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Land Rover Defender: Test in 6 Gängen - Im Bauernauto zum König der Straße

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Allrad, Diesel, Nieten und Schweißnähte. Ein so puristisches Großserien-Auto wie den Defender gibt es kaum ein zweites Mal. Wer ihn fährt, wird zum King of the Road.

Fürs Gelände gebaut und trotzdem der König der Straße: Wir haben den Defender getestet Fürs Gelände gebaut und trotzdem der König der Straße: Wir haben den Defender getestet Quelle: Land Rover

1. Gang: Die Basis

Als Mercedes 1979 die G-Klasse auf den Markt brachte, bretterte der Land Rover bereits als Serie III durchs Gelände. Im aktuellen Land Rover Defender schlummert noch dieses Allrad-Urgestein. Auch wenn der kantige Wagen mit dem Kastenrahmen seit 2012 über einen modernen 2,2-Liter-Diesel verfügt. So schafft der Landy die Euro-5-Abgasnorm und bleibt trotzdem ein echter Geländewagen. Das gilt auch für den Innenraum: SUV-Chic gibt es hier nicht.

Der aktuelle 2,2-Liter-Diesel schafft die Euro-5-Abgasnorm Der aktuelle 2,2-Liter-Diesel schafft die Euro-5-Abgasnorm Quelle: Land Rover

2. Gang: Das Beste

Das Traktorgefühl, die Lautstärke, die hohe Sitzposition und die langen Schaltwege. Das Wissen, dank permanentem Allradantrieb und Mittendifferenzial-Sperre mit Geländeuntersetzung in jedem Gelände bestehen zu können - all das macht die Fahrt im Defender unvergleichlich – nicht nur im Gelände.

Der Ur-Ur-Opa des Defender wurde 1948 als Nutzfahrzeug für englische Bauern entwickelt. Das heutige Modell gibt dem Fahrer das Gefühl, jedes andere Auto mit Leichtigkeit überrollen zu können. Es macht ihn zum wahren König der Straße. Welch Glück für andere Verkehrsteilnehmer, dass auch Defender-Fahrer wissen, dass die Monarchie längst abgeschafft wurde.

3. Gang: Das Schwächste

In meiner persönlichen Hitliste für die abgefahrensten Familienkutsche verfehlt der Defender den Spitzenplatz nur knapp. Laut einer Befragung der weiblichen Angehörigen des MT-Redakteurs gefällt das Auto 100 Prozent der Frauen. Zumindest so lange, bis Papa auf der Autobahn versucht das 1.887-Kilogramm-Gefährt mit den 122 PS auf die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h zu beschleunigen. Doch selbst hier hat der Landy einen Vorteil. Der ohrenbetäubende Lärm des gequälten Diesels übersteigt das Genörgel von Frau und Kind.

Das Cockpit ist puristisch. Auch das entschleunigt bei der Fahrt im Defender Das Cockpit ist puristisch. Auch das entschleunigt bei der Fahrt im Defender Quelle: Land Rover Doch schon beim Einbau des Kindersitzes auf den hinteren Klapp-Rücksitzen verliert jeder Familienvater die Lust, den Landy zur Familienkutsche umzufunktionieren. Das kann jeder verstehen, der schon einmal versucht hat, einen Gartenstuhl in einem Ein-Mann-Zelt aufzubauen. Für Familien ist der "Ninety" (kurzer Radstand) einfach zu eng.

4. Gang: Das Unnötigste

Was könnte schon am wahrscheinlich puristischsten Auto auf dem Markt überflüssig sein? Es gibt am Defender keine Schraube, die unnütz wäre, keinen Gurtwarner, keine Active Distance Control, keinen Cruise-Irgendwas. Das einzig Unnötige ist vielleicht, dass das Zündschloss links vom Lenkrad liegt.

Leider gibt es am Land Rover Defender keine Maßnahmen zum Fußgängerschutz. Deswegen und, weil er die Euro-6-Norm nicht erfüllt, geht er bei uns 2015 mit 67 Jahren in die wohlverdiente Rente.

5. Gang: Das Wissenswerte

Ganz tief im Herzen ist der Defender ein bisschen Amerikaner. Als England und Rover in den 40ern in der Krise steckten, kam dem technischen Rover-Direktor, Maurice Wilks, die zündende Idee: Der von den US-Streitkräften zurückgelassene Willys Jeep, mit dem er über seinen Landsitz bretterte, war zwar völlig verrottet aber dennoch ein gnadenloses Arbeitstier. Über so einen Rover würde sich jeder Bauer freuen, dachte er und setzte 1947 die erste Aluminiumkarosserie auf ein Jeep-Fahrgestell. Fertig war Land Rover Nummer 1.

Im Schlamm spielt der Landy am liebsten Im Schlamm spielt der Landy am liebsten Quelle: Land Rover Abgeguckt wurde damals auch die ungewöhnliche Handbremskonstruktion des Landy, die bis heute im Defender fortlebt. Eine Trommelbremse wirkt hier an der Kardanwelle. Der Defender ist derzeit der einzige Neuwagen, der noch über diese Technik verfügt.

6. Gang: Das Besondere

Der Defender ist eines der robustesten Autos der Welt. Laut dem Hersteller sind 75 Prozent aller jemals gebauten Defender (inklusive Vorgänger) noch im Dienst. Egal ob im Dschungel oder in der Innenstadt, den Landy kriegt keiner klein. Das macht ihn zum Fels in der Brandung von Wegwerfautos und Elektronikprodukten, die nach zwei Jahren den Geist aufgeben.

Geht doch Mal was kaputt, kann die einfache und überschaubare Technik verhältnismäßig leicht wieder in Schwung gebracht werden. Ersatzteile gibt es auch heute noch - mittlerweile sogar offiziell über Land Rover und selbst für die Serie I. Kein Wunder, dass der Defender enorm wertstabil ist. Es ist kaum möglich, ein wirklich gutes gebrauchtes Exemplar unter 10.000 Euro zu finden.

Fazit

Fahrspaß vermitteln, ohne schnell zu sein - das kann der Defender wie kein anderer. Dabei ist er in der Stadt und auf der Landstraße sogar alltagstauglich. Und einen außergewöhnlicheren Neuwagen gibt es für 26.690 Euro nicht. Schade, dass er zumindest als „Ninety“ mit kurzem Radstand nicht für längere Autobahnfahrten mit der Familie taugt.

Update: 2015 feiert Land Rover den Abschied vom Land Rover Defender mit drei Sondermodellen.

Land Rover Defender 90 SW: Technische Daten

  • Motor: 2,2-Liter-Vierzylinder-Diesel
  • Leistung: 122 PS
  • max. Drehmoment: 360 Nm
  • Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe
  • 0-100 km/h: 15,8 s
  • Vmax: 145 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in Meter: 3,89 x 2,18 x 2,12
  • Verbrauch (NEFZ): 11,2 Liter
  • Testverbrauch: rund 11 Liter
  • CO2-Ausstoß: 266 g/km
  • Preis: ab 26.690 Euro
Avatar von granada2.6
Mercedes
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