Wenn ein Kombi 330 bis 550 PS leistet und mindestens 97.557 Euro kostet, ist er dann noch vernünftig? Und: Ist er mit bis zu 2,2 Tonnen Gewicht noch ein echter Porsche?
Vancouver - Wer das Wort "Kombi" hört, der denkt als erstes an Vernunft. Und Vernunft bedeutet beim Autokauf in erster Linie: Platzangebot - und zwar ganz ohne SUV-Schnickschnack. Bei Porsche hat genau das seinen Preis: Der Panamera Sport Turismo, der erste Kombi aus Zuffenhausen, ist ab 97.557 Euro erhältlich. Diese Summe lässt sich locker verdoppeln, wenn der Käufer noch ein Nachtsichtgerät mit Fußgänger-Erkennung, Massagesitze oder ein Burmester-Soundsystem bestellt. Wie viel Vernunft kann in solch einem Kombi stecken? Und wie viel Porsche?
Die Antwort auf letztere Frage lautet laut Porsches Design-Chef Michael Mauer: Alle Werte und Attribute, die auch in anderen Porsche stecken. Das Datenblatt gibt ihm recht, schon beim Einstiegsmodell: 330 PS aus einem 3,0-Liter-V6-Biturbo. Für den Sprint auf Tempo 100 benötigt er geringfügig mehr als fünf Sekunden, bei 259 km/h ist Schluss. Wer die 300 km/h-Marke knacken will, muss zur Top-Version Turbo Sport Turismo mit 550 PS greifen. In ein paar Monaten wird ihn der Turbo S E-Hybrid nochmals überbieten. Allen Varianten gemein ist der Allradantrieb. Langstrecken-Sport: Mehr als fünf Meter Länge Der Porsche Panamera Sport Turismo ist mehr als fünf Meter lang und wiegt bis zu 2,2 Tonnen Quelle: SP-X/Porsche
Der Sport Turismo ist ein würdiger Abkömmling der Oberklasse-Limousine Panamera. Hinterachslenkung, elektronische Wankstabilisierung und das Porsche Traction Management - all das steckt auch in der Fließheck-Variante. Zwischen der Limousine und dem Kombi gibt es auf dem Papier bestenfalls marginale Unterschiede. Im Sport Turismo besänftigt eine verbesserte Luftfederung mit drei Kammern und 60 Prozent mehr Volumen raue Straßenbeläge. Im Sport-Modus wird eine der Kammern stillgelegt, bei Sport Plus ruhen zwei Kammern. Bei der Hatz durch die engen Kurven einer Rennstrecke belegt der Kombi, dass er auch ein Sportwagen in ihm steckt. Trotz mehr als fünf Metern Länge und bis zu 2,2 Tonnen Gewicht.
Der Panamera mit der großen Klappe fordert mit seinen Fahrleistungen die einschlägige AMG- oder Bentley-Konkurrenz. Im Normalverkehr kommt dazu die Voraussicht des intelligenten Abstandsregeltempomaten: Der sieht optimale Beschleunigungs- und Verzögerungszeitpunkte – etwa in Ortsgebieten – schon von Weitem, beschleunigt und verzögert entsprechend. Große Klappe für sperriges Ladegut Mehr Komfort: Im Fond des Porsche Panamera Sport Turismo sitzen groß gewachsene Passagiere bequemer als in der Sportlimousinen-Variante Quelle: SP-X/Porsche
Leistung, Fahrdynamik und Assistenten stimmen - ins Grübeln kommt man am Steuer dennoch: Lohnen sich bis zu 7.000 Euro Aufpreis für die große Heckklappe? Gemessen an der reinen Ladekapazität lautet die Antwort: Nein. Denn viel mehr Gepäck als die Panamera-Limousine schluckt der Sport Turismo nicht. Aber durch die größere Heckklappe kann er es mit sperrigem Ladegut aufnehmen. Auch wenn die Fläche nach dem Umklappen der Sitze nicht ganz eben ist, lässt sich Vieles über die niedrige Ladekante einfacher verstauen. “Genau das haben sich viele Panamera-Kunden gewünscht”, sagt Iris Miesel, Projektleiterin für den Aufbau.
Im Fond finden Großgewachsene dank der neuen Form leichter Zugang und bequemer Platz. Als Sport Turismo bietet der Panamera sogar optional einen fünften Sitz. Auf dem werden erwachsene Mitfahrer jedoch nicht glücklich. Vor der B-Säule identisch mit der Limousine Wie die Sportlimousine verfügt der Porsche Panamera Sport Turismo über eine Hinterachslenkung Quelle: SP-X/Porsche
Und vorn? Vor der B-Säule entspricht der Sport Turismo eins zu eins der Limousine. Er ist und bleibt ein Fahrerauto - auf höchstem Niveau in Bezug auf Bedienung und Verarbeitung. Neben dem traditionellen analogen Drehzahlmesser blitzen die hochauflösenden Displays auf. Sie liefern nach Gusto die passenden Infos, von der G-Kraft-Anzeige bis zu Navi- oder Verbrauchsangaben. In der Mittelkonsole sitzt das Touchscreen-Infotainmentsystem inmitten einer reduzierten Zahl an Tasten. Beim Erstkontakt mit einem Zuffenhausener Sportwagen braucht es etwas Zeit, um das Bedienkonzept zu verinnerlichen. Aber dann bietet es dem vernetzten Menschen alles, was er braucht.
Projektleiterin Miesel geht davon aus, dass etwa jeder fünfte Panamera-Kunde zum Sport Turismo greifen wird. Wohl wegen der gesteigerten Alltaugtauglichkeit. Vielleicht auch wegen eines optischen Effekts: Die Dachlinie mündet in einem Spoiler, der über drei Stellungen verfügt: Bis 170 km/h versteckt er sich. In den schärferen Fahrmodi und ab 170 km/h fährt er um acht Grad aus. Bei geöffnetem Panorama-Glasdach neigt er sich um ganze 23 Grad. Das soll Windgeräusche vermindern. Und sieht gut aus, irgendwie zumindest. Deshalb lässt sich der Spoiler auch im Stand maximal ausfahren. Mehr Aufmerksamkeit vorm Straßencafe ist damit garantiert. Und so etwas kann ein schlagendes Verkaufsargument sein, bei aller Vernunft. Technische Daten: Porsche Panamera Sport Turismo
Quelle: SP-X
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