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Drei Jahre im BMW i3 - Im Zweifel einfach weiterfahren

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Drei Jahre BMW i3. Zeit, einmal über Alternativen nachzudenken. Doch die sind trotz allgemeinen Batteriefortschritts für unseren Autoren Michael Specht nicht in Sicht.

Ob es regnet oder schneit: In der Stadt und für Pendelfahrten nutzt Michael Specht seinen BMW i3. Nach drei Jahren denkt er über einen Verkauf nach - findet aber keine echte Alternative Ob es regnet oder schneit: In der Stadt und für Pendelfahrten nutzt Michael Specht seinen BMW i3. Nach drei Jahren denkt er über einen Verkauf nach - findet aber keine echte Alternative Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Von Michael Specht

Wer einmal Elektroauto gefahren ist, und damit meine ich keine Runde mit einem DriveNow-i3 durch die City, sondern über Monate und Jahre, dürfte nachhaltig geläutert sein. Ein Zurück zum Benziner oder gar Diesel kommt nicht mehr in Frage. Das wäre so, als würde man vom iPhone auf ein Nokia-Tastenhandy umsteigen. Wer macht das?

Seit knapp drei Jahren fahre ich meinen BMW i3. Damals fiel die Wahl nicht aus grünem Gewissen oder um die Welt zu verbessern. Einzig die fortschrittliche Technik faszinierte mich. Endlich mal ein Hersteller, der anders dachte, endlich mal was wirklich Neues. Carbon-Karosseriestruktur, Aluminium-Chassis, rostfreie Kunststoff-Außenhaut, Öko- und Recycling-Materialien in einem ultramodernen Cockpit.

Auch in einem Zukunfts-Auto muss er sein, der gute alte Reifenwechsel. Michael erledigt das selbst Auch in einem Zukunfts-Auto muss er sein, der gute alte Reifenwechsel. Michael erledigt das selbst Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK Dazu viel Platz, eine gute Variabilität und ein konkurrenzlos kleiner Wendekreis, mit dem das Fahren sogar im Parkhaus Spaß macht. Und nicht zuletzt der 170 PS starke Elektromotor: leise, kräftig, sauber und nahezu verschleißfrei. Es gibt fürs tägliche Pendeln und für das Fahren in der Stadt keinen effizienteren und besseren Antrieb als den elektrischen.

Vergessen sind Flüssigkeiten wie Kraftstoff, Motor- und Getriebeöl. Vergessen sind Zahnriemen, Zylinderkopfdichtung, Kupplung und Auspuff samt seinen Katalysatoren. Ein Elektrofahrzeug braucht all diese Dinge nicht. Sie hinterlassen auf mich den Eindruck, als stammten sie aus der Urzeit des Automobilbaus.

Elektrisch fahren ist keine Vernunftentscheidung

Klar, noch ist der Kauf eines Elektroautos nicht vernünftig. Es fehlt an guter Infrastruktur, an einer einheitliche Bezahlmöglichkeit an öffentlichen Ladesäulen. Und E-Fahrzeuge sind unanständig teuer, wegen der teuren Lithium-Ionen-Akkus.

Ein halbwegs brauchbar ausgestatteter BMW i3 steht nicht für unter 45.000 Euro vor der Tür, auch ein e-Golf ist nicht viel günstiger. Der Ampera-e, den Opel im Frühsommer auf den Markt bringen wird, dürfte sich ebenfalls in dieser Region bewegen - selbst, wenn der Basispreis bei rund 35.000 Euro liegen soll.

Sich die Sache schön zu rechnen, ist zwecklos. Die geringeren Fahrkosten gegenüber einem Diesel oder Benziner holen den höheren Verkaufspreis nie wieder herein. Man sollte daher gar nicht erst anfangen, eine Kalkulation aufzustellen. Der Kauf eines Elektroautos ist ein rein emotionaler Akt. Man muss sich solch ein Fahrzeug ganz einfach gönnen wollen. Belohnt wird man jeden Tag mit einer Menge Fahrfreude.

Tausch-Akku: Viel zu teuer

BMW i3: Blick in den Innenraum BMW i3: Blick in den Innenraum Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Von den bisher 32.400 zurückgelegten Kilometern möchte ich fast keinen missen. „Fast“, weil BMW vergessen hat, eine Lenkradheizung einzubauen. Sie ist nicht einmal gegen Aufpreis lieferbar, wie beispielsweise im 1er. Das klingt vielleicht lächerlich, aber im Winter zieht der eiskalte Lenkradkranz einem die Wärme aus den Händen, was die „Freude am Fahren“ deutlich trübt. Zu hoffen ist, dass mit dem ersten Facelift im Herbst 2017 dieser Mangel behoben wird.

