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Land Rover Range Rover Velar P300 (2018): Test - Gegen den Velar wirken alle anderen Landys rustikal

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Bildhübsches Designstück und arroganter Angsthase: Der Range Rover Velar ist kein gewöhnliches SUV. Nach unserem Test wünschen wir uns vor allem bessere Assistenten.

Mal was anderes, müssen wir feststellen: Der Range Rover Velar im Test Mal was anderes, müssen wir feststellen: Der Range Rover Velar im Test Quelle: mobile.de

Berlin – Es wirkt ein bisschen arrogant. Auf dem großen Tacho-Display zeigt der Velar in erster Linie sich selbst. Links das Tempo, rechts die Drehzahl, dazwischen ein Profil des Autos. Weil man ihn beim Fahren ja nicht von außen sieht. Und weil er rundum so elegant aussieht.

Der Velar ist ein Designstück. Eine fahrende Lounge, betont modern und schmeichelnd zu den Fingern. Unser Testwagen kombiniert weißen Lack mit Kupfer-Akzenten und schwarzen Felgen, groben Stoff mit feinem Leder, Offroad-Fähigkeiten mit Touch-Bedienung. Er ist so ganz anders, obwohl er unter dem Blech ein Baukasten-SUV ist.

Wir waren zwei Wochen lang mit dem Velar P300 unterwegs. Wie das große SUV mit einem Vierzylinder-Benziner fährt, warum die Assistenten noch Feinschliff brauchen und wie er sich im SUV- und Geländewagen-Programm seines Konzerns einordnet, lest Ihr in unserer Detailwertung.

Abmessungen | Platzangebot | Karosserie

Die Velar-Front ist wuchtig. Dahinter arbeiten in den meisten Fällen Vierzylinder Die Velar-Front ist wuchtig. Dahinter arbeiten in den meisten Fällen Vierzylinder Quelle: mobile.de Objektiv betrachtet fehlte Jaguar Land Rover kein Auto mit Velar-Größe im Programm. Mit einer Länge von 4,80 Metern baut er kaum größer als das technisch eng verwandte SUV Jaguar F-Pace (4,73 Meter) und nur knapp kleiner als der Geländewagen Range Rover Sport (4,85 Meter). Seine Lücke ist also streng genommen keine – zumal er Radstand (2,87 m) und Bodenfreiheit (21 cm) unverändert vom F-Pace übernimmt. Sei’s drum, andere Hersteller stufen ihre SUVs noch enger.

Trotz der breiten Mittelkonsole sitzt es sich großzügig im Velar. Zur Seite gibt es viel Platz, nach vorn allerdings weniger. Das aufwändig skulpturierte Armaturenbrett streckt sich sehr weit in den Innenraum. Voluminöse Beifahrer stoßen irgendwann an die Grenze der Sitzverstellung. Ärgerlich: In Reihe zwei wird es enger, als man von einem Auto in dieser Klasse erwarten würde.

Ganz hinten stimmt der Platz dann wieder. 673 Liter Ladevolumen liegen genau zwischen der SUV-Mittelklasse und den ganz großen Modellen. Mit umgeklappten Rücksitzen passen 1.731 Liter in den Range. Die Lehnen lassen sich nur gegen Aufpreis (136 Euro) vom Kofferraum aus umklappen. Eine dritte Sitzreihe ist nicht im Angebot.

Innenraum | Verarbeitung | Materialien

So zeigt sich der Velar am liebsten: Er bildet seine Flanke auf den digitalen Instrumenten ab So zeigt sich der Velar am liebsten: Er bildet seine Flanke auf den digitalen Instrumenten ab Quelle: mobile.de Man spürt, dass optimale Funktionalität nicht im Fokus des Velar stand. Wichtiger ist, was man sieht und berührt. Der Schwerpunkt lag auf einem eigenständigen Design, angenehmer Haptik und guter Verarbeitung. Besonders gut gefällt, dass der Hersteller interessante Materialien anbietet und sie großflächig verteilt.

Bei „Premium-Velours“ handelt es sich zum Beispiel um wiederverwertete PET-Flaschen. Land Rover stellt daraus einen lederähnlichen Stoff her und spannt ihn auf die Sitze. An Recycling erinnerte das keinen unserer Beifahrer, der Stoff sitzt sich gemütlich und riecht nicht. Von Veganern gab es dafür einen Pluspunkt.

Den macht sich der Velar aber selbst kaputt. Die getestete Kombination aus Recycling-Velours und Designer-Stoff ist teurer als einfaches Leder. Immerhin: Eine Kombination aus Velours und Kunstleder gibt es serienmäßig.

