Das letzte große Ding unter GM: Opel macht beim Insignia B vieles sehr gut. Leider fehlt es im Detail, und damit hier und da an Souveränität. Der Insignia Kombi im Test.
Berlin – Was für eine Entwicklung! Der Insignia Kombi macht zum Modellwechsel einen großen Schritt – vom pummeligen Außendienst-Arbeiter zum eleganten Gleiter. Opel streckt den Mittelklässler, schmeißt Knöpfe und Ballast raus, nutzt den Raum besser und verpasst ihm einen tollen Auftritt. Auf den ersten Blick wirkt der Sports Tourer imposant. Nicht nur wegen seiner Länge von fast fünf Metern. Leider geht ihm auf halbem Weg die Luft aus. Opel patzt bei den Details. Die Assistenz reagiert nervös, die Materialauswahl wirkt halbherzig und der 2,0-Liter-Diesel mit 170 PS fährt träge und durstig. Schade, denn auf der anderen Seite stehen eine hervorragende Sitzposition, viel Platz und ein guter Preis. Wir fuhren den Kombi Insignia Sports Tourer mit dem aktuell stärksten Selbstzünder (170 PS) und Achtgang-Automatik zwei Wochen lang im Alltag. Was uns aufgefallen ist, lest Ihr in der Detailwertung. Karosserie und Platzangebot: Größe kommt von innen Im Kofferraum des Kombi wird es, gemessen an der Fahrzeuggröße, eng - auf dem Papier zumindest. Da stehen 560 bis 1.665 Liter Volumen. Die Mittelklasse-Konkurrenz bietet auf dem Papier zum Teil weniger (z. B. Audi A4: 505 bis 1.510 Liter, 4,73 m Länge), zum Teil deutlich mehr (z. B. Skoda Superb Combi: 660 bis 1.950 Liter, 4,86 m Länge). Unser Eindruck: Opel hat eher konservativ ausgelitert. Der tatsächlich nutzbare Raum wirkt durchaus konkurrenzfähig. Innenraum und Verarbeitung: Schöne Stühle in halb-schöner UmgebungIn unserem gut ausstaffierten Testwagen zeigt Opel, was beim Insignia möglich ist. Umso mehr nervt, dass er sich längst nicht überall gut anfühlt. Große Flächen von Türverkleidung und Mittelkonsole bestehen aus hartem Kunststoff. Eine Verkleidung im Beifahrer-Fußraum unterhalb des Armaturenbretts hatte sich gelöst und wackelte während der Fahrt. Diverse Teile klapperten und knarzten. Dann gibt es aber ein halb-digitales Kombiinstrument („8“-Fahrerinfodisplay“), das nicht völlig durchdacht wirkt. Beispiel Voltmeter: Die Digitalanzeige mit merkwürdiger Skalierung zeigt bei aktivierter Zündung eine Bordspannung von 9 Volt an und arbeitet träge. Würde die Batterie beim Start tatsächlich schwächeln – der Zeiger käme nicht rechtzeitig hinterher. Unnötig. Radio, Infotainment und Assistenz: Viel serienmäßig, manches zu sensibelDas Infotainment-System des Insignia stammt aus dem kleineren Astra. Serienmäßig gibt es das Radio „R 4.0 IntelliLink“. Das kann auf Smartphones zugreifen und Apps übertragen – zum Beispiel Navigationssoftware. Ein Navi ist also immer an Bord, wenn ein modernes Handy dabei ist. Ab der Ausstattung „Dynamic“ (oder für 1.250 Euro Aufpreis) gibt es das „Navi 900 IntelliLink“ mit eingebauter Navigation mit größerem Display (8 Zoll) und zusätzlichen Funktionen. Ebenfalls gut: Die kabellose Smartphone-Ladestation in der Mittelarmlehne (120 Euro). Das Handy rastet fest ein und wird durch die Klimaanlage gekühlt. Selbst nach langen Strecken mit hoher Telefon-Belastung bleiben die Akkus kühl. Handy-Schutzhüllen verhindern im Fall unserer Hülle leider das Laden. Bei der Assistenz wiederholt Opel die Schwächen des Astra. Die Parksensoren aktivieren sich selbstständig, wenn dem Auto etwas zu nah kommt. Zum Beispiel ein Fahrradfahrer, der sich im Stau vorbeischiebt. Oder ein Fußgänger. Dadurch piept der Insignia im Berufsverkehr ständig. Ebenfalls zu sensibel: Der serienmäßige Unfallwarner. Antrieb: Guter Wandler, lahmer MotorIn unserem Testwagen kombiniert Opel betagte mit neuer Technik. Der aktuell stärkste Selbstzünder, ein 2,0-Liter-Turbodiesel mit 170 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment, basiert weitestgehend auf dem Vorgänger-Motor. Verglichen mit Opels neuer Diesel-Generation läuft er rau, träge und durstig. 9,2 Sekunden auf Tempo 100 fühlen sich eher gemütlich als flott an. Im Schnitt spritzte er in unserem Test 7,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer ein. Selbst bei konstanter Schleichfahrt unterbot er die 6,0-Liter-Marke selten. Mit gleicher Leistung fährt die Konkurrenz flinker und sparsamer. Fahrwerk und Lenkung: Hier hapert esBeim Fahrverhalten verschenkt Opel leider Potenzial. Der Insignia fährt souveräner als ein Astra – aber nicht so, wie man es anhand von Größe und Optionen erwartet. Das Soll absolviert er problemlos: Er fährt komfortabel und schluckt die gröbsten Unebenheiten problemlos. Für die Kür federt er aber zu hölzern und rollt zu laut ab. Vor allem von der Hinterachse kommt viel Lärm im Innenraum an. Das reißt auch die präzise, direkte Lenkung nicht mehr raus. Fazit, Ausstattung und Preis: Der Günstigste in dieser GrößeTrotz Schwächen in der B-Note ist der Insignia ein interessantes Auto. Denn Opel schlägt die Konkurrenz deutlich im Preis. Laut Liste kostet die Basisversion (Benzin, 140 PS, Handschaltung) 25.940 Euro. Ein nackter VW Passat mit 125-PS-Benziner ist 810 Euro teurer. Wer mit Handy-Software auf dem Radio-Display navigieren will, zahlt bei VW 1.060 Euro extra. Bei Opel gehört das zum Serienumfang. Die gemütlichen Ergonomiesitze (Fahrer: 390 Euro, Beifahrer: 295 Euro) gehören auf jeden Fall in den Insignia. Sie sind für alle Modelle verfügbar. Das ebenfalls empfehlenswerte Matrix-LED-Licht gibt es nicht in der Basisversion. Ein Head-up-Display baut Opel erst ab „Dynamic“ ein. Elektrische Spiegel und Fensterheber, Tempomat, Spurhalte-Assistent und ein schlüsselloses Startsystem sind beim Insignia immer dabei. Die Aufpreise für viele Extras sind moderat. Das tröstet locker über kleine Schönheitsfehler hinweg. Opel Insignia 2.0 Diesel: Technische Daten
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