Ein schwedisches Amtsgericht verschafft Saab eine allerletzte Chance, einen Aufschub, mal wieder. Experten glauben nicht mehr an ein Comeback der einstigen Kultmarke.
Stockholm - "Der Saab 9-3 ist zurück. Eine aufregende Zukunft steht bevor". Das steht auf der Homepage des schwedischen Autobauers Saab. Der Eintrag stammt aus dem Dezember 2013. Da sollte es mal wieder aufwärts gehen in Trollhättan. Bei Saab steht leider nicht nur die Pflege der Homepage still. Das chinesische Konsortium National Electric Vehicle Sweden (Nevs) hatte das verschuldete Unternehmen gekauft, nachdem der bisherige Eigner Spyker Cars lange gegen die Pleite gekämpft hatte. Aber noch vor dem Mittsommerfest stoppte die Produktion wieder. . Saab, die schwedische Auto-Ikone, ringt seit Jahren ums Überleben. Der Autobauer schreibt schon lange keine schwarzen Zahlen mehr, wurde immer wieder verkauft, jede Sanierung ist bisher gescheitert. Kurzes LuftholenNun hat das Amtsgericht Vänersborg den Weg frei gemacht für ein weiteres Sanierungsverfahren unter Gläubigerschutz. Das gibt den chinesischen Saab-Eignern etwas Luft, andernfalls hätten Forderungen der Zulieferer sofort die erneute Pleite bedeutet. Saab steht mit rund 400 Millionen schwedischen Kronen (44 Mio. Euro) in der Kreide. Viele Gläubiger drohen mit dem Gerichtsvollzieher. Auch um den Namen Saab muss Nevs fürchten: Durch eine Lizenzvereinbarung konnte das Konsortium die Marke bislang für den Verkauf seiner Autos nutzen. Dieses Abkommen müsse im Licht der Ereignisse neu verhandelt werden, befand das Gericht. Die Chinesen, eben noch selbst als Retter aufgetreten, suchen rettende Investoren. Nevs verhandelt nach eigenen Angaben mit zwei internationalen Autobauern. Die Mehrheit der 900 Zulieferbetriebe will das Ergebnis der Gespräche abwarten: "Wir beabsichtigen, die Schulden an unsere Zulieferer voll zu begleichen", versichert Nevs-Präsident Mattias Bergman. Experten: "Das ist das Ende"Branchenkenner sehen trotzdem schwarz für die Kultmarke. "Das ist keine Krise, das ist das Ende", meint Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. "Ich glaube, dass Saab als Hersteller untergehen wird", sagt auch Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Dabei standen Saab-Automobile seit 1947 für Fortschritt, für ungewöhnliche Formen, für Qualität und aufwendige Sicherheitstechnik. Saab hatte nie einen großen Markt, aber lange eine erfolgreiche Nische. "Es war ein Kultfahrzeug mit großer Liebhabergemeinde", sagt Dudenhöffer. "Die waren hochinnovativ. Jeder wusste, Saab ist was Besonderes." Die Ursache für den Niedergang sehen die Experten mit der Übernahme durch den US-Konzern General Motors (GM). Die Amerikaner übernahmen Saab 1990 zur Hälfte und kauften zehn Jahre später auch den Rest. GM hat Saab genauso heruntergewirtschaftet wie Opel, glaubt Autoexperte Dudenhöffer. Der US-Konzern habe an Bauteilen gespart und versucht, maximale Gewinne zu erzielen. "Das musste schiefgehen", sagt er. Die Verkaufszahlen brachen ein, die Kultautos wurden zu Ladenhütern. "Der Markenwert des Unternehmens ist ausgeblutet", meint Dudenhöffer. Der 2009 selbst bankrotte GM-Konzern verkaufte Saab 2010 schließlich an den kleinen niederländischen Sportwagenbauer Spyker. Ende 2011 beantragten die Schweden Insolvenz, damals scheiterte die Sanierung mit Gläubigerschutz. Mitte 2012 ging die Marke schließlich an das chinesische Konsortium Nevs. Ein Hoffnungsschimmer für das Werk und die Mitarbeiter. "Der Zug ist abgefahren"Im Dezember 2013 rollten dann tatsächlich wieder die ersten Autos vom Band. Das alte Modell Saab 9-3 sollte den Autobauer wieder nach vorne bringen. "Eigentlich wäre China nicht der schlechteste Partner, aber er muss finanzkräftig sein und langen Atem haben", sagt Bratzel. "Das ist augenscheinlich nicht so." Nicht einmal ein halbes Jahr später stand die Produktion wieder still, weil das Geld ausging. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es möglich ist, Saab wiederzubeleben. Der Zug ist abgefahren", meint Dudenhöffer. Der Markt sei weggebrochen, die Marke kaputt. "Saab steht mehr oder minder vor dem Nichts", sagt auch Bratzel. Der neue Gläubigerschutz verzögere höchstens das Ende. "Eventuell haben sie jetzt ein paar Wochen mehr Zeit." Zuversicht vermitteln nur noch die veralteten Einträge auf der Webseite. Nevs kündigt dort noch an, Saab wolle ein führender Hersteller von E-Autos werden, vor allem für den chinesischen Markt.
Quelle: dpa |