Mietwagen, Leasing-Fahrzeug oder Carsharing. Die Auswahl an Mobilitätsangeboten ist groß. Jetzt kommen noch Abo-Dienste hinzu – wenn auch vorerst nur zaghaft.
Berlin – Für die meisten Autofahrer unvorstellbar: Auto fahren aber keines mehr besitzen. Nur noch ein Leasingfahrzeug, Mietwagen oder Car-Sharing. Für Autofans sind das Horrornachrichten aus einer fernen Welt. Doch so fern ist die Zukunft gar nicht mehr. Mit neuen Abo-Diensten wollen einige Autohersteller eine Brücke schlagen zwischen teuren und kurzfristig entliehenen Mietwagen und langfristigen Leasing-Fahrzeugen. Bei den neuen Aboangeboten zahlen Kunden eine monatliche Gebühr und können dann innerhalb der angebotenen Flotte die Modelle tauschen, je nach Anbieter beliebig oft. Dazu zählen derzeit Audi, BMW, Cadillac, Mercedes, Porsche und Volvo. Bezahlt wird wie bei Online-Streamingdiensten wie Netflix mit einer monatlichen Flatrate. Das Prinzip ähnelt dem des Carsharings, nur dass für Tage und Wochen gebucht wird statt für Minuten oder Stunden. So hat der Kunde zumindest theoretisch die Möglichkeit, jederzeit auf ein passendes Fahrzeug zurückzugreifen – bei größtmöglichem Service. Wo bekommt man den Wagen schon an die Haustür geliefert? Die Hersteller wollen damit jene Autofahrer locken, die sich kein eigenes Auto kaufen wollen. Ein Trend für die Zukunft? Es geht um Mobilität, nicht um Besitz"Autohersteller versuchen, mit Abodiensten eine neue Kundengruppe zu erschließen. Damit folgen sie dem Trend, Kunden einen Vollservice zu bieten. Es geht nicht mehr um den Besitz eines Autos, sondern um Mobilität und um umfassenden Service", sagt Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management an der Fachhochschule Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach bei Köln. Abonnenten können je nach Anbieter für einen festen Monatsbeitrag ein Auto aus einem Fahrzeugpool wählen, damit eine gewisse Zeit fahren und es nach einer bestimmten Zeit gegen ein anderes, neues Modell tauschen. "Die Fahrer müssen nur noch tanken, sich aber sonst um nichts mehr kümmern. Wartungen, Reparaturen, Reifen-Service oder HU-Untersuchungen erledigt der Verleiher. Das ist für viele Fahrer sehr bequem", sagt Professor Bratzel. Angebote sind noch zu teuerSpontan vom Cabrio zum SUV wechseln zu können klingt gut, wird aber in der Regel teuer erkauft. Den zusätzlichen Komfort müssen Autofahrer natürlich bezahlen. So kosten die Dienste viel Geld. Für viele Autofahrer seien die Angebote deshalb noch uninteressant. "Langfristig kann ich mir aber vorstellen, dass auch Volumenhersteller Abo-Modelle für eine breite Kundengruppe anbieten werden. Dafür muss der monatliche Beitrag aber niedriger liegen. Bei etwa 500 Euro wird er für viele Kunden erst attraktiv", sagt Professor Bratzel. Audi ist darunter, mit seinem Programm Select in der Region Dallas in Texas ab rund 1.400 Dollar, aber auch in Dänemark je nach Fahrzeug ab 800 Euro. Bei dem US-Angebot können Kunden zweimal im Monat aus fünf Modellen wählen. Mercedes bietet seinen Dienst in Nashville und Philadelphia ab 1.100 Dollar an – zuzüglich einer Aktivierungsgebühr von rund 500 Dollar. Für den BMW-Dienst zahlen US-Kunden in einigen US-Städten mindestens 1.100 Dollar. Mit dem Pilotprojekt Mercedes Me Flexperience können Kunden bei zwei großen Autohäusern in Münster, Bochum und Essen zumindest zwölfmal im Jahr ihr Auto tauschen – für 750 Euro im Monat. Volvo bietet mit der Flatrate-Lösung namens Care by Volvo für einen Monatsbetrag ab 500 Euro eine Fahrzeugmiete für 24 Monate an. Darin sind Steuern, Versicherungen, Wartung, Reparaturen und Bereifung schon eingerechnet. Kunden, die ihr Auto vorher wechseln wollen, zahlen 700 Euro. "Was die Unterhaltungsindustrie vorlebt, trifft auch die Automobilindustrie"Jonas Wagner, Partner bei der Strategieberatung Berylls Strategy Advisors aus München sieht in den Abo-Modellen ebenfalls einen bleibenden Trend. "In zahlreichen Branchen hat der Besitz von Produkten nahezu vollständig an Bedeutung verloren. Stattdessen dominieren Faktoren wie hohe Verfügbarkeit, einfacher Zugang und flexible Nutzungszeiträume die Entscheidungsfindung der Kunden. Was die Unterhaltungsindustrie vorlebt, trifft auch die Automobilindustrie", sagt Jonas Wagner. Die Car-on-demand-Angebote treiben Komfort und Flexibilität auf die Spitze. "Es rentiert sich für Personen, die häufiger ein anderes Auto fahren und ausprobieren möchten, als dies mit klassischen Leasing-Modellen möglich ist", sagt Jonas Wagner von Berylls. Neben dem hohen Preis für Kunden sieht er eher ein Problem bei den Herstellern. Sie müssen auf saisonal- und anlassbezogene Nachfragen schnell reagieren, im Sommer Cabrios und im Winter SUVs und Geländewagen bereithalten – und das zu einem marktfähigen Preis. Außerdem gebe es mit Mietwagen und Leasingfahrzeugen schon Konkurrenten, wenn diese auch nicht so flexibel arbeiten. Großes Interesse besonders bei jüngeren Fahrern Nach drei Monaten erreichte Cadillac in München seine Kapazitätsgrenze, deshalb erwägt das Unternehmen nun, das Programm in weiteren Städten wie Düsseldorf oder Köln und Zürich in der Schweiz auszuweiten. Die Preise starten bei 1.500 Euro pro Monat für die sechsmonatige Mitgliedschaft, 1.600 Euro für die dreimonatige Mitgliedschaft und 1.700 Euro für die einmonatige Mitgliedschaft ohne Grundgebühr. Die Mehrheit der Kunden sei zwischen 26 und 38 Jahre alt und damit deutlich jünger als die übrigen Kunden. Ein täglicher Wechsel des Fahrzeuges komme allerdings nicht vor, im Schnitt fahren die Kunden ein Modell zwischen zehn und zwölf Tage bevor sie wechseln. Ein Concierge-Service liefert das Wunschfahrzeuge direkt vor die Tür. Der Weg zum Autohändler entfällt – bequemer lässt sich ein Neuwagen kaum bestellen. |
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