• Online: 2.270

Tesla Model S: Wie gut ist der Service - Liegenbleiben mit Tesla

verfasst am

Fast jeder weiß, was passiert, wenn er mit einem Auto wegen Spritmangel liegenbleibt. Aber wie ist das bei einem Luxus-Elektro-Auto? Wir haben es ausprobiert.

Kein Strom mehr: Wir haben getestet, was passiert, wenn einem Tesla Model S der Saft ausgeht Kein Strom mehr: Wir haben getestet, was passiert, wenn einem Tesla Model S der Saft ausgeht Quelle: MOTOR-TALK

Berlin – Ein Weg wurde zum Ziel. Als wir den Akku des Tesla Model S endlich leer gefahren hatten, rollte der Wagen mit letzter Kraft auf einen Feldweg. Weg von der Straße. Danach ging nichts mehr, was Strom braucht. Nur das Warnblinklicht funkte schweigend SOS.

Um einen Tesla soweit zu bekommen, braucht man mehr Willen als erwartet. Denn den 85-kWh-Akku ganz leer zu fahren, gestaltet sich komplizierter als gedacht. Im normalen Straßenverkehr rekuperiert die Limousine immer mal wieder. Deshalb endet unsere Leerfahrt nicht am Nachmittag im Berliner Speckgürtel, sondern gegen 19:30 Uhr bei Neuruppin. Fernab jeder Steckdose, dafür bei Schneeregen in völliger Dunkelheit.

Der Start: MOTOR-TALK-Reporter Anna und Nico neben dem Model S Der Start: MOTOR-TALK-Reporter Anna und Nico neben dem Model S Quelle: MOTOR-TALK

15:44 Uhr: Start zur Leerfahrt

Beim ersten Tritt aufs Gaspedal reißt es die Mundwinkel schlagartig nach oben. Fast genauso schnell beschleunigt der Tesla. Von Null auf 100 in 4,4 Sekunden. Völlig lautlos. Das hat was von Achterbahnfahren. Wir ärgern uns über jede grüne Ampel auf dem Weg zur Autobahn. Zu dem Zeitpunkt haben wir noch rund zwei Drittel Akkuladung. Im Idealfall fährt unser Model S jetzt noch 324 Kilometer weit. Wer genug Leistung einfordert, drückt die Berechnung des Bordcomputers auf 130. Auf der Landstraße steigt die Reichweite zwischenzeitlich wieder auf 212 Kilometer. Erst auf der Autobahn mit hohem Tempo leeren sich die Akkus flotter. Nebenbei bemerkt: Wer den Tesla dort schnell fährt, der spürt den Fahrtwind durch die Türdichtungen pfeifen. Kennt man sonst nur vom G-Modell aus Stuttgart.

Mit zwölf Kilometern Restreichweite verlassen wir um 19:15 Uhr die Autobahn an der Abfahrt Neuruppin. Das Auto mahnt den Fahrer („Charge Now“), eine Ladesäule anzusteuern. Unsere Tester Nico und Anna ignorieren diese Warnung. Zwei Kilometer später zeigt der Bordcomputer 0 Kilometer Reichweite an.

19:25 Uhr: Der Tesla aktiviert den Reservestrom

Wir fahren trotzdem noch. Fünf Kilometer nach der Warnung „Wenig Restreichweite“ schaltet das System die Heizung aus. Die Lüftung bläst kalt ins Auto. Wir schalten sie aus, dadurch beschlagen die Scheiben. Also an und weiter frieren statt blind die Landstraße zu befahren. Das System gibt elektronisch die Tempobremse bei 66 km/h vor. Mit Mühe reicht das, um einen Roller zu überholen.

Um 19:36 Uhr finden wir unser Ziel auf einem Feldweg. Nichts geht mehr. Bis dahin fuhr das Model S bei sehr energiezehrender Fahrweise 177,9 Kilometer weit und verbrauchte 50,8 Kilowattstunden. Ab der Anzeige „0 Kilometer Reichweite“ schafften wir noch fast 20 Kilometer.

19:40 Uhr: Das erste Telefonat mit Tesla

Anruf bei Tesla. Wir sprechen zehn Minuten mit der Service-Hotline. Die Kosten für eine Bergung bei leerer Batterie bestimmt der Abschleppdienst, zusätzliche Service-Gebühren fallen nicht an. Am Telefon sagt uns eine freundliche Dame, dass die erste Bergung für Tesla-Besitzer kostenlos sei. Man könne uns zurück nach Berlin oder zum nächstgelegenen Supercharger nach Neuruppin schleppen. Der würde unser Auto innerhalb von 40 Minuten zu 80 Prozent laden.

Um 19:55 Uhr fährt der Bordcomputer vollständig herunter. Die Akkus versorgen nur noch das Warnblinklicht und jeweils für einen kurzen Moment die Deckenbeleuchtung. Die Scheiben sind vollständig beschlagen, draußen und im Auto ist es stockdunkel, abgesehen vom bläulichen Licht der Handybeleuchtung. Das hat etwas von „Blair Witch Project“. Die Dunkelheit außerhalb des Autos wird selten von vorbeifahrenden Autos unterbrochen. Keines hält an, um Hilfe anzubieten. Dann ruft Tesla an. Man kümmere sich um einen Abschleppservice, der sich mit Elektroautos auskennt und uns zum Supercharger bringt.

