Eis. Vor, hinter und neben dem SUV. Darunter ebenfalls, 80 Zentimeter dick - hofft man jedenfalls. Motor-Talk fuhr einen Mazda CX-5 über den sibirischen Baikalsee.
Irkutsk – Unser Mazda CX-5 verfügt über Allradantrieb, die Winterreifen in den Radkästen des SUV sind mit Spikes bestückt. Doch irgendwie langt das in dieser Winterlandschaft nicht zur Beruhigung. Weil Traktion nicht unsere Hauptsorge ist. Es ist die Frage nach der Tragfähigkeit, die hier alles bestimmt. Wir stehen mitten auf dem Baikalsee. Dem größten Süßwasser-Reservoir der Welt - es ist gleichsam das tiefste. Ein paar hundert Meter eiskaltes Wasser liegen unter uns. Dazwischen eine Eisfläche, so glatt wie ein Spiegel und vielleicht 80 Zentimeter dick. So genau weiß man es nicht. Feine Adern durchziehen das leuchtend blaue Eis, doch darunter können wir ein paar Fische ausmachen. Was wir hier, in Landnähe nicht erspähen? Das gegenüberliegende Ufer, die andere Seite, das Ziel. Liegt 60 Kilometer entfernt. Wie aufreibend und abenteuerlich die Distanz wird, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Überhaupt ist es das erste Mal, dass ein Autohersteller quer über den russischen See mitten in Sibirien fahren darf. Der Mazda CX-5 wurde dafür abgesehen vom Reifenmaterial nicht groß präpariert. In jedem Auto steckt ein Funkgerät zur Verständigung – das war’s. Ein Himmelfahrtskommando? „Nein, wenn ihr genau hinter mir als Eisspion fahrt, passiert euch nichts“, sagt Ilya. Er arbeitet heute als Guide und die übrige Zeit beim russischen Katastrophenschutz-Ministerium Emercom. Ilya soll uns sicher über den Baikalsee bringen. Konkret von Listvyanka bis hinüber nach Babuschkin. Ein Motorschlitten und ein dreiachsiger Truck mit Ballonreifen des Katastrophenschutzes begleiten uns. Immer wieder brechen Autos hier einQuelle: Mazda / Fabian Hoberg Die Angst vorm Einbrechen ist begründet, irgendwie. So Expeditions-ähnlich fahren wenige über den See. Meist sind es Privatpersonen, die sich mit dem Auto aufs Eis wagen. Um Wege abzukürzen. Dabei kracht es immer wieder, versinken Fahrzeuge im Wasser. Die Mehrzahl der Anwohner versucht es erst gar nicht. Sie fürchten neben dünnem Eis große Wasserflächen und wilde Tiere. Hier draußen pfeift der Wind eiskalt ums Auto, das Thermostat zeigt minus 15 Grad. Heizung und Sitzheizung laufen auf Hochtouren. Der Winter dauert hier von November bis März, mit einer Durchschnittstemperatur von minus 20 Grad. „Im Winter erreichen wir Temperaturen von bis zu minus 50 Grad“, sagt Ilya. Dann schwillt die Eisdecke auf 80 bis 100 Zentimeter an. Sie trägt theoretisch bis zu fünf Tonnen, allerdings verteilt auf zehn Quadratmeter – ein Grund, weshalb die Autos der Kolonne in großem Abstand voneinander parken müssen. Das Radio bleibt stumm, der Gurt steckt im Gurtschloss. Er wird hinter dem Rücken geführt, angeschnallt ist man nicht. „Falls doch etwas passieren sollte, kommt ihr so schneller aus dem Auto“, sagt Ilya. Aus dem Funkgerät gibt der Guide noch ein paar Anweisungen: „Schaltet die Nebelschlussleuchte ein und achtet auf euren Vorder- und Hintermann, damit keiner verloren geht“, sagt er. Denn das könne jederzeit passieren. Wenn zum Beispiel ein Schneesturm aufzieht. Eine Mauer aus EisQuelle: Mazda / Fabian Hoberg Wir heften uns an den Vordermann. Dranbleiben ist keine Selbstverständlichkeit. Trotz Allrad und Spikes rutscht der CX-5 bei heftigen Gasstößen, regelt das ESP das SUV nur mühsam wieder ein. Wie ein störrischer Esel will der Mazda immer wieder eine andere Richtung einschlagen. Wir lenken permanent gegen, der Allradler schaufelt sich durch die Schneemassen. Der Schnee knirscht unter den Reifen, die gelegentlich den tiefen Eisfurchen nachlaufen wollen. Mit etwas Gas krabbelt der 2,5-Liter-Benziner mit 194 PS wieder auf seine eigentliche Route, die Sechsgangautomatik schaltet selten hoch. Dann kommt ein Hindernis: Zwei Eisplatten haben sich ineinandergeschoben. Sie sind geborsten und in die Höhe gewachsen, wie tektonische Platten unter der Erdoberfläche. Davor liegt ein tiefer Graben. Keine Chance, hier durchzukommen. Die Guides suchen einen Weg. Minutenlang fahren wir an einem zwei Meter hohen Hügel aus Eis und Schnee entlang. An einer flacheren Stelle könnte es klappen: Die Begleitcrew steckt die neue Fahrbahn ab, legt Holzbohlen als Brücke aus. Wir steigen kurz aus. Hinter uns, vor uns, ja zu allen Seiten nur Eis und Schneehügel aus reinstem Weiß. Trocken, leicht brüchig und sehr gefährlich – wie auf einem anderen Planeten. Dazu pfeift der Wind uns in die Kapuze, kitzeln Eiskristalle die Nase. Die Suche nach der optimalen GeschwindigkeitQuelle: Mazda / Fabian Hoberg Wir müssen weiter, müssen vor Einbruch der Dunkelheit das Ufer erreichen. Das erste Auto kommt über die Holzbohlen, wir sind bald darauf dran. „Zügig weiterfahren und nicht stehen bleiben, das Eis ist hier etwas dünn“, schallt es aus dem Funkgerät. Wir gehorchen, orientieren uns am vorderen Fahrzeug. Das schaukelt stark auf – und wir sind gewarnt, reduzieren das Tempo von 50 km/h fast auf Schritttempo. Der Grund: Die nicht sichtbaren Eishügel werden sonst zu einer Sprungschanze. „Gefährlicher sind aber die Schneehügel. Wenn ihr die zu langsam durchfahrt, bleibt ihr stecken“, mahnt Ilya durchs Funkgerät. Doch viele Erhebungen sind eine Kombination aus beidem, die richtige Geschwindigkeit zu finden sehr schwierig. Dann endlich ein Richtwert: „Am besten, ihr rollt mit 40 km/h durch“, sagt Ilya. Starker Wind drückt den Mazda immer wieder zur Seite. Nach ein paar Stunden des Eistanzes hat sich der Schnee zudem in den Felgen festgepappt, produziert eine starke Unwucht. Nicht nur das Lenkrad vibriert, im Grunde schüttelt sich das ganze Mittelklasse-SUV. Für die 60 Kilometer benötigen wir durch den Zickzack-Kurs beinahe fünf Stunden. Die Augen brennen, als wir endlich das andere Ufer erreichen. Endlich wieder schneebedeckter Asphalt unter den Rädern! Wir schauen noch mal auf die von den Spikes zernarbte Eisfläche, erkennen die feinen, weißen Adern darunter – und sind froh, dass sie nicht breiter geworden sind. Mazda CX-5 Skyactiv - G 194 AWD - Technische Daten
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