Mit einem Riesenposter in Wolfsburg appelliert VW an die Belegschaft - und die bekennt bereits Flagge: Der Weltkonzern rückt zusammen und kämpft um seine Unternehmenskultur.
Wolfsburg – In dunklen Stunden suchen wir Stärke in der Gemeinschaft. Das gilt auch für den VW-Konzern, dessen Außenbild der vergangenen Wochen nur erahnen lässt, wie sich die Mitarbeiter damit fühlen. Die interne Kommunikation des niedersächsischen Autogiganten beschloss: Wir hängen genau 13 Worte in riesigen Buchstaben am alten Kraftwerk des Wolfsburger Volkswagenwerks auf. „Wir brauchen Transparenz, Offenheit, Energie und Mut. Vor allem aber brauchen wir: Euch.“ So steht es auf einem weithin sichtbaren Plakat direkt neben dem VW-Logo. Die Botschaft richtet sich primär an die Mitarbeiter, die mit dem gewaltigen Vertrauensverlust täglich umgehen müssen, den sich Deutschlands Vorzeige-Autokonzern eingebrockt hat. Quelle: dpa/Picture Alliance Am vergangenen Samstag hängten Arbeiter das Poster mit einem Kran auf, einige Wochen soll es hängen bleiben. Das berichtet die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe. VW selbst verzichtete auf eine Pressemitteilung zu dem Poster, denn es soll vor allem den Mitarbeitern Mut zusprechen – und ein Zeichen der Solidarität nach außen setzen. T-Shirts und UnterschriftenwandAußen und innen lässt sich bei VW in Wolfsburg kaum trennen. Rund 50.000 Menschen arbeiten im VW-Werk, in einer Stadt mit etwas mehr als 120.000 Einwohnern. Auch die übrigen Standorte will VW in den nächsten Tagen mit diesen Plakaten ausstatten. Geschichten der Solidarität unter Kollegen in der tiefgreifendsten Krise des Konzerns gibt es viele. Einige davon lassen sich in der Mitarbeiterzeitung „Autogramm“ nachlesen. So druckt eine Arbeitsgruppe T-Shirts mit dem Slogan „Vertrauen in eine Weltmarke“ und verteilt sie zum Selbstkostenpreis. Die erste Auflage sei fast vergriffen. Anfragen kamen sogar aus VW-Werken in Brasilien und Mexiko, berichtet die Mitarbeiterzeitung. Und: Auf einer Betriebsversammlung unterschrieben die VW-Mitarbeiter auf einer sechs Meter langen Wand „für Compliance und gegen Regelverstöße“. Auf Facebook diskutieren VW-Mitarbeiter in einer geschlossenen Gruppe mit dem Titel „Ich halte zu Volkswagen, egal, was auch passiert“. Lutz: "Herrschaft des Terrors"Während VW in der Krise um eine neue Unternehmenskultur ringt, macht ein Branchenkenner die bisherige VW-Unternehmenskultur für die Krise verantwortlich. Die Ursache für VWs Probleme liege im Regiment des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch, schreibt die US-Managerlegende Bob Lutz. Der 83-jährige arbeitete in seiner langen Karriere für GM, BMW, Ford und Chrysler. In einer Kolumne für „Road And Track“ schreibt Lutz: Piëch habe eine „Herrschaft des Terrors" entwickelt sowie eine Kultur, in der Leistung von Angst und Einschüchterung getrieben gewesen sei. Die Forderung des Vorstands nach Dieselmotoren, die die US-Schadstoffnormen erfüllen, glaubt Lutz, hätte Mitarbeiter vor die Wahl gestellt: Karriereende, oder das Bestehen der Abgastests – egal, mit welchen Mitteln. Diese Kultur müsse VW nun überwinden. In den USA brauche VW einen kompletten Neustart: „Die Clean-Diesel-Kampagne, auf der die Marke aufbaute, ist Geschichte“, schreibt der Ex-Manager. |