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Motorkultur

Holz ist: Fluktuation V8

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Nachdem die Probezeit mit der Vergewaltigung wertfreien Altmetalls ueberbrueckt wurde, sich nach den eigenen Eltern inzwischen auch Schwiegermutti nicht mehr ueber den "Binker links ficken Tod"- Aufkleber auf der Heckklappe echauffiert und die Nahtoderfahrungen auf der A 40 ebenso Routine geworden sind wie das allmorgendliche Rumpelstilzchengebahren zum Heraufbeschwoeren des Zuendfunkens, draengt das innere Eisenschwein auf neue Herausforderungen.

Willkommen am automobilen Wendehammer!

Wie aber umschifft man die mit Regensensoren versorgte Truemanshow, wenn ploetzlich barrierefreies Starten auch unterhalb der 10 Grad Celsius-Marke zu den erstrebenswerten Features der Neuanschaffung zaehlen sollen?

Ruhe bewahren, das Altauto ins Hospiz bringen und sich darauf verlassen, dass GM Hilfestellung leistet.

Die Firma raet: Pontiac Grand LeMans Station Wagon.

Durch die Oelkrise inspiriert, schrumpfte GM kurzerhand den Quasi-Vorgaenger des GTO mit kundenfreundlicheren Aussenmassen und 5.0 Motor in Richtung "bezahlbarer Verbrauch" und spuckte '77 den Grand LeMans auf den Markt.

Fuer Detroiter Autopfuscher eine Reaktion auf Rueckenmarksebene, die auch dreissig Jahre spaeter mit ebensolcher Spontaneitaet in Form von Getriebe im Rueckwaerstgang testen-feuchtes Hoeschen bekommen-Kackstuhl kaufen quittiert werden muss.

Getreu dem Motto "minus mal minus macht plus", haben die GM-Designer den Sack zugemacht und auch die aeusseren Werte nach unten korrigiert. Mit Rundum-Holzoptik, einem Interieur aus rotem Leder, anders rotem Teppich und Tropenholzimitat, klopft der Grand LeMans optisch eher von unten ans Styleplateau. Weshalb genau die Designpraktikanten sich ausschliesslich am Last Christmas-Video von Wham! orientierten, kann drei Dekaden nach Erstauslieferung nicht mehr nachvollzogen werden. Boese Stimmen behaupten: Dem obligatorischen Anachronismus der Detroiter Autobauer musste Tribut gezollt werden.

Wer allen heimlichen Familienausfluegen in den Safaripark Holte-Stukenbrock zum Trotz durch das neu erworbene Zugestaendnis an Gediegenheit und Zuverlaessigkeit befuerchtet, als Judas aus der Rock'n'Roll Gemeinde ausgeschlossen zu werden, kann beruhigt sein: Jahrzehntelange Hochgeschwindigkeitsfahrten bei 65mph unter freiem Himmel haben ihre Spuren hinterlassen.

So wie Vati schon Mitte der Achziger vorm verwitterten Eigenbau-Wintergarten erklaerte: "Holz arbeitet", unterwirft sich auch die Teakholzverplankung des Familien-V8 diesem Naturgesetz und bildet Blasen, die Tuerverkleidung erweitert ihr Farbspektrum um die Farbe pink und die Tuerdichtungen liegen in Truemmern. Im optischen Gesamteindruck ist der Kombi Ron Jeremy's Pimmel nach einem 12h-Drehtag zum verwechseln aehnlich. Damit kann sich der geneigte Outlaw auch beim Haubensitzen vorm Hammerfall-Konzert wieder sehen lassen.

Ein all purpose vehicle, das beim alltaeglichen Paradefahren die plastikverwoehnte Jugend im Land zwischen Verstaendnislosigkeit und Anfassenwollen nach dem Bremsassistenten suchen laesst. Derart glatt unterm Beliebtheitsradar der Masse durchgeflogen, koennen auch Schulabbrecher mit Leserechtschreibschwaeche aufatmen- fuer die Preisverhandlung braucht man kein Abitur. Einfach grob am Grundsatz zwei Meter, zwei Mark orientieren und die hoelzerne Urgewalt im dreistelligen Bereich erstehen. Abfahrt.

Text: Katharina Franke

Fotos: Norman Gocke

 

 

Quelle: Motoraver Magazin

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