Als weltweit erster Fahrzeughersteller baut Koenigsegg Felgen aus Carbon selbst. Wie das funktioniert, zeigt Christian von Koenigsegg in einem Video.
Ängelholm/Schweden – Während viele Hersteller Carbon vor allem im Karosseriebau einsetzen, hat Koenigsegg das Rad neu erfunden. Wortwörtlich. Denn was sich an den Achsnaben einiger der schnellsten schwedischen Sportwagen dreht, ist noch exklusiver als die Autos selbst: Die Manufaktur stellt Felgen aus Carbon selbst her. Wie die Leichtgewichte entstehen, zeigt Firmengründer und –chef Christian von Koenigsegg in einem Video. Carbon-Felge: 19 Zoll groß und sechs Kilogramm leichtBesonders die ungefederte Masse ist für einen Sportwagen essenziell. Je weniger Achsschenkel, Bremsen und Räder wiegen, desto besser liegt das Auto auf der Straße. Viele Hersteller arbeiten bereits mit leichteren Keramik-Bremsen, andere denken über Federn aus GFK nach. Koenigsegg baut seit 18 Monaten Felgen aus Carbon. Die entstehen in einem aufwändigen Prozess in Handarbeit. Ein Mitarbeiter verarbeitet mehrere Lagen vorimprägnierter Carbon-Fasern. Die sind teurer als andere Carbon-Werkstoffe, bieten dafür aber eine höhere Stabilität. Die fertige Felge hat hohle Speichen, ist so stabil wie eine Stahlfelge und wiegt 40 Prozent weniger als ein vergleichbares Rad aus geschmiedetem Aluminium. Im Falle der 10-x-19-Zoll-Vorderachsfelge von Koenigsegg bedeutet das ein Gewicht von knapp sechs Kilogramm. Von Koenigsegg sagt, Bordsteinschäden seien kein Problem für das Leichtbau-Rad. Kleine Macken würden sich sogar sehr einfach reparieren lassen. Schwieriger sei der Umgang mit der enormen Bremsabwärme. Carbon kann die Hitze schlechter aufnehmen und aushalten als Aluminium oder Stahl. Diese Hürde habe man nur über spezielle Materialien und Fertigungsprozesse bewältigen können. Wie genau das funktioniert, behält er jedoch für sich. BMW: Carbon-Aluminium-Felgen in PlanungQuelle: dpa / picture alliance Insgesamt hat Koenigsegg erst etwa 20 Sätze Carbon-Felgen (für Prototypen und Serienfahrzeuge) hergestellt. Ein deutscher Autobauer plant eine größere Auflage: BMW hat im Rahmen eines Workshops angekündigt, bei den Modellen i3 und i8 Hybrid-Felgen aus Carbon und Aluminium einzusetzen. Ein Alu-Stern soll Wärme ableiten. Das Felgenbett aus Carbon senkt das Gewicht. Trotz der Zwitter-Bauweise sollen die neuen Räder rund 25 Prozent leichter sein als eine Leichtmetallfelge. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK sagte eine Sprecherin: „Das Thema steht auf der Agenda und wir arbeiten daran, aber wir haben noch keinen Serieneinsatz entschieden.“ Streng genommen kommt der echte Carbon-Rad-Pionier allerdings aus Australien. Die Firma Carbon Revolution baut seit etwa zehn Jahren Felgen aus Kohlefaser. Bisher gibt es das Rad „CR 9“ nur in den Größen 8,5 und 12 x 19 Zoll. Der Vertrieb in Europa läuft über den Felgen-Hersteller Ronal. Der Preis: etwa 15.000 Euro für die Felgen, zuzüglich 600 Euro für Radbolzen aus Titan. Noch kein TÜV für Carbon-FelgenBisher hat der deutsche TÜV die Leichtbau-Räder aber noch nicht abgenickt. Auf Anfrage von MOTOR-TALK sagte ein Experte des TÜV Rheinland, dass speziell die händische Fertigung ein Quelle: Carbon Revolution Problem für die Qualitätssicherung darstellen kann. Doch selbst bei maschinell hergestellten Kohlefaser-Rädern gebe es noch offene Fragen. Aufgrund des harten und dadurch spröden Werkstoffs sei das Bruchverhalten gefährlich. Es könnten scharfkantige Splitter entstehen. Ob bereits ein Hersteller ein Gutachten für eine Carbon-Felge beantragt hat, konnte uns der Experte aus Datenschutzgründen nicht mitteilen. Der enorme Aufpreis gegenüber einer Alufelge kann das geringere Gewicht aber ohnehin kaum kompensieren. Im Zubehörmarkt gibt es diverse 19-Zoll-Felgen mit Betriebserlaubnis und einem Gewicht von weniger als zehn Kilogramm. Die sind auch deutlich günstiger als ein Pendant aus Carbon. Eine echte Alternative zur Alufelge wird das Kohlefaser-Rad in absehbarer Zeit also höchstens im Rennsport.
Quelle: MOTOR-TALK |