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Gefahren: BMW C 650 GT und C 600 Sport

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Es ist fast schon zu ein­fach, Groß­rol­ler zu has­sen: Fette Ärsche, unschöne Geräu­sche, hohes Gewicht, und das sind erst die drauf­sit­zen­den Leute. BMW möchte es bes­ser machen, also habe ich mir in Madrid beide Vari­an­ten ihrer Vor­stel­lun­gen von so einem Rol­la­tor vom Fah­rer­sitz aus angesehen.

Vor gar nicht allzu lan­ger Zeit war ich in einem die­ser Nobelpobel-Fitnessstudios, weil ich in einer frem­den Stadt zu Besuch war, in der aller Sport drin­nen statt­fin­det. Es gab dort kei­nen Wald, son­dern es gab Lauf­bän­der mit Fern­se­hern drin. Es gab keine Wiese mit Wind, aber man konnte sich trotz­dem wie von einer Lenk­matte zie­hen las­sen. Es gab sogar einen Sand­sack, aber als ich auf den ein­schwar­tete, beschwerte sich der metro­se­xu­elle Trai­ner, das wär ihm zu laut für seine fein gecrem­ten Öhrchen und für die der ande­ren Anwe­sen­den auch. Das Inter­es­sante dort war aber: Es machte trotz allem Spaß. Daran musste ich in Madrid den­ken, als ich, kraft­ra­di­sierte Lan­ge­weile erwar­tend, auf ein­mal doch Spaß an BMWs adi­pö­sen Groß­rol­lern hatte. Es ist nicht wie Motor­rad fah­ren. Aber das muss es nicht sein. Mit dem Yamaha Tmax als Bench­mark hat es auch BMW geschafft, ein bis­serl lau­nige Fahr­dy­na­mik in die ande­ren Kom­pro­misse einzurühren.

Das Wich­tigste: inner­städ­ti­sche Ampelbeschleunigung

Das Wich­tigste, was ein Groß­rol­ler kön­nen muss, sind Ampel­starts. Natür­lich lässt jedes anstän­dige Motor­rad im Prin­zip jeden Groß­rol­ler ste­hen, aber dazu gehört ein Min­dest­maß an Fin­ger­spit­zen­ge­fühl mit Kupp­lung und Gas. Die theo­re­ti­schen Werte der Her­stel­ler haben also für die meis­ten Fah­rer genau­so­we­nig Rele­vanz wie die von Motor­tes­tern gemes­se­nen prak­ti­schen Werte. Ich habe mal jemand ein Motor­rad beschleu­ni­gen las­sen, der das noch nie auf Zeit getan hat. Er hat bei sei­nem bes­ten Ver­such acht Sekun­den gebraucht. Acht! Wir haben uns gefragt, ob er unter­wegs eine Leber­käs­sem­mel geholt hat, aber die sim­ple Wahr­heit lau­tet: Er war ein­fach beschäf­tigt mit Kup­peln und dem bescheu­er­ten Dreh­mo­ment­ver­lauf des Motor­rads (es war eine Guzzi, die ich spä­ter mit drei­komma Sekun­den gemes­sen habe).

Beim Groß­rol­ler dage­gen: rechts auf Anschlag, klack, dann gehts ohne wei­te­res Kön­nen vor­wärts, wie kaum ein ande­rer Ver­kehrs­teil­neh­mer an der Ampel vor­wärts geht — zumin­dest in Deutschland. In Madrid sind sie alle Profi-Ampelstarter, bei denen der BMW-Roller auf den ers­ten Metern gele­gent­lich ver­lor, um kurz dar­auf auf­zu­über­ho­len. BMW-Chef Hen­drik von Kuen­heim sagt zwar, dass der bay­ri­sche Rol­ler alles aus­be­schleu­nigt, man hat aber das Gefühl, aus 650 ccm müsste gerade von unten mehr gehen. “Mehr geht defi­ni­tiv nicht”, sagt dage­gen Pro­dukt­ma­na­ger Peter Maier. “Die Abstim­mung des Motors mit dem CVT ist knif­fe­lig. Wir sind da am abso­lu­ten lega­len Limit.” Das ope­ra­tive Wort ist hier “legal”. Ich bin dafür, dass BMW end­lich schum­melt wie die Ita­lie­ner, und zwar bei allen ihren Fahr­zeu­gen. Bis dahin: Der alte Ampel­start­trick mit der vor­her gezo­ge­nen Bremse hilft auch gegen Madrid.

In the City: GT

Die ers­ten Meter auf dem C 650 GT in der über­fre­quen­tier­ten Innen­stadt von Madrid sind so, wie man das erwar­tet: Das schwere Teil (über 260 kg) ran­giert sich nur des­halb ver­träg­lich, weil der Schwer­punkt nied­rig ist, der per Auto­ma­tik ent­kop­pelte Motor gehört irgend­wie nicht rich­tig zum Erleb­nis und der Arsch ist für wirk­lich erfri­schen­des durch-den-Stau-stochern zu aus­la­dend. Nach drei Ampel­starts mag ich aller­dings den Motor. Er klingt so, als wäre es BMW nicht völ­lig egal, als hätte jeman­dem dort der Sound am Her­zen gele­gen. Ich mag außer­dem die ein­fa­che Fahr­bar­keit.

Die Fahr­bahn­mar­kie­run­gen in Madrid sind selbst tro­cken völ­lig Grip-befreit, weil glatt und stau­big, aber die fette Fuhre rührt der­art gelang­weilt da drü­ber, dass der Fah­rer seine Adre­na­lin­pumpe nicht braucht. Was mich wirk­lich nervt, ist, wie der GT über schlech­ten Belag tram­pelt. Die ganze Ver­klei­dung schep­pert mit und die Schläge gelan­gen von den gerin­gen Feder­we­gen kaum beein­träch­tigt im Kreuz an. Das ist auf prak­tisch allen Rol­lern so, aber hier ist es nicht bes­ser geworden.

Das fesche Tag­fahr­licht ist gar keine reine Mode, son­dern sichere™ Mode.

So ein Fahr­zeug an so einem Ort tes­tet man am bes­ten als Touri: Anhal­ten, die Hand­schuh­fä­cher bis zum Anschlag mit Krusch fül­len, sich freuen, dass zumin­dest das linke mit ver­schlos­sen wird. Dann Sei­ten­stän­der raus und sich freuen, dass damit gleich­zei­tig die Fest­stell­bremse gezo­gen wird. Helm unterm Sitz ver­stauen und sich freuen, dass dort zwei Jet-Helme rein­pas­sen. Die Groß­rol­ler­na­tion Spa­nien guckt das Teil inter­es­siert an, selbst die Großroller-Polizisten sind ihr wohl­wol­lend geson­nen. Und es gibt ein LED-Tagfahrlicht, das ich zur puren Optik gezählt habe, bis BMW-Sprecher Rudi Probst mir erklärte: “Ich weiß, ihr hört das nicht gerne, aber das Tag­fahr­licht gehört zum Thema Sicher­heit. Man wird bes­ser gese­hen damit.” Im auf­preis­pflich­ti­gen “Highline”-Paket gibt es außer die­sen (mit Sicher­heit) schi­cken Tag-Lampen noch Rei­fen­druck­kon­trolle im Cock­pit (RDC), Griff– und Sitz­hei­zung. Check, check, aand double-check.

Mehr zum Meckern: Zu zweit wird das Teil der­art heck­las­tig, dass die Vor­der­rad­füh­rung eirig wird, die Fuhre also schnell das schwim­men anfängt. Es ist ein­fach ein Groß­rol­ler — ein gut gemach­ter, der nichts groß falsch macht, aber auch keine Wie­der­auf­er­ste­hung des Großroller-Christus. NEXT!

On the Road: Sporchcht!

Die Vari­ante “C 600 Sport” ist das­selbe Fahr­zeug. Es hat auch den­sel­ben Hub­raum, obwohl es aus mar­ke­ting­tech­ni­schen und daher uner­klär­li­chen Grün­den “600? heißt. Die ein­zi­gen Unter­schiede sind in der Ver­klei­dung, gene­rell der Karos­se­rie, dem Stau­raum, dem Wind­schild und der Ergo­no­mie. Der Sporcht wird dadurch 12 kg leich­ter und die Dämp­fer sind anders abge­stimmt. Resul­tat: Beim Sporcht funk­tio­niert das Fahr­werk um Län­gen bes­ser. Die klei­nere Ver­klei­dung schep­pert nicht, die Dämp­fung arbei­tet sat­ter. Alle Tes­ter mit Ahnung bevor­zug­ten den Sporcht auch in der Stadt, weil er sich mit sei­nem schlan­ke­ren Heck bes­ser durch­drän­geln kann.

Im Stand dann kann man per Aus­klapp­fach trotz­dem zwei Jet-Helme unter der Sitz­bank depo­nie­ren. Ein­fach alles ist bes­ser am Sporcht, sogar die (etwas klei­ne­ren) Hand­schuh­fä­cher, die durch ihr sta­bi­ler ange­schla­ge­nes Schar­nier wesent­lich robus­ter wir­ken und sich leich­ter bedie­nen las­sen. Die Ver­klei­dung lässt etwas mehr Wind durch, und die Wind­schutz­scheibe ist manu­ell statt elek­trisch zu ver­stel­len. Bei­des sind für mich keine Nach­teile — vor allem, weil ich mir die rie­sig nach hin­ten aus­la­dende Scheibe des GT beim in die Kreu­zung rein­gu­cken mehr­fach ins Helm­vi­sier gerammt habe.

Das Ein­zige, was in der Exper­ten­gruppe (zu der auch der berühmte Rol­la­tor Thilo Kozik gehörte) beim GT ein­deu­tig bes­ser ist, bleibt die Sitz­bank. Aber wahr­schein­lich bas­telt bereits der Herr Tou­ra­tech mit dem Herrn Wun­der­lich um die Wette, um da eine aus dem vol­len Block Flug­zeugalu­mi­nium CNC-gefräste Alter­na­tive anzu­bie­ten. Doch selbst wenn nicht: Es ist Sitz­bank hin oder her erstaun­lich, wie viel bes­ser der Sporcht ist, obwohl so wenig daran geän­dert wurde. Im Tross mit Herrn Kozik über­land erreich­ten wir Geschwin­dig­kei­ten, die selbst für Motor­rä­der lang­sam als akzep­ta­bel gel­ten, bei eben­sol­chen Schräg­la­gen. Nice.

Wenn man daran denkt, bereits beim Ein­len­ken am Kur­ven­ein­gang wie­der Gas zu geben, hat man am Kur­ven­aus­gang sogar Hin­ter­rad­leis­tung, wenn sich die Auto­ma­tik sor­tiert hat. Die Brem­sen sind bes­ser als vie­les, was Her­stel­ler (Suzuki) ihren Krä­dern (GSR 750) antun, und sie blei­ben selbst bergab stand­haft. Da stört auch das bisi ner­vöse ABS nicht (“Huch! Eine Fahr­bahn­mar­kie­rung!! OMG! Maschi­nen­raum! Bemannt die Hochdruckpumpe!! Regelt die Ventile!”). Ver­ges­sen wir den GT, den mog i ned, und fazi­tie­ren wir den Sporcht: Er ist wie die Kawa­saki ZZR 1400: Eigent­lich wäre man bes­ser bedient, zwei Fahr­zeuge zu kau­fen, und im Falle der BMW-Roller wäre man auch güns­ti­ger bedient: Eine BMW F 800 R (oder bes­ser: Tri­umph Street Triple R) plus ein Honda Zoo­mer kön­nen zusam­men alles bes­ser, kos­ten aber weni­ger.

Es gibt nun aber Leute, die wol­len alles in einem, und denen bringt das Kom­pro­miss­kon­glo­me­rat BMW C 600 Sport der­zeit das viel­leicht beste Ergebnis. Bei 175 km/h im Begren­zer! Man kann also auf der Land­straße mit­hal­ten. Puh.

BMW C 600 Sport (und C 650 GT) MJ 2012

Ist: halt ein Rol­ler.

Kos­tet: 11.100 Euro (GT: 11.450) Highline-Paket: 890 Euro (GT: 790)

Leis­tet: 60 PS (44 kW) bei 7.500 U/min

Stemmt: 66 Nm bei 6.000 U/min aus 647 ccm

Wiegt: 249 kg leer (Werks­an­gabe)

Tankt: 16 Liter Super

Ver­braucht: in Spa­nien 6,5 Liter pro 100 km (Motorrad-Tempo)

Hat: ABS seri­en­mä­ßig, abschließ­ba­res Hand­schuh­fach, auto­ma­ti­sche Fest­stell­bremse, optio­nal: LED-Tagfahrlicht, Rei­fen­druck­sen­so­ren (RDC), Griff­hei­zung, Sitzheizung

 

Quelle: Mojomag

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