Motor-City Hamburg. Im Herzen der Hansestadt findet am 1. und 2. September 2012 zum 11. Mal das Stadtparkrennen statt. Ein Oldtimer Grand Prix der ganz besonderen Art. MT-Reporter Norbert Bogdon startet zum dritten Mal. Mit seinem Lloyd LP 600. Der Kleinwagen aus Bremen bringt es auf veritable 19 PS
Hamburg - Objektiv betrachtet mutet das Ganze total bescheuert an: Hunderte wertvoller Oldtimer donnern mitten in Hamburg über eine Strecke, die den idyllischen Stadtpark umsäumt. Ein Asphaltband, auf dem an ruhigeren Tagen Rentner ihre Rollatoren ausführen, Eltern Kinderwagen schieben oder Studenten auf den Wiesen lümmeln. Das Stadtparkrennen in Hamburg ist Motorsport purNun gut, Objektivität interessierte mich noch nie sonderlich. Ich bin gern und zutiefst subjektiv. Darum finde ich diesen schönen Irrsinn einfach nur belebend, erhebend, ganz und gar wunderbar. „Hamburger Stadtparkrennen“ heißt dieser herrliche Wahnsinn. Seit zwei Jahren rase ich mit, mittendrin. Ein Traum ist das. Wirklich. Ob mein kleiner Lloyd hier schrecklich allein sein würde, so eine Sekunden nach dem Startschuss. Doch schon früher galt und heute um so mehr: „ Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd“. Gesagt, getan, ein Mann, ein Sport. „Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd“Als der Streckenposten damals mein erstes Rennen startete, beruhigte ich mich mit einigen tröstlichen Gedanken. Zum Beispiel, dass mein Lloyd mit dem herkömmlichen Serien-Auto aus den 50er Jahren praktisch nichts mehr gemein hat. Hier rast das Herz beim StartTrotz dieser wohl kalkulierten Vorbereitung hatte ich in der Startaufstellung mehr Herzpochen als bei einem Treffen mit zwei, drei schwedischen Supermodels. Doch dann, ein Schuss. Es ging los und mein Wagen stürmte nach vorn wie ein aktueller Superrennwagen. Ok, vielleicht nicht ganz so direkt wie so einer. Aber doch schon wie ein VW Polo mit vier Personen und Urlaubsgepäck. Und Wohnwagen am Haken. Erwähnte ich in diesem Zusammenhang bereits, dass so ein Oldtimer keine Sicherheitsgurte hat? Von Scheibenbremsen, ABS oder ESP ganz zu schweigen? „Wer den Tod nicht scheut...“, naja, siehe oben. Durch die Kurve auf drei RädernIm Grunde konnte nicht viel passieren, weil ich ja stets und damals schon einen elfenbeinfarbenen Eierschalhelm trage. Das gleiche Model wie es Formel-1-Legende Stirling Moss bevorzugte - und der ist 82 und putzmunter. Mit Helm und den feinen Garn-Lederhandschuhen fühlte ich mich im Auto in die Anfangszeit der Veranstaltung zurückversetzt. Die Nähe zu den Fans zähltSeit 1999 Jahren gibt es es das Stadtparkrennen als Oldtimerveranstaltung für Motorräder und Automobile wieder und inzwischen kommen rund 25 000 Zuschauer. Auch deshalb, weil das heutige Stadtparkrennen etwas vom Geist der früheren Veranstaltung erhalten hat: Die absolute Nähe von Zuschauern und Teilnehmern. Das ist nicht nur an der Rennstrecke so, sondern auch in der sehr offenen Boxengasse. Durchlaufen ist ausdrücklich erwünscht! Egal, ob Besitzer eines Fiat Topolino Porsche Formel 1 von 1962 oder eines Bentley Le Mans von 1928. Alle Fahrer und Besitzer haben Zeit und Lust auf einen kleinen oder großen Plausch. Die Zuschauer machen für die Fahrer die Lalola-WelleEs ist ja aber auch ganz famos für die eigene gute Laune, wenn einem selbst wildfremde Menschen zum Rennen gratulieren und dem Piloten auf ihrer Digitalkamera ein paar Fotos von seinem Wagen im Renneinsatz zeigen. Eines davon hängt jetzt gerahmt in meiner Wohnung. Es entstand an der Kurve, in der 20 Zuschauer eine Laola-Welle entfachten, sobald ich in atemberaubender Schräglage vorbeizischte. Das war herzergreifender als jede Hollywoodschnulze. Noch beim Verfassen dieser Zeilen bekomme ich eine Gänsehaut bei diesem Gedanken. Und kann es kaum erwarten, mich wieder hinter das Volant zu schwingen, den Motor drehen zu lassen. Und um mir die Zeit bis dahin ein bisschen zu vertreiben, pumpe ich die Reifen noch etwas mehr auf. Ich will wieder eine Welle sehen. Aus Händen und begeisternden Gesichtern. Das ist Motorsport. Zum Lieben und leben. Quelle: MOTOR-TALK |
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