Der Suzuki Samurai geriet ein bisschen moppeliger und deutlich erwachsener als sein Vorgänger, der LJ 80. Doch er trägt das Erbe des LJ weiter – nicht so kompromisslos, jedoch umgänglicher und nicht weniger lustig. Eljot musste langfristig absagen. Eigentlich wollten wir einen Suzuki LJ 80 vorstellen. Doch von den rund 10.000 Exemplaren, die Suzuki vom LJ zwischen 1980 und 1983 in Deutschland verkaufte, hat kaum einer unbeschadet überlebt. Die paar, die nicht bei Geländetrials verballert wurden, fahren entweder nicht. Oder fahren nicht und sind dazu noch so verrostet, dass zu befürchten steht sie zerbröseln, sobald sie der erste Foto-Blitz trifft. Es gibt den LJ also kaum mehr - und wenn, nur zu absurden Preisen. Aber Suzuki sorgte selbst für eine Alternative: den LJ-Nachfolger SJ. Patenter Geländewagen im XS-Format Der kommt 1981, erst als 410 mit einem 970-Kubik-Motor und 45 PS. 1983 ergänzt der SJ 413 das Programm. Unter seiner leicht erhöhten Motorhaube hockt ein 1300er mit 64 PS. 1988 ersetzt der Samurai beide 400er-Modelle. Äußerlich gleicht er dem SJ 413, bekommt aber die neue, 69 PS starke 1,3-Liter-Maschine.Aus der Sicht des rustikalen LJ 80 erscheint so ein Samurai schon verweich-licht. Was aber in etwa so ist, also ob Iron-Man-Teilnehmer normalen Triathleten vorwerfen, memmenhaft drauf zu sein. Denn auch der Samurai geht nicht als Wellness-Oase durch. Obwohl er nicht nur nacktes Blech im Innenraum zeigt wie der LJ, sondern Stoffverkleidungen hat. Sie tragen flauschige Muster, wie sie von Schlafsofas aus den "Junges Wohnen"-Abteilungen badischer Möbelabholmärkte oder den Sitzen ostdeutscher Regional-züge bekannt sind. Die Wirksamkeit des Verdecks sollte man ebenfalls nicht überbewerten. Es hält Niederschlag etwas länger Stand als der leichte Regenponcho des LJ. Aber bei Tempo 100 knattert das aufgezogene Softtop so laut wie das Großsegel der Gorch Fock bei Windstärke zehn. Einige Jahre Erfahrung im Aufbau von Zeltstädten schaden im Umgang mit dem Verdeck keinesfalls. Den Samurai unfallfrei zu entkleiden, fordert dieselbe Entschlossenheit, Kraft und Geschicklichkeit, wie einen Surfer mit Konfektionsgröße XXL aus einem Neoprenanzug in XS herauszuschälen. Und so, wie der Surfer sich anschließend wehren würde, wollte man ihn erneut in denselben Anzug stecken, sträubt sich auch der Suzuki dagegen, das Dach wieder aufgezogen zu bekommen. Das erklärt, warum viele Besitzer ihre Suzuki mit dem so genannten Bikini-Top ausrüsten. In meist kreischende Neontöne gefärbt, macht es aus dem Samurai einen Pickup, weil es die hinteren Sitze abdeckt. Es lässt sich aber viel leichter aufschnallen als das Original-Verdeck. Doch gerade der Verzicht auf jegliche Käppis entfaltet den wahren Charakter des Samurai. Er entblößt sich zwar nicht so schamlos wie ein echtes Cabriolet, weil das Dachstrebengerippe stehen bleibt. Wer einen Samurai besitzt, kann sich das Cabrio sparen Aber selbst so ist der kleine Geländewagen ein windigerer Typ als die modernen Blech- Klapptop-Cabrios. Die zwei nutzlosen Rücksitze wirft man am besten gleich mit dem Dach weg. Das macht den Samurai natürlich nicht zu einem Roadster, auch wenn er fast so offen ist wie ein MX-5. Aber er ist doch ein Auto für einen oder höchstens zwei. Als Solist tollt der Fahrer mit dem offenen Samurai am besten in verlassenen Steinbrüchen herum. Und zu zweit nutzt man ihn für Zweier-Spazierfahrten über verwunschene Wirtschaftswege. Bricht mit ihm durch das Dickicht auf eine Waldlichtung, um dann von den Liegesitzen aus ungestört Sterne zu gucken. So sind dem Suzuki gern seine Schwächen verziehen - von denen er genügend hat: Mit herb abgestimmtem Fahrwerk blattfedert er zappelig, sein Geradeauslauf gleicht dem eines betrunkenen Kamels, und seine Lenkung wehrt sich autoritär gegen jeden Versuch des Piloten, die Fahrtrichtung mitzubestimmen. Was gerade dann zu einem Problem wird, wenn Kurven auftauchen. Die Tatsache, dass der Samurai, wenn er doch in Biegungen gezwungen wird, oft mit dem Heck kickt, macht die Sache nicht netter. Mit aktiviertem 4WD lässt sich der Suzuki dagegen eigentlich gar nicht mehr um Kurven wuchten. Mehr als 100 km/h sollte man nicht wagen Aber wie er dann durch das Gelände fetzen kann: Dank des kurzen Radstands, den kleinen Überhängen und der großen Räder krabbelt der leichte Samurai auch schmierige und steile Hänge rauf und runter, watscht durch Wasserfuhrten und hoppelt über Stoppelfelder. Die kurze Geländeuntersetzung hilft ihm dabei sehr. Denn der wenig energische 1,3-Liter-Motor vollbringt schon auf der Straße nur überschaubare Fahrleistungen. Er klingt wie ein Handrührer und hat ähnlich wenig Kraft. Das Triebwerk schüttelt sich bei 2.000 Touren, quält sich auf 4.000 Umdrehungen und kreischt darüber hinaus so dramatisch, als wolle es ein Harakiri ankündigen. Davon lässt sich der Motor dann aber abbringen, wenn die nächste Stufe des präzise rastenden Fünfganggetriebes eingelegt wird. Mehr als Tempo 100 kommt aber so nur selten zusammen. Und das ist das Seltsame am Samurai: Er hoppelt und lärmt, fährt sich im Grund sogar ein bisschen grässlich. Aber eine Fahrt mit ihm ist wie eine Sause in einer Riesenrutsche im Freibad: Man wird hin und hergeworfen, holt sich immer ein paar blaue Flecken. Aber sobald man unten ins Wasser platscht, sollte der Spaß gleich nochmal von vorn beginnen. Der LJ 80 mag noch extremer, noch komprimierter sein, er ist der Wildwasserkanal und nicht die Riesenrutsche. So gehört ihm der Ruhm der Vergangenheit. Dem Samurai hingegen gehört unser Herz - und der nächste Sommer. R. I. P., Eljot - Rust in Peace.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 18.07.2011
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