Die Ergonomie im Velar stimmt. Alle Bedienelemente sind gut erreichbar, das Lenkrad liegt angenehm in der Hand. Auf langen Fahrten störte uns, dass sich die Kopfstützen nicht nach hinten verstellen ließen. Ab 100 km/h kamen in unserem Testwagen unangenehme Windgeräusche vom Fahrerfenster.

Infotainment | Radio | Konnektivität

Echte Knöpfe und Tasten fallen im Velar fast vollständig weg. Infotainment und die meisten anderen Funktionen werden über zwei große Touchscreens in der Mittelkonsole bedient. Das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, funktioniert nach einer Weile aber problemlos.

Allrad und Automatik gibt es serienmäßig im Velar. Land Rover verspricht Geländetauglichkeit, ordnet das Auto aber als SUV ein Allrad und Automatik gibt es serienmäßig im Velar. Land Rover verspricht Geländetauglichkeit, ordnet das Auto aber als SUV ein Quelle: mobile.de Der untere Bildschirm steuert Klimaanlage, Sitze (z.B. Sitzheizung und Massagefunktion) sowie Fahrmodi. Zwei Drehregler ändern je nach Oberfläche ihre Funktion und steuern Temperatur, Gebläse oder den Fahrmodus.

Der obere Teil des Monitor-Duos kümmert sich auf klassische Art um Navigation, Audio-Funktionen und Freisprecheinrichtung. Menüführung und Grafik dürften hier flüssiger und schneller arbeiten. Das System lässt sich häufig Zeit und ruckelt. Das nervt vor allem während der Fahrt. Wer sich generell mit einem Touchscreen anfreunden kann, wird mit dem System aber zurechtkommen.

Schade: Die Smartphone-Standards Apple CarPlay oder Android Auto sind für den Velar gar nicht verfügbar. Stattdessen gibt es die "InControl"-Apps. Das System verbindet sich über eine eigene Software per USB mit dem Smartphone, spiegelt aber nur eine überschaubare Anzahl an Apps auf dem Auto-Display. An dieser Stelle ist der Range zu eigen, zumal die Navigationssysteme von Apple und Google fehlen.

Serienmäßig baut Land Rover analoge Rundinstrumente in den Velar. Optional (728 Euro) sitzt ein großes Display hinter dem Lenkrad und zeigt alle Daten digital an. Das sieht moderner aus, ist aber überflüssig. Einen Mehrwert bietet das Instrumentendisplay nicht: Abgesehen von seiner eigenen Flanke zeigt der Velar hier nur eine Bordcomputer-Zeile, Navi-Informationen und Warnungen der Assistenzsysteme.

Assistenzsysteme | Sicherheit

Grober Fehler: Das automatische Fernlicht blendete vorausfahrende Autos mit unbeabsichtigten Lichthupen Grober Fehler: Das automatische Fernlicht blendete vorausfahrende Autos mit unbeabsichtigten Lichthupen Quelle: mobile.de Diese Warnungen tauchen viel häufiger auf, als es notwendig wäre. Der Velar scheint enorme Angst vor Auffahrunfällen zu haben und warnt schon, wenn noch längst keine Gefahr in Sicht ist. Gleiches gilt für die Parkpiepser: Rangiervorgänge dicht an Parkhaussäulen werden durchgehend mit penetranten Warnungen vertont.

Insgesamt dürfte die Assistenz feinfühliger arbeiten. Dem Abstandstempomat ist sein perfekter Abstand zu wichtig. Er bremst abrupt ab und verschätzt sich gelegentlich in der Fahrspur. Unnötige Verzögerungen nerven vor allem auf längeren Strecken. Immerhin lässt er sich zu einem normalen Tempomat umfunktionieren.

Die größten Probleme hatte unser Testwagen allerdings mit dem Matrix-Fernlicht. Das System nahm in der Nacht unmittelbar vor uns fahrende Fahrzeuge nur zeitweise wahr. Er blendete also ständig auf und ab – und damit den Fahrer im Auto vor uns. Diese unfreiwillige Lichthupe ist gefährlich, störend und sogar nötigend – hier muss Land Rover nachbessern.

Antrieb | Motor | Getriebe

Bei den Motoren orientiert sich der Velar an der SUV-Mittelklasse. Die Basis fährt mit vier Zylindern und 180 bis 300 PS, die Spitzenmodelle mit sechs Kolben und bis zu 380 PS. In unserem Testwagen arbeitet ein Vierzylinder-Turbobenziner mit 300 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment, gekoppelt an eine Achtgang-Automatik von ZF.

