Kein Sportwagen, aber auch kein klassisches SUV: Porsche verbessert Antrieb, Achsen und Aggregate des Cayenne. Erste Fahrt im 2,1-Tonner, der sich nicht schwer anfühlt.
Sitia – Cayenne und 911 haben etwas gemeinsam. Nicht etwa technische Parallelen. Aber beide Modelle haben konstruktiv bedingte Nachteile. Der Elfer durch seinen Heckmotor. Und der Cayenne, weil er eben ein SUV ist. Bei beiden Autos entwickelt Porsche kräftig gegen diese Gene, mit Erfolg: Der Elfer hält den Rekord auf der Nordschleife. Und der neue Cayenne bewegt sich drahtig. Natürlich wird das dickste Ding aus Zuffenhausen nie ein Sportwagen werden. Dagegen sprechen schon mindestens 2.060 Kilogramm Leergewicht (mit Fahrer) und 1,70 Meter Fahrzeughöhe. Aber was die Ingenieure in dritter Generation auf die Mischbereifung stellen, geht verdammt gut vorwärts. Und, noch wichtiger: erstaunlich knackig ums Eck. Porsche Cayenne 3: Viel Kraft nach hintenQuelle: Porsche Dabei ist sein Chassis prinzipiell für gutmütige Fahrweise konstruiert. Anders als beim Panamera sitzt beim Cayenne der Motor vor der Vorderachse. Das bedeutet viel Gewicht im Bug und (theoretisch) die Neigung zum Untersteuern. Kennt man von Audi – von dort stammt schließlich der Unterbau. Aber der Cayenne unterscheidet sich in vielen Punkten vom technischen Bruder Q7. Der wichtigste: Porsche setzt ein anderes Allradsystem ein. Die Achtgang-Automatik schickt das Moment vor allem an die Hinterachse. 80 Prozent der Kraft gehen nach im Regelfall nach hinten. Eine Lamellenkupplung im Getriebe leitet maximal die halbe Kraft nach vorn um. Wenn es sein muss. Mit so viel Power im Hintern wird der Cayenne lebhaft. Provoziert man ihn, zuckt er mit dem Po. Das überrascht – der Vorgänger fuhr deutlich zahmer. Genauso schnell lässt er sich aber beruhigen: Größere Räder an der Vorderachse (etwa zwei Zentimeter mehr Abrollumfang als hinten) ziehen ihn flink wieder gerade. So viel Dynamik möchte man diesem Koloss gar nicht zutrauen. Und trotzdem liegt genau hier seine Stärke – gemessen am Segment. Porsche baut aktive Stabilisatoren an beide Achsen. Die verspannen ihn entgegen der Kurvenrichtung. Eine Hinterachslenkung hilft dem Heck in flotten Kurven. Das Ergebnis: Ein tolles Einlenkverhalten und eine ausgezeichnete Körperhaltung in der Kurve. Nach Blechburg fühlt sich das nicht an. Turbobenziner mit 340 bis 550 PSQuelle: Porsche Der Fokus liegt beim Cayenne klar auf der Straße. Gelände funktioniert über Fahrprogramme. Sie bremsen Räder ohne Traktion ab, schließen die Lamellenkupplung im Getriebe und pumpen das tolle Luftfahrwerk auf. Nichts für den Rubicon Trail. Aber genug, um Pferde über Feldwege zur Koppel zu bringen. Mehr möchte man den großen Felgen (Cayenne Turbo: 21 Zoll serienmäßig) ohnehin nicht zumuten. Gut: Alle Motorvarianten ziehen Anhänger mit bis zu 3,5 Tonnen Gewicht. Genug Dampf gibt es schon im Basis-Cayenne. Der 3,0-Liter-Turbo-Benziner stammt von Audi und leistet im SUV 340 PS sowie 450 Newtonmeter Drehmoment. Damit tritt er flott an und rennt immerhin Tempo 245. Er fährt angenehm, beschleunigt kräftig, fühlt sich aber nicht spektakulär an. Besser passt der 2,9-Liter-V6 im Cayenne S. Der bekommt einen zweiten Lader, 440 PS und 550 Nm. Er klingt etwas giftiger und zerrt spürbar stärker an den Achsen, ohne dabei zu viel zu saufen. Auf unserer zügigen Testfahrt über Landstraßen spritzte er 12 bis 13 Liter pro 100 Kilometer in die Brennräume. Zudem bremst er mit Sechskolben-Sätteln auf größeren Bremsscheiben – genug für 2,1 Tonnen Leergewicht. Trotz einer gewissen Trägheit im Drehzahlkeller derzeit die stimmigste Cayenne-Version. Porsche Cayenne Turbo: Vorläufiges TopmodellQuelle: Porsche Mehr Power gibt es im Cayenne Turbo. Im vorläufigen Spitzenmodell arbeitet ein 4,0-Liter-V8 mit 550 PS: Klanglich großartig, wahnsinnig schnell und betont vehement. Der Cayenne verheimlicht sein Gewicht generell sehr gut, und im Turbo vergisst man es ganz. Er rennt mit beeindruckender Kraft in 3,9 Sekunden auf Tempo 100. Nach 14,6 Sekunden fällt die 200er-Marke. Besonders beim Turbo fällt der neue Allradantrieb auf. Er marschiert nicht mehr so stoisch geradeaus wie sein Vorgänger, sondern erlaubt sich auf rutschigem Boden etwas Spiel im Heck. Aber nur so viel, dass es nicht unangenehm wird. Dabei brabbelt er herrlich rotzig aus vier Endrohrblenden, ohne zu übertreiben. Der Cayenne Turbo bekommt serienmäßig Stahlbremsscheiben mit Wolframcarbid-Beschichtung. Porsche sagt, das Material hält länger und staubt weniger. Die Anlage passt gut zum Auto: Sie packt auf den ersten Metern weniger aggressiv zu als eine Keramik-Anlage, bremst das SUV aber standfest und kräftig ab. Komfort bleibt eben bei hohem Tempo wichtig. Displays und Instrumente aus dem PanameraQuelle: Porsche Innen wird der Cayenne digital. Tacho, Infotainment und Schalter stammen vom Panamera. Echte Tasten sind nun die Ausnahme, bedient wird per Touch. Trotz haptischer und akustischer Rückmeldung gewöhnungsbedürftig: So richtig flüssig läuft die Bedienung nicht ab. Man vertippt sich oder sucht zu lange. Vielleicht ergänzt deshalb eine umfangreiche Sprachbedienung das System. Sie versteht zum Beispiel Sätze wie: „Mir ist kalt.“ Autonome Assistenten wie fernbedienbare Parkhelfer reicht Porsche Mitte 2018 nach. Bis dahin erwarten wir zudem einen Dieselmotor für den europäischen Markt. Ein Top-Benziner wird ebenfalls folgen, voraussichtlich mit Hybrid-Unterstützung. Zum Marktstart stehen drei Benziner ab 74.828 Euro in der Preisliste. Porsche Cayenne (2017): Technische Daten
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