Standardtechnik und Biederkeit treffen auf Reifenschlupf bei 120 km/h: Der Audi RS7 Performance ist laut, teuer und viel zu schnell. Der teuerste RS-Audi im Test.
Berlin – Natürlich geht es um Geld. Manche Leute sprechen nicht gern drüber, es könnte ja unangenehm werden. Denn so richtig kann man Autos wie den Audi RS7 Performance nicht rechtfertigen. 121.700 Euro für ein Auto mit 605 PS? Naja. 14.000 Euro, damit er so schnell fährt wie er klingt? Oha. 500 Euro für Carbon-Verzierungen auf der Motorabdeckung? Das ist doch nicht der Foliatec-Katalog! Der RS7 Performance ist teuer, sehr sogar. Die Preisliste unseres Testwagens fasst 159.775 Euro für Auto und Ausstattungen zusammen. Dafür gibt es unvernünftig viel Leistung, die Audi irgendwie in einen vernünftigen Rahmen presst – sofern man noch von Vernunft sprechen kann. Allradantrieb und eine vorsichtige Abstimmung machen ihn beherrschbar. Sein V8 macht ihn gefährlich schnell. Was er sonst noch kann, klären wir im Detail-Check. Karosserie: Schmales Blechkleid, große BlendenQuelle: MOTOR-TALK Die RS-Technik steckt in der normalen A7-Karosserie. Anders als üblich verbreitert Audi nichts. Klar, das Top-Modell bekommt dicke Schweller, große Schürzen und einen riesigen Diffusor. Das Blech bleibt aber schmal. Aus praktischen Gründen: In seiner Basisversion ist ein Audi A7 nur zwei Zentimeter schmaler als ein Audi RS6. Der wiederum ist sechs Zentimeter breiter als ein Audi A6. Käme so viel zusätzliches Radlaufblech beim RS7 hinzu, wird es im Parkhaus zu kuschelig. RS durch Plastik, könnte man sagen. In die beiden Endrohrblenden passt je eine ganze Faust, in die vier echten Endrohre je ein Hühnerei. Gewichtsklasse "S". Die Front besteht fast ausschließlich aus Kühlergrill mit Wabenmuster. Der RS7 braucht die zusätzliche Luft, seitlich hinter der Schürze sitzen die Ladeluftkühler. Der Quattro-Schriftzug unter dem Kennzeichen lässt sich abbestellen. In der passenden Farbe wirkt der RS7 dann fast dezent – zum Beispiel in jenem Ascari-Blau, das Audi gegen Aufpreis aufs Auto sprüht. Fahrwerk: Adaptive Dämpfer und Allradantrieb gegen zwei TonnenWeniger dezent: In der Basisversion wiegt der Audi RS7 Performance 2.005 Kilogramm. Damit liegt er zwischen BMW M6 Competition Gran Coupé (600 PS, Hinterradantrieb, 1.950 kg) und Mercedes CLS 63 AMG S 4Matic (585 PS, Allradantrieb, 2.025 kg). Trotzdem: Zwei Tonnen lasten schwer auf den Achsen – zumal der V8 weit vorn nach unten drückt. Quelle: MOTOR-TALK Die Ingenieure versuchen dagegen an zu entwickeln. Wandler und Antriebswellen tauschen im Getriebe ihren Platz, der Motor rutscht nach hinten, aber nur ein bisschen. 56 Prozent des Gewichts lasten auf der Vorderachse, 44 Prozent hinten. Der Allradantrieb bekommt ein selbstsperrendes Mittendifferenzial, optional helfen ein Sportdifferenzial an der Hinterachse (1.050 Euro) und ein adaptives „DRC“-Fahrwerk (950 Euro). Eine leichtgängige Lenkung überspielt die Antriebseinflüsse im Lenkrad. Für 1.150 Euro Aufpreis wird sie auf Knopfdruck straffer und fühlt sich direkter an („Dynamiklenkung“). All das macht nicht leicht, aber einen schlanken Fuß. Natürlich tänzelt der RS7 nicht durch Kurven wie ein Lotus. Aber es schiebt ihn längst nicht so stark nach außen wie alte Audi Achtzylinder. Er zirkelt neutral, kann übersteuern – knickt beim Versuch aber oft vorn ein. Mit aktivierter Stabilitätskontrolle sowieso. Sicherheitshalber. Antrieb: 605 PS, 305 km/h SpitzeMit der Längsdynamik hat der RS7 Performance keine Probleme. Sein 4,0-Liter-V8-Biturbo leistet 605 PS und bis zu 750 Newtonmeter Drehmoment. Allradantrieb gibt es bei RS-Modellen serienmäßig. Dazwischen sitzt im RS7 eine Achtgang-Automatik von ZF. Damit sprintet der Viertürer in 3,7 Sekunden auf Tempo 100. Nach zwei Tonnen fühlt sich das nicht an. Seine volle Leistung