Verschwörungstheorien, Öko-Sünden und Notlösungen: Vom Holzvergaser bis zur Gasturbine sind schon viele Motortypen im Pkw eingesetzt worden. Sechs Exoten.
Berlin - Motorenentwicklung ist teuer. Der Druck auf die Industrie wächst, möglichst effiziente Aggregate zu bauen. „Behutsam weiterentwickeln statt neu denken ist die Devise", sagt Marcel Mühlich, Technik-Berater beim Auto Club Europa (ACE). „Wenn ein Neudenken stattfindet, fokussiert es sich derzeit vor allem auf die Elektromobilität." Ansonsten gehe der Trend zum Einheitsmotor. Dass das einmal anders war, zeigt ein Blick in die Geschichte. Wir zeigen sechs vergessene Motorentypen. Stelzer-MotorUm dieses Konzept des 2007 verstorbenen deutschen Erfinders Frank Stelzer ranken sich Verschwörungstheorien. Es sei zu gut gewesen und hätte die Industrie, die seit Jahrzehnten viel Geld in die Entwicklung von Diesel- und Ottomotoren gesteckt hatte, durcheinandergewirbelt. In einem TV-Beitrag des Bayerischen Rundfunks hieß es 1996: „Alle finden die Idee gut, nur niemand will sie vermarkten." Revolutionär war der Stelzer-Motor, ein Zweitakter, weil er aus nur 8 Teilen bestand - gegenüber 300 Teilen bei herkömmlichen Verbrennern. Das versprach weniger Reibungsverluste und einen höheren Wirkungsgrad. Er nutzte also die Energie im Sprit besser. Zudem ließ er sich mit Benzin, Diesel, Methanol, Ethanol oder Gas betreiben. „Angeblich wollte sich die Industrie nicht auf etwas so Revolutionäres einlassen", sagt Mühlich. Was gegen den Stelzer-Motor spricht, sind die relativ hohen Schadstoffemissionen, auf die Maximilian Bauer vom ADAC Technik Zentrum hinweist. GasturbineQuelle: Picture Alliance Mit diesem Antrieb experimentierte vor allem Chrysler. Die Gasturbine bleibt wohl ein abgeschlossenes Kapitel. „In der Industrie wird nichts Neues erwogen", sagt Bauer. „Das Prinzip hat den Nachteil, dass es immer auf konstanter Drehzahl läuft und sich deshalb als Alleinantrieb für Pkw nicht eignet." Ein kleiner Turbinenmotor als Range Extender sei denkbar, der im Prinzip nur anspringen, sich aber nicht weiter regulieren lassen muss. 1964 kam das Chrysler Turbine Car heraus, dem ein Antrieb vom Prinzip der Düsenjets eingepflanzt wurde. Es kam auf 130 PS, die Turbine lief durchaus geschmeidig. Gebaut wurden 50 identische Prototypen. Bis 1966 lief eine Testphase, in der Chrysler mechanische Probleme nicht in den Griff bekam und das Auto fallen ließ. Chrysler-Ingenieure entwickelten dennoch bis in die 1980er Jahre weiter, erläutert das Henry Ford Museum in Dearborn im US-Bundesstaat Michigan. Das dort ausgestellte Exemplar ist eines von weniger als zehn verbliebenen. Fünftakt-MotorHört sich exotisch an, wird aber von vielen Herstellern umgesetzt - stets unter anderem Namen. Toyota und VW bieten solche Motoren zum Beispiel an. „Im Prinzip handelt es sich um einen Viertaktmotor, bei dem die Zeiten zum Gemischansaugen variiert werden können - was man als fünften Takt bezeichnet", erläutert Bauer. Unterschieden werden zwei voneinander abweichende Verfahren der variablen Ventilsteuerung. „Beide sind gang und gäbe, um den Wirkungsgrad zu verbessern." Das Atkinson-Prinzip kommt unter anderem im Toyota Prius und in Hybridautos von Ford oder Mercedes zum Einsatz. Das andere heißt Miller-Zyklus und findet sich unter anderem im aktuellen VW Golf 1.5 TSI. ZweitaktmotorDKW, Trabant, Wartburg - sie alle liefen mit Zweitaktmotoren. Und solange niemand auf die Schadstoffe achtete, gab es kaum Fundamentalkritik, denn auch kleinem Hubraum ließ sich ordentlich Leistung entlocken. Ein Zweitakter zündet bei jeder Umdrehung. Viertakter bei jeder zweiten. Doch heute hat das Prinzip im Pkw-Bereich keine Chance mehr. „Es muss technisch bedingt Öl verbrannt werden, darum ist der Zweitakter ökologisch bedenklich", sagt Mühlich. Hinzu kämen thermische Probleme, was die Haltbarkeit begrenze. Als Antrieb fungiert der Motor nur noch in Containerschiffen oder Mopeds. Dennoch sterben sie aus. Kuriositäten wie den Gegenkolbenmotor werden wir wohl nicht mehr in Serie sehen. HolzvergaserIn ganz Europa fuhren während des Kriegs und danach private Fahrzeuge mit Holzgasantrieb. Meist wurde an Nutzfahrzeug-Karosserien ein Generator gebaut, den man mit Tankholz befüllte. „Dem Holz wurde durch Erhitzen Gas entnommen, das den Verbrennungsmotor antrieb", erläutert ADAC-Techniker Bauer. Im Betrieb ging viel Wärme verloren, und die Autos fuhren sich alles andere als dynamisch. Der Holzvergaser war eine Notlösung, um mobil zu bleiben. „Er war in der Handhabung sehr kompliziert, man hatte Asche im Auto. Er wird nicht mehr kommen", so Bauer. Auch weil die Energiedichte schlecht war: "Drei Kilo Holz entsprechen einem Kilo Benzin", sagt Mühlich. WankelmotorLaufruhig und günstig zu produzieren - der Motor mit Kreiskolben beeindruckte, bekam seinen Spritdurst und die Probleme mit der Dichtigkeit aber nie so recht in den Griff. Das wohl bekannteste Auto mit Wankelantrieb war der NSU Ro 80, der 1967 debütierte. Mazda hielt dem Prinzip bis 2012 die Treue. Möglicherweise lässt der japanische Hersteller den Rotationskolben, die sogenannte Scheibe, wieder drehen. Ab 2019 ist ein Hybridauto geplant, das einen Wankelmotor als Range Extender bekommen soll, sagt Sprecher Jochen Münzinger. Angemeldet habe Mazda zudem ein Patent für einen „Kreiskolbenmotor als Primärantrieb".
Quelle: dpa |