Audi ist raus - bleibt nur eine Handvoll siegfähiger Prototypen beim 24-Stunden-Klassiker. Werks-Hightech bekommt es mit einem privaten Team aus Deutschland zu tun.
Le Mans - Dreizehn Siege, vier Ringe – Audi prägte Le Mans im neuen Jahrtausend wie kein anderer Hersteller. Doch die Ingolstädter verabschiedeten sich mit der abgelaufenen Saison aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft, fehlen somit auch beim Saisonhöhepunkt in Frankreich. Konzernmutter Volkswagen pfiff Audi Sport vor dem Hintergrund des Dieselskandals zurück - und bleibt dennoch vertreten. Porsche holte im Vorjahr sowohl den Sieg beim 24-Stunden-Rennen als auch den Weltmeistertitel - und startet auch dieses Jahr in Le Mans. Zuffenhausen tritt mit dem überarbeiteten 919 gegen Toyotas TS050 an. Weitere Hersteller? Fehlanzeige, nur ein Privattteam tritt zusätzlich in der Königsklasse an. Womit magere fünf Werksautos in der stärksten Prototypen-Kategorie LMP1 starten. Porsche bringt zwei Autos, die Japaner haben drei im Gepäck. Quelle: Porsche Der Rahmen des Reglements ist eng. Porsche 919 und Toyota TS050 sind die einzigen Hybridfahrzeuge im Feld der Großen. Die bereits vierte Generation des 919 kommt mit einem V4 Turbo und zwei Litern Hubraum. Der Verbrenner sorgt an der Hinterachse für knapp 500 PS. Zusätzlich soll ein Elektromotor mit bis zu 400 PS an der Vorderachse ziehen, die Energie liefert ein System zur Bremsenergie-Rückgewinnung. Die zweite Generation des TS050 setzt den in Summe rund 900 PS des Porsche knapp 1.000 PS Systemleistung entgegen. Beides wohlgemerkt nach eigenen Angaben. Hier arbeitet ein größerer 2,4-Liter-Turbo, die 500 elektrischen Pferde werden auf Vorder- und Hinterachse losgelassen. Kosten zu hoch: Peugeot hält sich rausDie Langstrecken-WM und ihr Aushängeschild Le Mans verstehen sich als Demonstrationsfeld für zukünftige Technologien. Seit Jahren lässt sich das LMP1-Reglement praktisch nur noch mit Hybridtechnik sinnvoll erfüllen. In den kommenden Jahren sollen die Hersteller mithilfe des Regelwerks noch weiter in die „Alternativität“ gedrängt werden – für viele Konzerne durchaus interessant, denn an der Elektrifizierung arbeiten alle. PSA-Chef Carlos Tavares dachte in der Vorsaison laut über einen Wiedereinstieg Peugeots in die WEC nach. Das Engagement scheiterte aber letztlich am ausufernden Budget der Konkurrenz: Kolportierte 220 Millionen Euro investiert Porsche in die Titelverteidigung. Für Toyota steht eine Zahl von 100 Millionen im Raum, wohlgemerkt jeweils für die volle Langstreckensaison über neun Rennen. Diese Größenordnung zeigt: Teams ohne Herstellersupport werden seltene Gäste auf dem Podest sein. Rebellion Racing stemmte sich im Vorjahr mit zwei Autos und den großen Namen Heidfeld, Prost und Senna gegen die Übermacht, nimmt 2017 aber die Ausfahrt in Richtung der schwächeren Prototypenkategorie LMP2. Privatteam ByKolles lernte aus Nissans DebakelDas letzte verbleibende Privatteam kommt aus Deutschland: ByKolles aus Greding vertraut auf ein modifiziertes Lotus-Chassis, im Heck sitzt ein Nismo-Triebwerk. Der V6 war bereits 2015 in Nissans Werks-LMP1 verbaut. Beim damaligen GT-R LM trieb er als 3,0-Liter-Frontmotor nur die Vorderräder an, beides höchst ungewöhnlich in der Top-Liga der WEC. Der Mut zum Unkonventionellen wurde nicht belohnt, Nissans Frontantrieb-LMP1 standen in vielen Sektionen der Strecke auch den üblicherweise klar unterlegenen LMP2-Fahrzeugen im Weg. Beim ByKolles CLM P1/01 verzichtet man somit auf derartige Experimente und setzt auf Anpassungen des bewährten Chassis in Sachen Gewicht und Aerodynamik. Das Reglement gestattet dem letzten verbliebenen Privaten einen Heckflügel von 2 Metern Länge (womit dieser über die Breite des Fahrzeugs hinausragt) sowie ein um 20 Kilo reduziertes Mindestgewicht von 830 Kilogramm. Bei den Werksteams muss die Waage 875 Kilogramm zeigen. Fazit: Statt Masse gibt es vielleicht eine Sensation zu sehenOb sechs Top-Teams einem Klassiker wie Le Mans würdig sind, ist fraglich. ByKolles hat als letztes verbliebenes Privatteam in der dünn besetzten Königsklasse aber die Chance auf die Sensation - straucheln drei der fünf Hybride von Porsche und Toyota, winkt das Podest. Kann nicht sein? Im Vorjahr kamen von neun LMP1-Prototypen nur vier ohne grobe Probleme ins Ziel. 24 Stunden sind auch mit modernster Technik lang. |