Um 20:31 Uhr heißt es, der Abschleppwagen komme in circa einer Dreiviertelstunde. Im Auto ist es fast so kalt wie draußen. Noch 45 Minuten Wartezeit. Teslas Service meldet sich in regelmäßigen Abständen und erkundigt sich höflich nach dem aktuellen Stand. Warme Worte gegen kalte Glieder.

21:35 Uhr: Ein Ersatzauto ist auf dem Weg

Anzeige: Unser hypothetisches Ziel liegt jenseits der Batteriereichweite Anzeige: Unser hypothetisches Ziel liegt jenseits der Batteriereichweite Quelle: MOTOR-TALK 21:35 Uhr, ein weiterer Tesla-Mitarbeiter meldet sich. Er bietet ein Ersatzfahrzeug an. Er sei ohnehin auf dem Weg von Hamburg nach Berlin. Auf Nachfrage erklärt eine Pressesprecherin, dass ein kostenloser Ersatzwagen auf Wunsch Teil des Service ist. Meist ist diese Lösung aber aufwändiger. Im Falle eines leeren Akkus sei es effektiver, zur nächsten Ladesäule geschleppt zu werden. Der Abschlepper müsse sonst erst den Ersatzwagen holen – das koste Zeit.

Um 22:06 Uhr kommt endlich der Abschlepper. So sehr sich Tesla um Freundlichkeit bemüht, am Ende ist es der Mann mit dem Kranwagen, der vor Ort helfen muss.

Der Fahrer arbeitet für ein Dritt-Unternehmen, findet unsere Panne „überhaupt nicht witzig“. Wir freuen uns über seine aufgeheizte Fahrerkabine, in der es nach Schweiß und Schmiere riecht. Witzig war es für uns nämlich auch nicht, 2 1/2 Stunden zu warten. Immerhin befinden wir uns nur 80 Kilometer von Berlin entfern. Es folgt Ratlosigkeit: Der Fahrer weiß nicht, wie er unser Model S auf die Pritsche laden soll. Der Wagen liegt für seinen Kran zu tief. Die Tesla-Hotline hilft.

Um 22:40 Uhr kommt der Tesla-Mitarbeiter. Er hilft sofort, übernimmt freundlich unseren Testwagen und kümmert sich um Abschlepper und Ladevorgang. Wir fahren im Ersatzwagen nach Berlin. Nach einer Stunde wird uns langsam warm. Am nächsten Morgen sollen die Autos zurückgetauscht werden.

Tesla Model S mit leerem Akku: Fazit und Vergleich

Ein Bild mit unseren Rettern: Ein Abschleppservice kümmert sich um unser Auto, ein Tesla-Mitarbeiter bringt den Ersatzwagen Ein Bild mit unseren Rettern: Ein Abschleppservice kümmert sich um unser Auto, ein Tesla-Mitarbeiter bringt den Ersatzwagen Quelle: MOTOR-TALK Ohne Kraft jenseits vom Kaff sind alle gleich: Welcher Wagen dort auch immer liegenbleibt, alle müssen gleich lang auf den Abschleppservice warten. Wer dem helfen möchte, der erhöht die Bodenfreiheit des Tesla rechtzeitig aufs Maximum – sonst passt der Kran nicht unters Auto. In seiner Elektroauto-Schulung hat unser Helfer nichts zu diesem Thema gelernt. Dafür aber, wie er die Starkstromleitungen trennt.

Wer ein Model S leer fährt, der hat es provoziert – oder enormes Pech mit defekten Ladesäulen. Bei der ersten Reichweitenpanne hilft der Hersteller kostenlos und stellt auf Wunsch einen Ersatzwagen zur Verfügung.

Andere Hersteller machen das ganz ähnlich: Nissan schleppt Leaf-Fahrer im ersten Jahr kostenlos zur Ladesäule. Bei Renault umfasst der Batterie-Mietvertrag den Abschleppservice zu einer Ladestation oder einem Händler im Umkreis von 80 Kilometern. Mitsubishi hilft im Rahmen der Mobilitätsgarantie ebenfalls kostenlos, BMW schickt den Service mit einem mobilen Ladegerät.

Wenn der Hersteller nicht hilft, kümmern sich die Automobilclubs um leere Elektroauto-Batterien. ADAC und ACE nehmen Reichweiten-Pokerspieler auf die Pritsche und bringen sie zur Ladesäule. Für ADAC-Mitglieder ist dies immer, für ACE-Mitglieder bis zu einer Entfernung von 75 (Inland) bzw. 100 Kilometer (Ausland) kostenlos. In allen Fällen müssen die Passagiere mit Wartezeiten rechnen.

Avatar von SerialChilla
VW
427
Hat Dir der Artikel gefallen? 34 von 46 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
427 Kommentare: