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Toyota-Taxis in Berlin: Besser als Mercedes? - Herr Slupinski, wo kommen die Toyota-Taxis her?

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Wer ein Taxi ruft, fährt stets Mercedes? In Berlin nicht mehr. Dort machte Toyota-Händler Detlef Slupinski den Prius allgegenwärtig. Wir haben Mr. Toyota-Taxi besucht.

Detlef Slupinski ist Gründer und einer von drei Geschäftsführern der Toyota-Kette. Er erzählte uns, wie es zum Taxigeschäft kam Detlef Slupinski ist Gründer und einer von drei Geschäftsführern der Toyota-Kette. Er erzählte uns, wie es zum Taxigeschäft kam Quelle: MOTOR-TALK

Berlin – Dass der Mann Humor haben muss, merkt man gleich. Oder zumindest ein Gespür für pfiffige Werbung. Wie kommt man sonst auf die Idee, eine anscheinend top erhaltene Toyota Celica an die Decke seines Autohauses zu hängen?

Wir stehen in einem Verkaufsraum der Motor Company in der Stralauer Allee 44 in Berlin. Hier treffen wir uns mit Geschäftsführer und Gründer Detlef Slupinski. Bei seiner Firma handelt es sich um einen der größten Toyota-Händler Deutschlands - 12 Autohäuser in Berlin und Brandenburg, 460 Mitarbeiter.

Die Filiale an der Spree ist zwar nicht der Hauptsitz, aber sie hätte das Zeug dazu: zwei Stockwerke, riesige Glasfassaden, direkt an der Grenze der Szenebezirke Friedrichshain und Kreuzberg. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Zentralen von Universal-Music, Coca-Cola und MTV. Kein typisches Umfeld für ein Autohaus, zumal für einen japanischen Hersteller.

Im Gespräch mit Detlef Slupinksi: Erst nach sechs Jahren lief das Geschäft richtig an Im Gespräch mit Detlef Slupinksi: Erst nach sechs Jahren lief das Geschäft richtig an Quelle: MOTOR-TALK

Ein einzigartiges Geschäft

Herr Slupinski ist „70 plus“, wie er sagt, trägt Leinenhose und ein türkisfarbenes Polohemd mit „Motor Company“-Aufschrift. Auf offiziellen Fotos trägt er immer einen Anzug. Er ist gut gebräunt und bei der ersten Begegnung stellt man sich kurz vor, wie er auf einem Kreuzfahrtschiff an der Reling lehnt. Sobald man mit ihm spricht, festigt sich allerdings der Eindruck, dass er wahrscheinlich wenig Urlaub macht. Detlef Slupinski ist top vorbereitet und voll bei der Sache.

Taxis sind unser Thema. Detlef Slupinski ist waschechter Berliner, aber das laxe „Taxe“ benutzt er nicht, wenn er über seine Autos spricht. Zwischen 450 und 500 Autos mit Taxi-Schild und Folierung im Farbton „Hellelfenbein“ verkauft seine Firma jährlich in Berlin: Prius, Auris Kombi Hybrid und vor allem Prius Plus. Neben dem kniehohen Tisch, an dem wir Platz nehmen, parken neun fertige Hybrid-Taxis – alle schon verkauft.

Der Berliner betreibt damit ein Geschäft, das einzigartig in Deutschland ist. Denn anders als in Paris, Madrid, Barcelona oder Mailand kommen Taxis bei uns mehrheitlich von Mercedes. Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband e.V. (BZP) gibt an, dass in Gesamt-Deutschland rund 60 Prozent der Taxis von Mercedes stammen, es folgt VW mit ca. 20 Prozent. Danach verlieren sich die Prozentzahlen im einstelligen Bereich.

In Berlin sieht das anders aus. Toyota folgt mit ca. 15 Prozent auf Platz drei. Von 8.000 Berliner Taxis stammen laut Verband 1.200 von Toyota. Herr Slupinski rechnet etwas optimistischer mit 2.000 Toyota-Taxis. Man ist geneigt, ihm zu glauben. Er hat sie fast alle verkauft.

