Audi holt zum ökologischen Rundumschlag aus. Ein Blick in die Zukunft zeigt Plug-in-, Strom und Wasserstoffantriebe. Auch an klimaneutralen Kraftstoffen wird geforscht.
Köln - Audi wirbt mit dem Slogan "Vorsprung durch Technik". Aber böse Zungen behaupten, man hätte diesen längst verspielt. Dabei will man doch beim Thema saubere Mobilität vorne mitfahren. Allen voran Reiner Mangold. Der Mann kümmert sich bei den Ingolstädtern um CO2-neutrales Fahren, Nachhaltigkeit, neue Kraftstoffe aber auch um grünen Strom und geeignete Infrastrukturen. Audi selbst beschränkt die Zukunftsstrategie auf vier Grundsäulen. Neben der Elektrifizierung der Antriebe und der Forschung nach klimaneutralen Kraftstoffen, stehen unter anderem die Batterie-Technologie sowie der Ausbau der Infrastruktur ganz oben auf der Agenda. Mehr Plug-in-Hybride und induktives LadenMit dem A3 Sportback e-tron und dem Q7 e-tron (ab Anfang 2016) hat Audi zwei Plug-in-Hybride im Markt. Künftig sollen in jeder Baureihe Pendants mit der an der Steckdose aufladbaren Batterie folgen. Das System passt in beide Baukästen, MQB wie MLB. Das nächste PHEV-Modell (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) wird der neue Q5 sein. Parallel dazu will Audi ab 2017 seinen Plug-in-Kunden für die heimische Garage das induktive Laden AWC (Audi wireless charging) anbieten. Das Hantieren mit dem Ladekabel entfällt. Die exakte Position der Bodenplatte unter dem Auto erscheint im Cockpit-Display. Kauft der Kunde das Extra „Pilotiertes Parken“, übernimmt das Auto die Positionierung selbst. Der Fahrer kann vorher aussteigen und den Vorgang vom Handy aus aktivieren. Gutes Potenzial zur weiteren CO2-Reduzierung sieht Audi im 48-Volt-Bordnetz, das ebenfalls 2017 im neuen A8 kommen soll. Einen Vorgeschmack liefert hier der SQ7 ab nächstem Jahr. Er ist bereits mit einem 48-Volt-Teilbordnetz ausgerüstet. Die hohe Spannung erlaubt, mehr Energie bereit zu stellen. Der dieselgetriebene SQ7 braucht die hohen Ströme unter anderem für seinen elektrisch angetriebenen Verdichter (EAV) und die elektromechanische Wankstabilisierung (EAWS). Mittelfristig will Audi auch Nebenaggregate wie Pumpen, Kompressoren, Getriebe und Klimaanlage auf 48 Volt umstellen. Der Vorteil: Sie lassen sich besser nach Bedarf steuern, fallen kleiner aus und werden leichter. Audi nimmt Tesla-Kunden ins VisierBeim Thema Batterietechnologie strebt Audi ein modulares Baukasten-Prinzip an. Ein Modul ist etwa so groß wie ein Schuhkarton und kann drei Zelltypen aufnehmen: runde, prismatische oder lange flache. Letztere nennen sich Pouch-Zellen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird ihnen ein Zuwachs der Energiedichte von 50 Prozent prognostiziert. Die Kosten sollen mindestens um den gleichen Wert fallen. Auch die Stromkapazität der prismatischen Zellen ist in den vergangenen Jahren unablässig gestiegen, liegt bei momentan 37 Ah. Entwickler sehen hier schon bald 50 bis 60 Ah. Den Beweis modernster Batterien will Audi Anfang 2018 auf die Straße bringen, in Form des Crossovers Q6 e-tron,. Das SUV-Coupé wird über eine 95-kWh-Batterie verfügen, die in extrem flacher Bauweise im hinteren Wagenboden liegt und genügend Power für eine Reichweite von 500 Kilometern haben soll. Zur gleichen Zeit sieht Audi die Verfügbarkeit von Hochleistungs-Ladesäulen (150 kW) entlang der Autobahnen als realistisch an. Sie sollen alle 100 Kilometer platziert werden. „Damit lassen sich in 30 Minuten gut 400 Kilometer Reichweite tanken“, sagt Audi-Entwickler Peter Pilgram. Um den Aufbau kümmert sich das Konsortium „Initiative CharIN“, an dem auch Daimler, Porsche, Opel, Volkswagen und BMW beteiligt sind. Synthetische Kraftstoffe von MikroorganismenMit gleichem Engagement planen die Ingolstädter den Ausbau von klimaschonenden Alternativ-Kraftstoffen. Sie werden zusammengefasst unter dem Sammelbegriff „e-fuels“. Allen gemein ist: Bei der Herstellung müssen diese Kraftstoffe genauso viel CO2 binden, wie sie bei der Verbrennung wieder abgeben. Dazu zählen synthetisches Methan (e-gas), das schon heute klimaneutral die Erdgasmodelle A3 Sportback g-tron und A4 Avant g-tron antreibt, e-diesel, e-benzin und e-ethanol. Der synthetische Diesel ist frei von Schwefel und Aromaten, zudem zündet er besser als fossiler Diesel. Beeindruckendes kommt auch aus New Mexico, USA. Dort betreibt Audi ein Projekt, in dem speziell manipulierte Mikroorganismen mit Hilfe von Sonnenlicht, Kohlendioxid und Salz- oder Brauchwasser flüssige Kraftstoffe produzieren, aus denen synthetisches Diesel oder Ethanol entsteht. Die Anlagen stehen auf steinigem Brachland und liefern schon Hektar-Erträge, die achtmal höher sind als bei Weizen, aus dem in den USA Bio-Ethanol gemacht wird und dreimal höher als bei Zuckerrohr, wie es in Brasilien hergestellt wird. 2020 will man soweit sein, dass der neue Sprit in Großserie hergestellt werden kann. Am weitesten in die Zukunft blickt Reiner Mangold beim Thema Wasserstoff. Auch wenn Toyota, Honda und Hyundai schon erste Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf den Markt bringen. Zwar hat Audi als Technikträger einen A7 Sportback h-tron laufen und Anfang 2015 vom kanadischen Unternehmen Ballard Power Systems diverse Patente erworben, die die Basis für die nächste Brennstoffzellen-Generation bilden. Doch eine Serienversion sieht Mangold aufgrund der fehlenden Infrastruktur nicht vor 2025. Derzeit gibt es in Deutschland weniger als zwei Dutzend öffentlich zugängliche Wasserstoff-Tankstellen. Mangold: „Die Leute zögern ja selbst beim Kauf von Erdgasautos – und dies bei einem Versorgungsnetz von rund 1.000 Zapfsäulen.“ Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |