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GAZ 69 – Die russische Bergziege

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Wer nur die verweichlichten SUV unserer Tage kennt, der sollte im russischen GAZ 69 Platz nehmen. Komfort gibt es hier nicht, dennoch spricht einiges für den knorrigen Geländewagen – oder kennen Sie ein anderes geländegängiges Cabrio mit 8 Sitzen?

Ein russischer Geländewagen – da denkt jeder an den Lada Niva, der inzwischen seit 30 Jahren weitgehend unverändert gebaut und auch hierzulande angeboten wird. CARSABLANCA-Mitglied Klaus Kiese (kiesegrimm) nennt ein Exemplar einer noch wesentlich rustikaleren Spezies sein eigen.

Es ist ein GAZ 69, den Klaus Kiese seit dem Jahr 2000 im Alltag bewegt. Den Papieren nach ist der Wagen Baujahr 1967, aber: „er kann durchaus älter sein. Es handelt sich um ein Exemplar aus Depot-Beständen der ehemaligen Sowjet-Armee, und da haben sie es mit den Fakten nicht so genau genommen“, erklärt sein Eigentümer. Der in den fünfziger Jahren konstruierte, tarngrün lackierte Geländewagen ist weitgehend im Originalzustand, bis auf den Motor. Der als durstig bekannte, werksseitig verwendete Vierzylinder mit 2,1 Litern Hubraum und einer Leistung von 55 PS gilt zwar als unzerstörbar, doch der zivile Erstbesitzer des GAZ setzte lieber auf bewährte West-Technik und implantierte einen Sauger-Diesel von Volkswagen. „Der Motor ist eingetragen und erfüllt durch einen Nachrüst-Kat sogar die Euro 2 Norm“, freut sich Klaus Kiese. Viel mehr als 100 km/h Spitze sind damit natürlich nicht drin, kein Wunder bei einem Betriebsgewicht deutlich über anderthalb Tonnen.

Der 39 jährige Umwelttechniker hat den knorrigen Russen mit einem Tachostand von 4.500 Kilometern gekauft – inzwischen hat der Zähler die 100.000 überschritten. Einen nicht unerheblichen Teil davon hat er auf der Autobahn 2 abgespult, zwischen seiner Heimatstadt Berlin und dem Ruhrgebiet, in das es ihn aus Gründen der Liebe zog und wo er inzwischen auch wohnt. Auch ansonsten kennt der alte GAZ Langstrecken: „Ich habe ein Faible für Skandinavien. Mit dem Wagen waren wir aber verschiedentlich auch schon im ehemaligen Ostblock“, berichtet Kiese und erinnert sich daran, wie er den GAZ einmal sogar als Krankentransporter zweckentfremden musste. „Das war, als wir zu einem Treffen in Norwegen wollten. Ein Bekannter von mir, mit dem wir uns dort verabredet hatten, hatte sich ein Bein gebrochen. Ich habe ihn dann über mehrere hundert Kilometer heim transportiert, mit seinem Gipsbein auf einer improvisierten Trage und mit einem Helm auf dem Kopf während der Fahrt, denn Gurte gibt es nicht in dem GAZ.“

Wie kommt jemand, der zu Wendezeiten sogar den Wehrdienst verweigert hat, dazu, ausgerechnet ein ehemaliges Militärfahrzeug zu fahren? „Das war Zufall“, lacht Klaus Kiese. „Der GAZ stand in Berlin am Straßenrand zum Verkauf, allerdings zu einem illusorischen Preis. Ich habe einen Zettel rein geworfen und Interesse signalisiert. Nach einiger Zeit habe ich den Wagen dann bekommen – für weniger als die Hälfte der ursprünglich veranschlagten Kaufsumme, nämlich für 7.000 DM. Das war es mir wert – wer hat schon ein achtsitziges Cabrio?!“

Die Reparaturanfälligkeit bewegte sich seitdem in engen Grenzen, der Austausch der Vorderachse gegen ein Exemplar vom ab 1972 gebauten Nachfolger UAZ 469 mit Freilauf diente der Verbrauchsreduzierung. Mit an Bord ist außer üppigem Bordwerkzeug für alle Fälle auch stets eine Mütze und eine Schachtel mit Ohrstöpseln, denn „anders steht man eine längere Fahrt bei der ungedämmten Blechkiste und dem nagelnden Diesel nicht durch, zumindest nicht mit geschlossenem Verdeck“, weiß Kiese.

Der in Russland als „Kozlov (Ziege)“ bekannte Geländewagen verfügt über echte Nehmerqualitäten – und verlangt die auch von seinen Passagieren, denn Komfort ist Fehlanzeige. Die Polster mit ihrem Federkern bieten keinerlei Seitenhalt, „aber das Sitzen darauf ist ein echtes Training für die Wirbelsäule“, findet Klaus Kiese, der seinen GAZ als „sehr pflegeleichtes Universalfahrzeug empfindet, das mir zum Beispiel beim Hecke schneiden Leiter und Schubkarre gleichzeitig ersetzt – machen Sie das mal mit einem neumodischen SUV!“

von Michael Grote

Quelle: Carsablanca

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