Köln – Vor 40 Jahren war Schluss mit Hundeknochengrill und keckem Hüftschwung. Der neue Ford Escort räumte mit den Designschrullen seines Vorgängers auf und wurde zum unauffälligen Begleiter für den automobilen Alltag. Für etwas Leidenschaft sorgten lediglich die Ghia-Versionen etwa mit Vinyldach und chromdekorierten Rädern und die scharfen RS-Sportler.
Der Ford Escort II als Ghia-Modell mit dunklem Vinyl-Dach Quelle: Ford
Escort II mit Heckantrieb
Unter dem Blech behielt der Escort die Technik des Vorgängers – obwohl bis auf den Kadett alle europäischen Kompaktklässler mittlerweile mit Vorderradantrieb fuhren. Auf den ozeanischen und asiatischen Märkten war die Konkurrenz allerdings weiterhin mit angetriebener Hinterachse unterwegs.
Generell war Ford in Sachen Neukonstruktionen viel zurückhaltender als die Konkurrenz: Trotz des gerade gezeigten VW Golf glaubte der Hersteller, dass neue Modelle auch künftig nur Abänderungen bereits vorhandener Autos sein werden.
Doch das störte das Publikum nicht. Der Escort II wurde bereits 1975, dem ersten vollen Verkaufsjahr, deutschlandweit 100.000 Mal verkauft. Der sieben Jahre gebaute Vorgänger fand hierzulande insgesamt nur 300.000 Käufer.
84 PS für Südafrika
Während der Escort II in Großbritannien von der schlechten Qualität anderer Hersteller profitierte, geriet er in Australien und Neuseeland unter Druck: durch japanische Importe mit zuverlässiger und preiswerter Technik. Wie bei Ford üblich hieß der Kombi Turnier Quelle: Ford
Eine Sonderstellung im Escort-Programm nahm Südafrika ein. Hier bot Ford einen Escort 1600 Sport mit einem 84 PS starken 1,6-Liter-Motor an.
In Europa wurden die Straßensportler Escort RS 1800 und RS 2000 auf dem Genfer Salon 1975 präsentiert. Der zuvor auf der Brüsseler Messe gezeigte Escort 1600 Sport konnte das Publikum weniger begeisterten. Offenbar war er trotz 84 PS (die Basis bot nur 44 PS) optisch zu dezent geraten.
Dagegen wurde der RS 2000 zum schillernden Star: eine spektakuläre Polyurethan-Frontpartie verlängerte den 3,98 Meter kurzen Escort um 17 Zentimeter und reduzierte den Luftwiderstandsbeiwert um 16 Prozent. 110 PS ließen diesen Ford vehementer beschleunigen als Opel Kadett GT/E und den Golf GTI. 8,9 Sekunden für den Sprint von null auf Tempo 100, da hatte selbst ein Porsche 924 oder der doppelt so starke V8-Bolide Mercedes 450 SL keine Chance.
Doppelte Garantiezeit
Ganz im Gegensatz dazu galt der Standard-Escort 1300 GL (kein Mehrpreis gegenüber der 1,1-Liter-Version) Der Ford Escort 1600 Sport Quelle: Ford
von Anfang an als träge im Vergleich zu VW Golf, Opel Kadett 1200 S, Fiat 128 oder Alfasud. Doch dafür hatte er etwas, was nicht einmal der Golf bot: eine doppelt so lange Garantiezeit. Für Ford Deutschland war dies eine Investition, die sich auszahlte.
Trotz der Anlaufprobleme früher Exemplare erwirtschaftete der kompakte Escort kräftige Gewinne. Nachdem der Escort II im Jahr 1980 abgelöst wurde, bestimmte nur noch einmal ein blaues Exemplar des Baujahres 1975 die weltweiten Schlagzeilen: Im Sommer 2005 wurde das ehemalige Fahrzeug des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. zum Rekordpreis von 690.000 US-Dollar versteigert.