Frühstück und Currywurst, aber keine Verkäufe

Als Slupinski vor 14 Jahren damit anfing, kamen Taxis von Mercedes. Fertig, aus. Es brauchte Mut und Ausdauer, so etwas als Toyota-Händler zu versuchen. Und zu allererst die Idee, die 2002 ziemlich sonderbar gewirkt haben muss.

„Die Idee, damals den ersten Prius als Taxi anzubieten, war nicht meine eigene“, gibt Detlef Slupinksi zu. „Einer meiner Filialleiter und ein neuer Verkäufer mit Erfahrung im Taxi-Geschäft hatten sie. Aber ich mag gute Ideen und vor allem Leute, die sie konsequent verfolgen.“

Ein Autohaus, in dem Taxis parken? In der Stralauer Allee ist das normal. Ein guter Anteil der Fläche ist von die hellen Autos belegt Ein Autohaus, in dem Taxis parken? In der Stralauer Allee ist das normal. Ein guter Anteil der Fläche ist von die hellen Autos belegt Quelle: MOTOR-TALK Der Prius sei ein perfektes Taxi-Auto, konstatierte der Verkäufer damals: Fünf Türen, Platz, wenig Verbrauch. Der Chef hörte zu. Vielleicht, weil die Eltern einst Taxiunternehmer waren. Und er hatte im Gegensatz zu anderen Händlern keine Angst vor den Hürden: Das Taxigeschäft bringt zwar den guten Ruf der Haltbarkeit, aber kaum Geld. Mercedes verkauft Taxifahrern die B-Klasse 180d als fertiges Taxi schon laut Liste für 27.489 Euro – inklusive absetzbarer Mehrwertsteuer (netto 23.100 Euro). Privatleute zahlen mindestens 29.095 Euro. Verdient wird mit der Wartung.

Trotzdem startete die Motor Company 2002 das Projekt Toyota-Taxis für Berlin. Zunächst hauptsächlich mit pfiffiger Werbung an der Basis. Die Motor Company stellte der Taxi-Innung Berlin zwei Fahrzeuge zur Verfügung, zum Ausprobieren. Im Sommer verteilte sie an Taxifahrer am Tegeler Flughafen Eis, im Winter Currywurst. Außerdem gab es einmal im Monat ein Taxi-Frühstück in der Filiale: Kaffee, Brötchen, Marmelade und eine Zeitung. "'Ne B. Z.", sagt Slupinski in breiter werdendem Berlinerisch. Die Taxifahrer kamen gerne – aber sie kauften nichts.

Der Kampf gegen das Establishment

„Das erste Auto haben wir nach 14 Monaten verkauft. In den ersten drei Jahren waren es nur ca. 25 Autos“, sagt Detlef Slupinski. Heute lacht er darüber. Damals war die Skepsis unter den Taxifahrern fast unüberwindbar. Die ersten Unternehmer mit einem Toyota in der Flotte wurden von den Mercedes-Fahrern belächelt. “Warte mal ab, wenn die ersten Ersatzteilrechnungen kommen - das ist alles teuer bei den Japanern. Und dann noch elektrisch.“

Es war ein Kampf gegen Vorurteile. Deutsche Taxifahrer hielten eisern zum Stern. Türkische und arabische Unternehmer kauften die ersten Toyota-Taxis. „Erst nach sechs harten Jahren lief das Geschäft richtig an“, sagt Detlef Slupinksi. Das war 2008, zum Ende der zweiten Prius-Generation. Detlef Slupinski sagt, die Zuverlässigkeit der Autos und Zufriedenheit der Fahrer musste sich erst herumsprechen.

Geld wird mit der Wartung verdient, nicht mit gedrückten Preisen. Die Taxis kommen regelmäßig zur Inspektion Geld wird mit der Wartung verdient, nicht mit gedrückten Preisen. Die Taxis kommen regelmäßig zur Inspektion Quelle: MOTOR-TALK

„Die 24-Stunden-Betreuung haben wir abgeschafft“

Heute sieht das anders aus. In den Mängelreporten von TÜV und Dekra steht der Prius besser da als die E-Klasse. Detlef Slupinskis Kunden sind ebenfalls durch die Bank zufrieden, sagt er. „Wir haben Autos mit 700.000 oder 800.000 Kilometern und die Leute sind immer noch zufrieden“. Ein Kunde habe seine Bremsen erst nach fast 200.000 Kilometern das erste Mal überholen lassen. Klar, die Rekuperation minimiert den Verschleiß. Nachzulesen in jedem Toyota-Forum.

Das Angst-Thema Batterien? Für Slupinski kein Problem. In der Stralauer Allee sei noch nie eine gewechselt worden. Außerdem gibt es auf die Akkus sieben Jahre Garantie. Und dann ist da der Verbrauch: Slupinskis Kunden, sagt er, berichten von rund 5,0 Litern pro 100 Kilometer. Und das in Berlin. Bei der E-Klasse sprechen Taxifahrer meist von ca. 9,5 Litern.

Wir setzen uns in einen der ausgestellten Prius Plus und Herr Slupinski streicht über das Lenkrad. Er freut sich: im kommenden Jahr soll die Ausstattung schicker werden. Ein Blick nach hinten zeigt einfaches, schwarzes Kunstleder auf den Sitzen und massig Beinfreiheit: Wenn eine E-Klasse nicht gerade mit Taxi-untypischer, beiger Lederausstattung vorfährt, sitzt man in ihr kaum edler.

Dahinter folgt ein großer Kofferraum: „Wenn an Terminal C die Maschine aus Mallorca landet, und die Familien haben drei, vier große Koffer dabei, dann sind viele normale Taxis außen vor.“ Mit dem größeren Prius Plus ist das kein Problem.

Den Prius Plus verkauft der Händler ab 25.000 Euro (netto). Der Auris Hybrid Kombi kostet als Taxi ca. 20.000 Euro (netto). Rechts im Bild: Die hängende Celica Den Prius Plus verkauft der Händler ab 25.000 Euro (netto). Der Auris Hybrid Kombi kostet als Taxi ca. 20.000 Euro (netto). Rechts im Bild: Die hängende Celica Quelle: MOTOR-TALK

Was macht Mercedes?

Heute verkauft Detlef Slupinski den Prius Plus ab 25.000 Euro netto. Fertig foliert, mit gelbem Schild auf dem Dach, bereit für den ersten Kunden. Damit liegt Slupinski rund 2.300 Euro unter dem Toyota-Listenpreis für das Taximodell (32.090 Euro brutto). Kein üppiger Rabatt. Den weniger beliebten Auris Hybrid Kombi gibt es ab 20.000 Euro netto. Der Bestseller Mercedes E-Klasse kostet laut Liste mindestens 29.900 Euro netto als Limousine (T-Modell 31.900 Euro).

„Natürlich hat Mercedes im Taxigeschäft 100 Jahre Vorsprung. Die Qualität unserer Autos musste deswegen stimmen - und der Service“, sagt Detlef Slupinksi. In der Filiale an der Spree haben Taxis Vorrang. Zu 90 Prozent dreht sich der Tag hier um Taxi-Kunden. Wenn ein Auto am Freitagabend um 17 Uhr zur Inspektion kommt, ist es um 19 Uhr wieder frisch gewaschen auf der Straße und verdient Geld, verspricht Slupinski. „Den 24-Stunden-Notdienst und den Wochenend-Dienst haben wir allerdings abgeschafft. Die sind immer eingeschlafen, weil keiner kam“, fügt er hinzu.

Mittlerweile kaufen bei Slupinski auch viele deutsche Unternehmer. Tenor: „Ich habe 20 Mercedes, die nächsten zwei werden jetzt Toyota und dann wollen wir mal sehen“. Die Frage, ob der übermächtige Konkurrent in den vergangenen Jahren etwas geträumt hat, will Detlef Slupinski nicht beantworten. Dazu ist er zu freundlich: Das müsse man Mercedes schon selbst fragen. 800 Meter Richtung Westen, an der East-Side-Gallery, hat Mercedes erst kürzlich einen pompösen Showroom hochgezogen. Edle Karossen hinter Glas auf mehreren Stockwerken gibt es dort zu sehen – aber keine Taxis.

Avatar von granada2.6
Mercedes
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