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Geheimer Lotus-Trick enthüllt

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Die Ingenieure des neuen Lotus-Teams haben eine revolutionäre Vorderrad-Aufhängung entwickelt. Dank einer cleveren Hydraulik soll das Auto beim Bremsen an der Front nicht mehr so tief eintauchen. Wir stellen die Technik im Detail vor.

Gute Ideen bleiben in der Formel 1 nicht lange geheim. Knapp zwei Monate nach den Testfahrten in Abu Dhabi sind nun Details einer revolutionären Vorderrad-Aufhängung ans Licht gekommen. Das neue Lotus-Team hatte die Technik kurz vor Ende der vergangenen Saison erstmals auf der Strecke erprobt.

Aufhängung reagiert eigenständig auf Bremsmoment

Unser Technik-Experte Giorgio Piola ist dem Trick auf die Spur gekommen. Seine technische Zeichnung zeigt, wie das neue System aussieht: Der Pushrod-Dämpfer ist nicht direkt mit dem Radträger verbunden. Stattdessen gibt es am Ende eine kleine Buchse die noch etwas Bewegungsspielraum bietet. Hier muss ein hydraulischer Mechanismus versteckt sein, der den Dämpfer verlängert oder verkürzt und damit die Fahrzeughöhe kontrolliert. Die angeschlossenen Hydraulik-Zylinder sind unter der Befestigung des Querlenkers am Radträger montiert.

Wie das System genau in Gang gesetzt wird, ist noch unbekannt. Einige vermuten, dass die Hydraulik durch ein spezielles Ventil gesteuert wird. Aktiviert wird der Mechanismus, wenn ein ausreichend hohes Bremsmoment anliegt. Sind die Kräfte um die rotierende Achse groß genug, blockiert die Hydraulik und verhindert das Eintauchen des Autos an der Front.

Fahrer darf System nicht selbst aktivieren

Ohne Bremskrafteinwirkung federt das Auto ganz normal - zum Beispiel beim Überfahren von Kerbs. Tritt der Fahrer im Stand auf die Bremse, passiert auch nichts. Das ist wichtig für die Legalität des Systems. Die FIA schreibt im technischen Reglement vor, dass der Fahrer aus dem Cockpit keinen Einfluss auf die Aerodynamik (Fahrzeughöhe) nehmen darf.

Das System muss somit passiv auf die einwirkenden Bremskräfte und Beschleunigungskräfte reagieren. Da in der Formel 1 sehr hohe Verzögerungswerte erzielt werden, müssen die Teile entsprechend stabil ausgelegt sein.

Bei Mercedes arbeitet man seit der vergangenen Saison an einem ähnlichen System. Hier haben die Ingenieure alle vier Aufhängungen hydraulisch miteinander verbunden, um extreme Roll- und Eintauch-Bewegungen des Autos zu kontrollieren. Der Trick zeigte allerdings auch unerwünschte Nebenwirkungen, wie zum Beispiel den erhöhten Reifen-Verschleiß an der Hinterachse.

Vor- und Nachteile der reaktiven Aufhängung

Auch die Piloten müssen sich erst auf das neue Aufhängungsverhalten einstellen. Experten erwarten, dass sich die Lenkung am Kurveneingang synthetisch anfühlen könnte und der mechanische Grip beim Bremsen etwas verloren geht.

Die großen Vorteile eines solchen Systems liegen in der verbesserten Aerodynamik. Wenn sich die Karosserie in den Brems- und Beschleunigungsphasen immer in der gleichen Position befindet, können die Designer eine deutlich aggressivere Aerodynamik wählen. Bei einer konventionellen Aufhängung sind dagegen Kompromisse nötig, damit die Luftströmungen unter verschiedenen Fahrzeugzuständen nicht abreißen. Ein weiterer Vorteil ist der geringere Reifenverschleiß an der Vorderachse - zumindest in der Theorie.

Ferrari und Mercedes kennen das System

Bei Ferrari hat man offenbar ein ähnliches System in der Schublade. Wie Teamchef Stefano Domenicali bei der traditionellen Saisoneröffnung in Madonna di Campiglio verriet, hat man bereits Dokumente bei der FIA eingereicht, um prüfen zu lassen, ob ein solches System legal sei.

Auch Mercedes dürfte das neue Aufhängungsprinzip nicht unbekannt sein. Angeblich arbeitet Lotus schon seit mehr als einem Jahr an dieser Lösung. In der Zwischenzeit haben Technikdirektor Bob Bell und einige Ingenieure die Fronten gewechselt. Die damaligen Renault-Mitarbeiter stehen nun bei den Silberpfeilen auf der Lohnliste.

Interessant wird sein, wie gut die Technik funktioniert. Sollten die Autos mit der neuen Aufhängung auf der Strecke deutlich schneller werden, ist die Konkurrenz zum Kopieren gezwungen. Der Nachbau der Komponenten ist dabei nicht das große Problem. Allerdings muss das komplette aerodynamische Konzept darauf ausgelegt sein, um den Vorteil auch ausnutzen zu können. Das geht nicht auf die Schnelle.

 

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

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