotter Anfahrt auf eine Parklücke oder beim schnellen Wenden braucht der Automat manchmal etwas zum Umzuschalten. Andere Verkehrsteilnehmer sind dann schnell genervt. Leider stören diese Kritikpunkte den sonst guten Eindruck des Automaten, der durchaus unmerklich schalten kann und im Prinzip gut zum Motor passt.
Bequemes Fahrwerk, aber nicht viel Platz
Audi A4 G-Tron im Lesertest von MOTOR-TALKer Benjamin Quelle: mobile.de
Im G-Tron ist das Standard-Fahrwerk verbaut. Es passt in allen Lebenslagen und macht Lust auf kurvige Landstraßen und Autobahnen. Mit schlechten Landstraßen kann das Fahrwerk ebenfalls umgehen, kann sie aber nicht vollständig wegbügeln.
Beim Einkaufen für eine kleine Reise wurde schnell klar, der A4 Avant ist kein Lademeister. Der Kofferraum war mit Gepäck und Essen für drei Tage und drei Personen schon bis unter die Abdeckung gefüllt. Dafür sitzt man auch auf längeren Strecken gemütlich und gern auf den Sportsitzen.
Das Soundsystem von Bang & Olufson hat einen tollen Klang, der sehr detailliert ist aber mit starken Bässen nicht ganz zurechtkommt. Mir als Fahrer macht der Audi den Job aber leicht. Er hält automatisch den Abstand und größtenteils auch die Spur. Das Verhalten des Abstandtempomaten lässt sich wunderbar beeinflussen. Im Nachbarland Dänemark kommt man mit der Einstellung „Efficincy“ aus, auf deutschen Autobahnen wurde mir das aber zu langsam.
Tolle Scheinwerfer, unvollständige Erdgas-Übersicht
Audi A4 G-Tron im Lesertest von MOTOR-TALKer Benjamin Quelle: mobile.de
Bei Nacht zeigen die Scheinwerfer ihre Qualität. Das Matrix-LED-Licht leuchtet die Straße taghell aus. Das Ausblenden des Gegenverkehrs klappt leider nicht immer. Besonders in Rechtskurven verpasst die Elektronik ihren Einsatz mitunter. Auf gerader Strecke dagegen kann man vorausfahrenden Autos blendfrei die Straße erleuchten.
Ein Problem: Als das Erdgas mitten in Dänemark alle ist, möchte der Audi im weit entfernten Göteborg tanken. Leider kennt Audis Software die wenigen dänischen-Erdgastankstellen nicht. Das hatte in der Heimat deutlich besser funktioniert. Das Navi bleibt stoisch bei der Empfehlung, nach Schweden zu fahren. Wir fahren lieber mit Benzin zurück.
Insgesamt gibt es über den Audi A4 keine großen Beschwerden. Er macht seinen Job super und gibt uns immer ein tolles Gefühl. Wochen nach unserem Trip fragt mein Sohn mich immer noch nach „Audi“.
Aber für wen ist der G-Tron ein geeignetes Auto? Für alle, bereit sind, die kleinen Kompromisse einzugehen. Wer auf seiner täglichen Pendelstrecke eine Gastankstelle hat und bereit ist, im Urlaub sehr bewusst zu tanken, wird zufrieden sein, vor allem mit den Kraftstoffkosten. Ohne diese Bereitschaft wird man mit dem Audi A4 G-Tron nicht glücklich. Für unsere kleine Familie wäre er im Moment ideal.