Kia voll im Trend: Der Niro ist ein Kompakt-SUV mit Hybrid-Antrieb. Im Test macht er vieles gut. Leider fragten wir uns am Ende ausgerechnet eins: Spart der wirklich?
Berlin – Wer einen Hybrid kauft, möchte sparen. Wer einen Hybrid baut, ebenfalls – bei der CO2-Bilanz. Mit der hatte es Kia/Hyundai in den vergangenen Jahren schwer. Die Lösung sind Hybrid und Elektromodelle wie der Niro. Ein kompaktes Hybrid-SUV für günstige 24.990 Euro. Kias Taktik klingt zumindest gut: Kompakt-SUV verkaufen sich bestens. Der Niro dürfte sich allein der Karosserieform wegen deutlich besser verkaufen als zum Beispiel der Optima Hybrid. Der nach NEFZ-Werten berechneten CO2-Bilanz von Kia hilft das in jedem Fall. Wir sagen Euch nach zwei Wochen Niro-Test, ob der Hybrid auch der Brieftasche des Besitzers hilft, wie er fährt und ob es genug Platz im Kompakt-SUV gibt. Karosserie/Platzangebot: Achtung, AusstattungWer Platz im Kofferraum braucht, der muss aufpassen, denn das Volumen unterscheidet sich je nach Ausstattung. Während die „Edition 7“ akzeptable 427 bis 1.425 Liter Laderaum bietet – und damit mehr als der Konkurrent Toyota C-HR – sind es bei luxuriösen „Vision“- und „Spirit“-Modellen nur 373 bis 1.371 Liter. Das merkt man, zumal bei diesen Modellen 27 Liter als Staufach im Kofferraumboden eingerechnet werden. Kia hat die Batterie des Hybridantriebs unter der Rückbank verstaut, mit dem Ziel, den Gepäckraum nicht einzuschränken. Das klappt nur bedingt. Der Kofferraum in unserem „Spirit“-Testwagen ist sehr überschaubar. Wer zu viert in den Urlaub will, muss über eine Dachbox nachdenken. Die vier Insassen sitzen dafür prächtig im Niro. Der 2,70-Meter-Radstand ermöglicht sehr viel Beinfreiheit auf den hinteren Sitzen. Top, für ein Kompakt-SUV. Auch vorne saßen wir entsprechend bequem. Mit 4,35 Metern Länge lässt sich in der Stadt noch gut rangieren. Interieur: Auf gutem NiveauAn Kia-Innenräumen gibt es heute meist wenig zu bemängeln. Materialien und Verarbeitung stimmen im Niro. Grobes Hartplastik gibt es nur um die Mittelkonsole. Schalter und Knöpfe sind aus anderen Modellen bekannt und stabil. Es bleibt aber noch ein kleiner Abstand zu Ford- oder Opel-Modellen. Das Lederlenkrad und der Getriebeknauf in unserem Testwagen machen einen sehr schicken Eindruck – VW ist da nicht mehr weit. Leider wird dieser Eindruck durch eine lose Fußstütze und ein enorm plump platziertes Pedal für die Feststellbremse getrübt. Bitte nicht nachlässig werden, Kia. Infotainment: Gut aufgelöst?Der eine macht es gut, der andere durchschnittlich. In unserem Niro gibt es zwei Bildschirme. Der kleine LCD-Bordcomputer zwischen den runden Armaturen hat eine hohe Auflösung, sieht gut aus und zeigt alle wichtigen Infos leicht bedienbar, schick und übersichtlich an – auch die Informationen zu ökonomischer Fahrweise (s. u.). Besser kann es kaum sein; allerdings ist er nur in den beiden höheren Ausstattungen (Vision ab 27.790 Euro und Spirit ab 30.390 Euro) enthalten und kostet sonst extra. Der größere Acht-Zoll-Touchscreen über der Mittelkonsole macht seine Sache dagegen durchschnittlich: Navigation, Musik oder Hybriddaten sind einfach zu finden und funktionieren auf Anhieb. Die Auflösung könnte etwas besser sein – entspricht aber noch dem Durchschnitt. Das Smartphone ist schnell gekoppelt und wird nach jedem Einsteigen auch schnell „wiedergefunden“. Android Auto bietet der Niro schon jetzt, Apple Carplay soll in diesen Tagen folgen. In der Spirit-Ausstattung ist als Highlight außerdem eine induktive Ladestation für Smartphones enthalten. Assistenzsysteme: Mehr braucht es nichtMehr braucht man eigentlich nicht: Unser Testwagen bietet Parksensoren, eine Rückfahrkamera und Totwinkel-Warner. Mit dem Spurhalteassistenten, der auch Lenkreingriffe vornimmt und dem Abstands-Tempomaten fährt der Kia auf der Autobahn fast von allein. Dabei funktioniert das Spurhalten angenehm präzise und das Abstandhalten nicht übermäßig zaghaft. Eine autonome Notbremse mit Fußgängererkennung gibt es obendrauf. Den aktiven Spurhalte-Assistenten gibt es serienmäßig. Für die anderen Assistenten muss man zahlen. Die meisten sind im Advanced-Driving-Paket für 1.290 Euro enthalten. Das gibt es in der mittleren „Vision“-Ausstattung aber nur in Verbindung mit Vision-Plus-Paket (u. a. LED-Blinker, verdunkelte Scheiben, elektrisch anklappbare Außenspiegel, induktive Ladestation) für 490 Euro. Die Rückfahrkamera gibt es in der untersten Ausstattung nicht, darüber ist sie immer an Bord. Antrieb: Nur mit MüheDer Antrieb ist bei Kia oft das Problem, im Niro soll er die Lösung sein. Während reine Verbrenner der Marke technisch ein Stück hinterherhängen, soll hier aktuelle Hybrid-Technik glänzen. Ein 105 PS starker 1,6-Liter-Benziner wird von einem Elektromotor mit 44 PS (32 kW) unterstützt. Das ist auch nötig, denn der Benziner arbeitet im auf Sparsamkeit ausgelegten Atkinson-Zyklus. Der E-Motor soll die „Schwäche“ ausgleichen, beim Anfahren und auch sonst immer, wenn es das System für richtig hält. Spüren kann man das kaum – die Motoren arbeiten harmonisch zusammen, der Verbrenner angenehm leise. Das gesamte Konzept entspricht dem von Toyota. Nur, dass Kia ein Doppelkupplungsgetriebe statt eines stufenlosen CVT-Getriebes verwendet. Damit es aufgeht, muss der Fahrer aber etwas mehr tun als bei den Japanern. Wer sich extrem zurückhält, fährt mit dem Niro niedrige Verbräuche heraus. Der Bordcomputer zeigt an, in welchem Bereich der Niro bewegt wird: Eco, Normal oder Dynamisch. Wir erreichen bei einer laut Bordcomputer zu 93 Prozent ökonomischen Fahrt einen Verbrauch von 5,0 Litern pro 100 Kilometer. Das ist ein guter Wert, denn angegeben ist unser Niro mit 4,4 Litern. Es ist aber ein hart erkämpfter Wert. An Ampeln und auf Autobahnauffahrten darf man sich des Frusts anderer Verkehrsteilnehmer sicher sein. Die Klimaanlage bleibt aus, der Fuß streichelt das Pedal.Im größeren Toyota Rav4 erreichten wir einen entsprechend guten Wert mit deutlich "üblicherer" Fahrweise.. Normal bewegt, trinkt der Kia Niro um die 6,0 Liter (Eco 43 Prozent, Normal 54 Prozent, Dynamisch 4 Prozent) – für einen Hybrid kein Traumwert. Sonderlich flott fährt man auch dabei nicht. 11,5 Sekunden auf 100 km/h, 161 km/h Höchstgeschwindigkeit – der Niro mag es entspannt.. Mindestens etwas mehr Elektro-Punch beim Anfahren würde ihm gut tun. Fahrwerk/Lenkung: Der bequeme TypAuch beim Fahrwerk ist der Kia Niro eher der bequeme Typ. Das darf man positiv verstehen. Es gibt kein Poltern, kein Schlagen bei dicken Berliner Bodenwellen. Nur auf ruppigem Kopfsteinpflaster könnte der Niro gerne mehr "gleiten". Andererseits wirkt das Auto nicht schwammig oder lustlos. Um Kurven geht es durchaus präzise. Die Lenkung arbeitet genau - für unseren Geschmack allenfalls etwas leichtgängig. Ausstattung/Preis: Wo Kia Geld verdientEin Kompakt-SUV mit Hybrid bekommt man nicht günstiger. Toyota bringt mit dem C-HR gerade erst den einzigen wirklichen Konkurrenten auf den Markt. Und der kostet mit 27.390 Euro Basispreis etwas mehr. Allerdings ist fraglich, ob man mit dem Basis-Niro für 24.990 glücklich wird. Sitz- und Lenkradheizung klingen schon schön? Dafür braucht es mindestens die Vision-Ausstattung für 27.790 Euro – dann gibt es auch ein vernünftiges Navigationssystem und die Rückfahrkamera dazu. Sitzbelüftung klingt noch besser? Tja, die gibt es nur in der Spirit-Ausstattung ab 30.390 Euro - mit zusätzlichem Leder-Paket für 1.490 Euro. Dann braucht man sich das Paket mit den Assistenzsystemen (s. o.) und eine Metallic-Lackierung (550 Euro) auch nicht mehr sparen. Schwupp, sind wir beim Testwagen-Preis von 33.720 Euro. Fakt ist: Mit Ausstattung verdient Kia noch mal viel Geld. Immerhin, die Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Multifunktionslenkrad, Freisprechanlage mit Bluetooth und Audiostreaming gibt es serienmäßig. Für ca. 30.000 Euro sollte man einen gut ausgestatteten Wunsch-Niro bekommen. FazitSpart der wirklich, oder tut der nur so? Das haben wir uns am Ende unseres Tests gefragt. Die Antwort lautet: Ja, er spart - wenn der Fahrer wirklich will. Wer entspannt und ruhig unterwegs ist, fährt mit den Niro auch sparsam. Wer üblicherweise flotter fährt, wird enttäuscht – an der Tankstelle und bei der Leistung. Einziges Manko des wahrscheinlich günstigsten Kompakt-SUV mit Hybrid-Antrieb bleibt sonst der magere Kofferraum. Technische Daten – Kia Niro Hybrid
|