Der überarbeitete BMW i3 erhält dann zehn kW mehr Leistung (wofür eigentlich?), eine leicht geänderte Front (die runden Nebelleuchten werden flach) und breitere Kotflügel mit schwarzen Rändern. Der „neue“ i3 rollt dann auf 195er-Reifen (heute 175er). Alt-i3-Besitzern sei gesagt: Umrüsten geht nicht. Der TÜV verlangt die Kotflügelverbreiterungen.

Schon jetzt gibt es BMWs Carbon-Stromer mit einer größeren Batterie. Sie ermöglicht eine Reichweite von realen 200 Kilometern (zuvor 130 km, im Winter nur 100 km). Der Power-Akku ist durchaus eine Empfehlung, zumal er „nur“ 1.200 Euro Aufpreis kostet, ein faires Angebot.

Weniger akzeptabel ist der Tausch alt gegen neu, den BMW seinen Frühkunden anbietet. Gut 9.000 Euro soll das kosten. Das ist ein Viertel des Preises für einen neuen i3 und völlig überzogen. Mein Händler bestätigte mir jüngst, dass es trotzdem Kunden gibt, die darauf eingegangen sind.

Allerdings wird dabei „nur der Tank gewechselt“, wie es ein Mitarbeiter der BMW Service-Hotline ausdrückt. Die Ladetechnik an Bord bleibt die alte, läuft nur einphasig. Heißt: Mit der größeren Batterie erhöht sich die Ladezeit. Sie steigt von etwa acht auf zwölf Stunden. Zu Hause an der normalen Steckdose kann es also durchaus sein, dass der Akku am nächsten Morgen nicht komplett geladen ist.

Wechseln oder behalten?

BMW i3: Infotainment BMW i3: Infotainment Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Obwohl ich in Summe mit meinem i3 zufrieden bin, leugne ich nicht, nach drei Jahren über einen Verkauf nachzudenken. Doch was bietet der Markt? Hat die Konkurrenz nachgezogen, gar überholt? Ein Renault Zoe ist toll gemacht, zweifellos, fährt gut 300 Kilometer, wäre mir aber „zu normal“. Ein e-Golf (demnächst auch mit 200 Kilometern Realreichweite) mag perfekt sein, hat aber nicht die Seele eines Elektroautos. Ich will kein Großserienauto, das auf E-Antrieb umgebaut wurde.

Ein Nissan Leaf? Sicher gut, und nicht umsonst das weltweit am meisten verkaufte E-Auto. Aber mittlerweile in die Jahre gekommen. Zudem gefällt mir das Design einfach nicht. Bliebe der kommende Opel Ampera-e, der Reichweiten-Rekordhalter in seiner Klasse. 500 Kilometer sind eine Ansage, Respekt.

Doch was hat die Konstrukteure geritten, in einem so fortschrittlichen Fahrzeug ein so konventionelles Interieur einzubauen? Ich will kein Elektroauto mit Mittelkonsole und Schaltknüppel. Hier hat BMW im i3 wirklich gut vorgelegt. Man fühlt sich in der Zukunft, was es umso schwieriger macht, auf ein anderes Modell umzusteigen.

Also entspannt weiterfahren, entlang der abflachenden Wertverlustkurve. Die ersten drei Jahre sind ja stets die schlimmsten. Zur Probe habe ich meinen i3 kürzlich annonciert, für 28.700 Euro Verhandlungsbasis. Reaktionen kommen, Interesse ist da. Innerhalb von zwei Tagen zählte das System knapp 1.800 Inseratsaufrufe. Aber das muss nichts bedeuten.

Überrascht hat mich lediglich diese E-Mail: „Aufgrund der geringen Reichweite und der damit deutlich verschlechterten Wiederverkaufsmöglichkeit in einem Zeitfenster von fünf Jahren biete ich 19.500 Euro.“ Da kann ich nur sagen: Viel Erfolg beim Suchen.

Der Motorjournalist Michael Specht berichtet auf MOTOR-TALK zum wiederholten Male von seinem privaten BMW i3. Hier geht es zu den früheren Berichten:

Ein Jahr i3: Die Rechnung, bitte!

Zwei Jahre i3: Strom bleib mein neuer Sprit

Fahrbericht: BMW i3 94 AH

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