Wir alle wissen: Ein Citroën C3 ist brav. Und 380 PS sind noch nicht so richtig böse. Doch dann sitzt man im C3-WRC. Und weiß nicht einmal mehr, wo links und rechts ist.
Val de Loire, Frankreich – Die Erkenntnis kommt eine Kurve danach. Wir wären abgeflogen, aber sowas von. Nicht wegen irgendwelcher Setup-Kinkerlitzchen, nicht wegen einer unerwartet rutschigen Stelle am Schotter. Nein, Sportmedien hätten über dem Bild eines zerstörten Citroën C3 World Rally Car getitelt: „Kapitaler Fehler des Beifahrers.“ Das bin an diesem Tag ich. Und die Medien hätten recht. Voller Inbrunst und Überzeugung sagte ich dem Siebten der Weltmeisterschaftswertung, dem Iren Craig Breen, nach dem Start eine Linkskurve an. Als dann doch eine Rechtskurve auftaucht, bringe ich nur ein kleinlautes „Right, I mean“ heraus. Zu schüchtern, zu spät. Bei einem echten Rallye-Weltmeisterschaftslauf, irgendwo in den endlosen Wäldern von Australien oder Wales, hätte sich der Pilot auf meine Ansage verlassen. Und wohl kaum mehr korrigieren können. Doch an diesem Tag ist die Situation eine untypische, jedenfalls für eine Rallye-Sonderprüfung: Der Fahrer kennt die Strecke weit besser als sein Co-Pilot. Hier das Video zum Rallye Co-Drive im Citroën C3 WRC
Hinters Steuer? Keine Chance Doch hier, auf dem Schotter-Rundkurs in Val de Loire, sind die hohen Böschungen an den Kurven-Innenseiten der Knackpunkt: Wer im Kurveneingang den Drift zu früh ansetzt, liegt womöglich im Kurvenausgang auf dem Dach. Wenn der Ire sein Arbeitsgerät jemals einem Journalisten überlässt, dann garantiert nicht auf dieser Strecke. Notizblock statt Lenkrad Am liebsten würde ich die Schuld auf das Citroën C3 World Rally Car abwälzen. Vom Club-Slalom bis zur Rallye-WM müssen die Autos ja häufig als Prügelknabe und Ausrede herhalten. Zu langsam, zu schlecht, monieren Rennfahrer häufig. Das C3 World Rally Car ist - wenn schon - zu gut, zu schnell, um einem Beifahrer-Novizen auch nur einen Augenblick der Konzentration zu gestatten. Schotter-Tanz im World Rally Car Aber noch sind wir auf der Piste, noch tanzt der C3 über den Kurs. Bei aufeinander folgenden Kehren wird der Citroën von einem Drift in den nächsten geworfen, umgesetzt wie ein Snowboard auf einer Schneepiste. Liegt eine kurze Gerade dazwischen, löst Breen den Drift eher mittels Ruck an der hydraulischen Handbremse aus. Ansonsten kann die rechte Hand in der Nähe des Volants bleiben: Das sequenzielle Sechsgang-Getriebe lässt sich per Wippe bedienen. Das Lesen der Pacenotes habe ich nach mehreren gescheiterten Versuchen längst aufgegeben. Zu oft verliere ich den Faden, zu beeindruckend ist dieser C3 auf grobem Schotter - unglaublich, wie souverän das Fahrwerk Schläge wegsteckt, selbst wenn es mal quer durch eine der vielen Mulden geht. Dieser "Schrieb" ist keine Zeitschrift Scott war es, der den Aufschrieb für mich erstellt hat. Und er war es auch, der mir bei der kurzen Einschulung eigentlich noch gesagt hatte: „Die Symbole in meinem Schrieb musst Du spaltenweise von oben nach unten lesen.“ Ich nickte, setzte den Helm auf – und vergaß alles wieder, las den Schrieb von Links nach Rechts als wäre es eine Zeitschrift. zur Streckenführung passte das selten. Klar wird mir das erst, als ich das World Rally Car schon lange verlassen habe. Überwältigung und Überforderung liegen in einem World Rally Car eben dicht bei einander. |
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