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"Projekt1310": Ein alter Dacia 1310 tx als Kunstprojekt - Mehr als ein Haufen Altmetall

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Dieser Ost-Renault ist nicht einfach ein altes Auto, sondern Kunst: Mit einem wieder aufgebauten Dacia Baujahr 1985 übt ein junger Künstler aus Österreich Konsumkritik.

Thomas Sailer mit seinem Dacia 1310, Baujahr 1985: Dieser Ostblock-Renault ist nicht einfach ein altes Auto, sondern Kunst Thomas Sailer mit seinem Dacia 1310, Baujahr 1985: Dieser Ostblock-Renault ist nicht einfach ein altes Auto, sondern Kunst Quelle: Thomas Johannes Sailer

Eisenstadt/Österreich – Wenn coole Oldtimerfans coole und hippe Oldtimer aufzählen, fällt der Name Dacia 1300 üblicherweise nicht. In den 1960er-Jahren kaufte die rumänische Regierung aus Frankreich Maschinen und die Erlaubnis ein, den Renault 12 in Lizenz zu produzieren. Dacia baute das Modell in der Folge von 1969 bis 2004.

Bei seinem Erscheinen ein hochmodernes Familienauto, war der Dacia 1985 bereits hoffnungslos veraltet – dieses Schicksal teilte er mit anderen Osteuropa-Autos seiner Zeit, wie dem Wartburg, Trabant oder Lada Nova. Wie diese flogen viele der fast zwei Millionen produzierten Dacia 1300 im Austausch für modernere Modelle auf den Schrott.

Zwischen 1969 und 2004 produzierte Dacia fast zwei Millionen Stück des in Lizenz kopierten Renault 12 Zwischen 1969 und 2004 produzierte Dacia fast zwei Millionen Stück des in Lizenz kopierten Renault 12 Quelle: Thomas Johannes Sailer

Statement gegen Verschwendung

Der Dacia 1310 tx von Thomas Sailer entkam diesem Schicksal irgendwie und darf nun ein zweites Leben als Kunstobjekt führen. Der 28-Jährige machte sich in Österreich einen Namen als Buchautor, und baut mit dem frisch gebackenen Oldtimer (Baujahr 1985) nun ein aktionskünstlerisches Fundament für den Helden seines Debut-Romans: „Der Freizeitpionier“.

Dem jungen Künstler geht es im Kern um Konsumkritik. Der Dacia sei „mehr als ein Haufen Altmetall": Er sei ein Statement dafür, Dinge zu verwenden statt sie zu verschwenden. Dinge, deren Nutzung in der Gesellschaft jedoch praktisch undenkbar sei. Es handele sich nicht um „gesellschaftskonforme Kapazitäten“, wie sie neue Autos darstellten. Dabei, glaubt Sailer, bedeutet ein altes Auto die Freiheit, nicht permanent in einem Leasingvertrag festzusitzen – „nur damit die Nachbarn uns nicht blöd anschauen und die Industrie sich über gute Absatzzahlen freut“.

Diese Gedanken unterscheiden sich allenfalls durch ihr explizites Niederschreiben von der Motivation vieler Fahrer alter Autos, die für wenig Geld etwas Besonderes suchen. Sailer suchte jedoch gezielt nach einem billigen Oldie für ein Kunstprojekt, nicht nach einem Auto zum Fahren.

Der Dacia 1310 sei lange im ungarischen Sopron gefahren und stand zuletzt auf einem Privatgrundstück im Burgenland – mit Unfallschaden. 280 Euro zahlte Sailer für den Rumänien-Renault. Ein Handyvideo zeigt die Überführung auf eigener Achse. „Wir konnten maximal 60 km/h fahren, der Vergaser war hinüber, und die Bremsen auch“, erzählt Sailer.

Sailer zeigte seinen Dacia vor Kurzem zum ersten Mal auf dem Campus der FH Burgenland in Eisenstadt (Österreich) Sailer zeigte seinen Dacia vor Kurzem zum ersten Mal auf dem Campus der FH Burgenland in Eisenstadt (Österreich) Quelle: Thomas Johannes Sailer

Foliert, aber nicht zugelassen

In Eigenleistung reparierte Sailer den Dacia, nur die Benzinpumpe ließ er in einer Werkstatt wechseln. Die Reparatur sei einfach gewesen, aufgrund der simplen Technik, sagt Sailer – auch dieses Argument kennt man von Oldtimer-Fans.

Abschließend erhielt der Wagen eine Folierung „Sei Freizeitpionier!“, eine Zulassung erhielt er bisher nicht. Vorläufig, sagt Sailer, werde die Limousine nur als Ausstellungsstück genutzt. Mittelfristig träumt er davon, mit dem Wagen an Oldtimer-Rallyes teilzunehmen.

Das Burgenland im äußersten Osten Österreichs misst an seiner schmalsten Stelle nur vier Kilometer und grenzt auf gesamter Länge an Ungarn. Wo Tiroler nach Bayern oder Italien schauen, geht der Blick hier nach Osten. Trotz dieser Nähe zum ehemaligen Ostblock empfindet Sailer den Dacia 1310 tx als „ungewöhnlichen Oldtimer“, ein Golf II oder Ähnliches sei nicht in Frage gekommen.

Als „vergessenes“ automobiles Kulturgut steht der Renault-12-Nachbau für ein Stück Wirtschaftsgeschichte des Kalten Krieges. Sein Nachfolger, der Dacia Logan, wird übrigens bis heute produziert.

Video: Überführung des Dacia auf eigener Achse

Avatar von bjoernmg
Renault
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