Washington - Droht Fiat Chrysler in den USA jetzt ein ähnliches Debakel wie Volkswagen? Das italienisch-amerikanische Unternehmen ist jetzt ins Visier des US-Umweltamtes EPA geraten. FCA stehe im Verdacht, bei rund 100.000 Dieselfahrzeugen Emissionswerte gefälscht und damit gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen zu haben. Das teilte die EPA am Donnerstag in Washington mit.
Es geht um möglicherweise illegale Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler gegenüber den Regulierern nicht offengelegt habe. Das Unternehmen wollte sich auf Nachfrage zunächst nicht äußern, kündigte aber eine Stellungnahme an.
Konkret nennt die Behörde den Jeep Grand Cherokee der Modelljahre 2014, 2015 und 2016 sowie Dodge Ram 1500 Pick-up mit 3,0-l-Dieselmotor. Gemeinsam mit der kalifornischen Luftreinhaltungsbehörde CARB habe man Untersuchungen veranlasst.
EPA findet nicht gemeldete Software bei Fiat Chrysler
Fiat Chrysler wird vorgeworfen, bei mehr 100.000 Diesel-Autos möglicherweise illegale Software eingesetzt zu haben und so gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen zu haben Quelle: dpa/Picture Alliance
Im September 2015, führt die EPA in der Meldung aus, habe die Behörde ein „erweitertes Testprogramm“ aufgelegt, um „defeat devices“ aufzudecken. Dabei hätten die FCA-Modelle erhöhte Stickoxid-Emissionen aufgewiesen unter Bedingungen, die man als „normale Benutzung“ ansehe. Man habe mindestens acht nicht gemeldete Softwarebestandteile gefunden, die das Emissionsverhalten der Fahrzeuge beeinflussten.
FCA habe die Existenz dieser Softwarebestandteile nicht gemeldet, obwohl man gewusst habe, dass dies vorgeschrieben sei. „Das ist ein ernsthafter Gesetzesverstoß, der in schädlicher Luftverschmutzung resultieren kann“, sagte die EPA-Chefin Cynthia Giles. Die Behörde werde nun prüfen, inwieweit es sich bei der Software um ein „defeat device“ handele. Sollte sich der Verdacht der EPA bestätigen, könnte laut der EPA eine Strafe von bis zu 44.539 US-Dollar je Auto drohen. Insgesamt wären das rund 4,63 Milliarden Dollar (4,34 Milliarden Euro).
Außerdem könne Fiat-Chrysler für Zivilstrafen belangbar sein. Bereits im vergangenen Jahr wurden mehrere zivile Sammelklagen gegen FCA und den Motorenzulieferer Cummins erhoben, in denen die Kläger dem Hersteller die Verwendung eben solcher „defeat devices“ vorwerfen. Dabei geht es insgesamt um eine weit höhere Zahl an Fahrzeugen. Betroffen sein sollen demnach sowohl die genannten 3,0-Liter-Diesel im Dodge Ram 1500 und im Jeep Grand Cherokee als auch 6,7-Liter-Diesel in den Modellen 2500 und 3500 der Jahre 2007 bis 2012, wie Detroit News schreibt.
Fiat Chrysler will den Regierungswechsel abwarten
Mehr als 450.000 Fahrzeuge mit 6,7-Liter-Motoren sind demnach betroffen. Wegen dieser Modelle sind sogar zwei verschiedene Sammelklagen anhängig, eine aus dem November und eine, die Ende des Jahres eingereicht wurde.
Die Zivilklage wegen der 3,0-Liter-Diesel stammt von Anfang Dezember. In ihr ist laut Detroit News von 140.000 betroffenen Ram 1500 und 9.000 Jeep Grand Cherokee die Rede. FCA ließ damals verlauten, man halte die Vorwürfe für unbegründet und werde sich energisch dagegen zur Wehr setzen.
Jetzt kündigte der Konzern in einer Stellungnahme an, nach dem Regierungswechsel in den USA am 20. Januar im Sinne einer raschen Lösung mit den Behörden kooperieren zu wollen. Man sei enttäuscht über das Vorgehen der EPA. Auf Anfragen habe der Hersteller umfangreiche Informationen bereitgestellt und sich bemüht, die Abgasreinigungssysteme zu erklären. Außerdem hätte FCA versucht, Bedenken der EPA auszuräumen. Auch umfangreiche Software-Änderungen seien angeboten worden, um die Emissionen "weiter zu verbessern", heißt es in der Stellungnahme.
"Der hat was geraucht"
Der Chef des italienisch-amerikanischen Autokonzerns Fiat Chrysler hat nach den Vorwürfen der Abgasmanipulation einen Vergleich mit Volkswagen scharf zurückgewiesen. "Wer uns mit dem deutschen Unternehmen vergleicht, hat etwas Illegales geraucht", sagte Sergio Marchionne in einem Interview mit italienischen Medien, das am Freitag die Zeitung "La Repubblica" veröffentlichte. "Wir haben keinerlei Betrug begangen." Die Geschäftsziele von FCA würden durch die Anschuldigungen nicht beeinflusst.
Marchionne sagte, sein Unternehmen stehe seit Monaten mit der US-Umweltbehörde im Kontakt: "Unsere Emissionen sind ganz klar berichtet worden." Er sei sehr verärgert über die Anschuldigungen und hoffe, dass der bevorstehende Regierungswechsel von US-Präsident Obama zu Trump keine Rolle bei dem Fall spiele. "Offensichtlich gab es jemanden bei der EPA, der das Dossier schließen musste, bevor die neue Regierung da ist. Aber ich will hoffen, dass es keine politische Angelegenheit ist."
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