fährt der RS7 Performance nur gegen Aufpreis aus: 14.000 Euro kostet die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 305 km/h im „Dynamikpaket Plus“. Enthalten sind Sportdifferenzial, Keramikbremse (sonst: 9.800 Euro), Dynamiklenkung, das adaptive Sportfahrwerk, eine leicht veränderte Achsgeometrie und mehr Druck auf den Hinterreifen. Außerdem gehören Matrix-LED-Scheinwerfer (960 Euro) zum Paket. Quelle: MOTOR-TALK Den Achtzylinder setzt Audi in Leistungsklassen zwischen 520 und 605 PS ein. Zwei Twinscroll-Lader sitzen zwischen den Zylinderköpfen, die Ansaugseite sitzt außen. Bei Teillast schaltet er vier Zylinder ab. Aktive Motorlager gleichen dann ungünstige Schwingungen aus. Gegenüber den Basismodellen bekommt er im RS7 Performance modifizierte Turbos und eine neue Software. Außerdem fehlt ihm eine Drossel im Ansaugtrakt. In Audi RS6 Performance und S8 Plus sitzen identische Motoren. Schnell geradeaus mag der RS7 besonders gern. Ist die Trägheit der ersten zwei Meter überwunden, prescht die Fuhre mit der Gewalt eines Auffahrunfalls nach vorn. Das Moment kommt schnell und stark. Langsamer wird es erst ab Tempo 280, die 300 knackt er spielerisch. Bei nasser Straße meldet das ESP bei Vollgas bis 120 km/h Schlupf an den Rädern. Keine Leistung, die man ausfahren sollte. Vielmehr eine Souveränität, die man als Gentleman schweigend genießt. Dann pendelt sich der Verbrauch bei rund zwölf Litern ein. Mehr Spaß kostet mehr Sprit. Innenraum: Für die Klasse zu kleinBis zur B-Säule leistet sich der RS7 Performance keine Fehler: Bequeme Sportsitze, Leder und Alcantara, Carbon-Einlagen, gute Ergonomie, tolle Verarbeitung. Dahinter wird es aber unbequem – für ein Auto der Oberklasse bietet der RS7 zu wenig Platz. Es wird eng an Knien und Kopf. Letzteres ist der abfallenden Dachlinie geschuldet. Dafür passt der Kofferraum: 535 bis 1.390 Liter sind in Ordnung. Ärgerlich: Das Leder an der linken Fahrersitzwange unseres Testwagens knautschte, trotz einer Laufleistung von erst 15.000 Kilometern. Außerdem rieb die Gurtfalle am Sitz und zwitscherte unschön. Infotainment: Smartphone-UpdateQuelle: MOTOR-TALK Lange wird es den Dreh-Drück-Schalter in Audi-Modellen nicht mehr geben. 2017 startet der neue A8, mit ihm eine neue Touch- und Gesten-Bedienung. A6 und A7 folgen kurz darauf. Bis dahin bleibt es bei einer Mischung aus Rädchen und Touchpad. Das funktioniert gut und simpel, wirkt aber nicht mehr ganz frisch. Zum Modelljahr 2017 hat Audi überfällige Funktionen ergänzt. Das Infotainment-System unterstützt nun die Smartphone-Standards Apple CarPlay und Android Auto. Die einfache Kopplung per Bluetooth klappt problemlos und störungsfrei. Preis: Der teuerste Audi mit fünf TürenDer RS7 ist ein Kompromiss. Für einen Sportwagen zu dick und zu vorsichtig, für eine heiße Familienkutsche zu klein – der (technisch fast identische) RS6 packt mehr ein und kostet weniger. Aber seine Nische ist relevant: Beide Konkurrenten aus Süddeutschland bauen vergleichbare Autos. Starke Gran-Turismo-Modelle mit fünf Türen. Nicht so bieder wie Kombis oder Limousinen und auf der Geraden kaum langsamer als viele Sportwagen. Einen normalen RS7 bietet Audi nicht mehr an. Das Performance-Modell kostet mindestens 121.700 Euro. Teurer ist bei Audi nur der R8. Die Keramikbremse sollte auf jeden Fall an Bord sein. Zur Vmax-Anhebung fehlt dann nicht mehr viel. Die Sportabgasanlage mit Klappentechnik für 1.000 Euro gehört für uns ebenfalls ans Auto – 605 PS dürfen prötzeln und knallen. Im Verhältnis ist der RS7 fast ein Schnäppchen: Der wildere BMW M6 Gran Coupé kostet mindestens 131.400 Euro, mit 600 PS im Competiton-Paket 139.900 Euro. Der weichere Mercedes CLS 63 S AMG 4Matic kostet 131.673,50 Euro. Technische Daten: Audi RS7 Performance
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