Ein Audi 80, zwei Audi A4 und ein Unfall. "Focus Online" hat mit drei unterschiedlich alten Autos einen Crashtest durchgeführt und die Reparaturkosten verglichen. Das Ergebnis lest Ihr hier.
Von FOCUS-ONLINE-Redakteur Sebastian Viehmann München - Früher waren Autos erheblich billiger und einfacher konstruiert als heute. Müssten bei einem Unfall dann nicht auch die Reparaturkosten geringer ausfallen? Nicht unbedingt, wie ein ungewöhnlicher Crashtest-Vergleich zeigt. Bei wenigen Automarken sind die Preise im Verhältnis zu früheren Modellen so stark gestiegen wie bei Audi. Technisch ist ein alter Audi 80 oder Audi 100 natürlich auch nicht mehr mit einem modernen A4 oder A6 zu vergleichen. Quelle: Allianz Weniger Teile, weniger Technik, einfachere und leichtere Konstruktion – eigentlich sollte man davon ausgehen, dass Autos von damals auch bei Reparaturen weniger Kosten verursachen. Das Gegenteil ist allerdings der Fall, wie der Versicherer Allianz anhand dreier Crashtests zeigt. Audi 80 gegen Audi A4Ein Audi 80 Baujahr 1978 (Gewicht: 1.075 Kilogramm), ein Audi A4 Baujahr 2001 (1.494 Kilo) und ein A4 Baujahr 2008 (1.540 Kilo) wurden im Allianz-Zentrum für Technik an die Wand gefahren. Und zwar mit 15 km/h gegen eine starre Barriere, bei 40 Prozent Überdeckung. RCAR-Test (Research Council for Automobile Repairs) heißt dieser Test, der mit 15 km/h durchgeführt wird. Während nach dem viel bekannteren Euro NCAP-Test aus 64 km/h die Autos reif für die Schrottpresse sind, werden die Autos nach dem RCAR-Test repariert, um den tatsächlichen Aufwand abzuschätzen. Dieser Test entscheidet über die VersicherungsprämienGetestet werden auch streng geheime Prototypen und Vorserienfahrzeuge. Die Ergebnisse fließen bei der Einstufung der Versicherungsklassen mit ein, denn bei einem nagelneuen Auto fehlen ja noch Erfahrungswerte aus der Praxis. Deshalb hat der RCAR-Test für den Geldbeutel der Autofahrer im Gegensatz zum Euro NCAP-Test eine große Bedeutung. Quelle: Audi Im Fall der drei Audi-Generationen ermittelten die Reparatur-Experten folgende Ergebnisse: Betragen die Reparaturkosten beim Audi 80 noch 7.000 Euro, sind es beim ersten A4 5.900 Euro und beim A4 Baujahr 2008 nur 5.000 Euro. Die Reparaturkosten sanken damit im Vergleich der drei Modellgenerationen um fast 30 Prozent. Während die Kosten für Ersatzteile beim Audi 80 von 1978 mit 2.519 Euro etwas unter denen für den jüngsten A4 im Crashtest liegen, ist der Arbeitslohn, den man für die Reparatur des Youngtimers für mechanische und Karosserie-Arbeiten veranschlagen muss, fast dreimal so hoch. Hochfeste Stähle und CrashboxenGrund für die höhere Widerstandsfähigkeit moderner Karosserien sind unter anderem hochfeste Stähle und „Crashboxen“. Das sind verformbar in der Front des Autos integrierte Stahl- oder Aluminium-Konstrukte, die bis 15 km/h die Aufprallenergie fast vollständig schlucken können. So werden zumindest bei leichten Auffahrunfällen Schäden am Fahrzeugrahmen vermieden, obwohl die Front des Autos zertrümmert wird. Bei Youngtimern fehlen diese Crashboxen. „Beim Audi 80 müssen schon nach einem 15 km/h- RCAR- Crash der linke Motorlängsträger und das linke Radhaus erneuert werden“, erläutert Dr. Christian Deutscher, Leiter Reparaturtechnik im Allianz Zentrum für Technik. Beim Audi A4 von 2001 sei dagegen nur ein Teilersatz für den Motorlängsträger erforderlich, beim Modell von 2008 nur ein leichtes Richten, sagt Deutscher. Bei 15 km/h liegt die kritische SchwelleQuelle: Audi In der Realität können die Reparaturkosten natürlich je nach Werkstatt variieren. Gerade bei den Ersatzteilen sind Originalteile vom Hersteller oft teurer als andere Teile, obwohl sie mitunter vom selben Zulieferer stammen. Und kleinere Schäden lassen sich auch beim Beulendoktor mit Smart Repair ausbügeln. Die kritische Schwelle liegt in jedem Fall bei 15 km/h – darunter geht es bei modernen Autos nicht nur für die Insassen, sondern auch fürs Portemonnaie in der Regel glimpflich ab. Darüber steigen die Kosten rasant. Kein Wunder also, dass die Versicherer auf autonome Notbrems-Systeme schielen, die Autos bis etwa 30 km/h bei einem drohenden Auffahrunfall automatisch abbremsen können. Was helfen Notbrems-Systeme?„Je weiter diese Technik in neuen Autos verbreitet ist, desto stärker wird sich die Zahl der innerstädtischen Unfälle verringern“, ist Reparaturexperte Christian Deutscher überzeugt. Autofahrern kommt das bei der Versicherungsprämie zugute: Autos mit autonomen Notbremssystemen werden eine Typklasse geringer eingestuft als ohne. Macht die Technik unterm Strich wieder alles zunichte?Dabei gibt es allerdings zwei Haken. Je mehr Sicherheitstechnik in Autos verbaut werden muss, desto teurer werden sie. Und auch die Reparaturkosten können steigen, wenn Sensoren in der Fahrzeugfront ausgetauscht werden müssen. Bei einem beschädigten Radarsystem etwa kann eine Sensor-Justierung auf dem Achsmesstand nötig werden. Je nach Schaden kann es also sein, dass der Kostenvorteil durch die Crash-stabilere Konstruktion des Autos zum Teil wieder aufgefressen wird. Immerhin: Wenn die neuen autonomen Notbremssysteme ihren Zweck erfüllen und den Wagen ganz oder teilweise abbremsen, wird der Schaden insgesamt in jedem Fall deutlich geringer ausfallen. Quelle: www.focus.de |