Die Sitze sind bequem und kommen optional mit tollen Bezügen. Den Kopfstützen fehlt eine Verstellung nach hinten Die Sitze sind bequem und kommen optional mit tollen Bezügen. Den Kopfstützen fehlt eine Verstellung nach hinten Quelle: mobile.de Es klingt schon etwas ungewohnt, wenn ein großes SUV den gleichen Sound macht wie ein flotter Kompakter. Das ist allerdings der einzige Nachteil, der uns im Test auffiel. Der kleine Benziner geht spontan ans Werk und müht sich nicht sonderlich mit dem großen Range ab. Im Gegenteil: Der V6-Kompressor mit 380 PS nimmt unserem Testwagen beim Sprint auf Tempo 100 nur eine halbe Sekunde ab.

Die Wandlerautomatik arbeitet schnell und hält den Verbrenner in einem angenehmen Drehzahlbereich. Wenn das Auto gleitet, bleibt es still im Innenraum. Wer Leistung fordert, der hört den kleinen Motor klar, aber nie zu laut heraus und freut sich über die gute Dämmung. Längsdynamisch fehlt dem Velar P300 nichts.

Unser Verbrauch pendelte sich im Großraum Berlin bei ungefähr zehn Litern pro 100 Kilometer ein. Für Größe und Leistung ein guter Wert – für lange Strecken wäre aber ein größerer Tank empfehlenswert. Seit einigen Monaten gibt es einen Partikelfilter serienmäßig im Velar. Alle Motoren erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-Temp.

Fahrverhalten | Fahrwerk | Lenkung

Leistung ist beim Velar eher ein Luxus-Merkmal. Er hat nicht den Anspruch, Rekorde zu brechen oder anderen davonzusprinten. Er soll souverän vorankommen, vor allem aber komfortabel fahren. Genau das tut er: Der Range bietet ausgezeichneten Langstreckenkomfort mit einem sanft schwingenden Luftfahrwerk. Nicht Marke seekrank, eher Typ Sänfte. Wie man es in einer fahrenden Lounge erwartet.

Adaptive Dämpfer gehören zum Serienumfang. Das Luftfahrwerk ist optional für die Modelle P300 und D240 verfügbar (1.644 Euro), bei den Spitzenmodellen ist es serienmäßig dabei. Dass es der Lenkung an Gefühl fehlt, stört im Velar-Alltag nicht weiter. Wenn es zackiger sein soll, ist der Jaguar F-Pace ohnehin die bessere Wahl.

Ausstattung | Preis | Fazit

Je nach Oberfläche steuern die Drehregler Temperatur, Gebläse oder Fahrmodus Je nach Oberfläche steuern die Drehregler Temperatur, Gebläse oder Fahrmodus Quelle: mobile.de Der Velar sucht keine Lücke, er erfindet seinen Platz im Programm. Im Vergleich wirken andere Land Rover rustikal und funktional. Er bietet eine tolle Atmosphäre im Innenraum und schafft, was andere SUVs nur versuchen: Er fühlt sich anders an. Bei Assistenten, Licht und der Darstellung auf den Displays sollte Land Rover allerdings unbedingt nacharbeiten.

Ein nackter Velar mit 180 Diesel-PS kostet mindestens 56.400 Euro. Damit ist er deutlich teurer als viele SUVs der Mittelklasse und günstiger als die meisten Oberklasse-Hochbeiner. Zum schlechter ausgestatteten Technik-Zwilling Jaguar F-Pace liegt der Abstand bei knapp 6.000 Euro zugunsten des Jaguar.

Die Basisausstattung im Velar ist beachtlich: Allradantrieb, adaptive Dämpfer, LED-Lampen, eine 2-Zonen-Klimaautomatik, acht Lautsprecher und die beiden Touchscreens gibt es serienmäßig. Trotzdem ist die Optionsliste lang. Unser Testwagen kostet mit Matrix-Laser-Lampen, Assistenten, Head-up-Display und Velours-Bezügen fast 95.000 Euro.

Technische Daten Land Rover Range Rover Velar P300

  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
  • Leistung: 300 PS (221 kW) bei 5.500 U/min
  • Drehmoment: 400 Nm bei 1.500 – 4.500 U/min
  • Antrieb: 8-Gang-Automatik, Allradantrieb
  • Verbrauch: 8,1 – 8,4 l/100 km
  • Testverbrauch: 9,9 l/100 km
  • 0 – 100 km/h: 6,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 234 km/h
  • Länge: 4,804 m
  • Breite: 2,041 m (mit Spiegeln: 2,145 m)
  • Höhe: 1,685 m
  • Radstand: 2,874 m
  • Gewicht: 1.884 kg
  • Anhängelast: 2.400 kg
  • Preis: ab 58.970 (Velar P300)
  • Preis Testwagen: 94.548,97 Euro

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