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Yamaha Niken "Dreirad" 2018: Erster Test, Fahrbericht, Technik - Mehr Gummi auf die Straße

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Die Yamaha Niken kommt als erstes Motorrad der Welt mit zwei Vorderrädern und vier Telegabel-Holmen. Die erste Testfahrt hinterließ einen bis zu 45° schrägen Eindruck.

Yamahas Niken kommt mit gewöhnungsbedürftiger Optik. Aber wer schwierigen Untergrund gewältigen muss, akzeptiert schnell die Vorteile des Dreirad-Konzepts Yamahas Niken kommt mit gewöhnungsbedürftiger Optik. Aber wer schwierigen Untergrund gewältigen muss, akzeptiert schnell die Vorteile des Dreirad-Konzepts Quelle: Yamaha

Kitzbühel - Sie haben Jahre gebraucht bei Yamaha, um sich vom Schock mit der GTS 1000 zu erholen. Achsschenkellenkung, Leichtmetallrahmen in Form eines Omega, geregelter Kat, ABS: Das 1993 präsentierte Touring-Motorrad besaß anspruchsvolle Technik und floppte am Markt. Erst 25 Jahre später, erscheint mit der Niken (sprich „Naiken“) wieder eine technische Revolution von Yamaha: Zwei relativ kleine Vorderräder sind technisch anspruchsvoll miteinander verbunden und sollen ein sportlich-agiles und zugleich sicheres Schräglagenverhalten ermöglichen.

Ein Wagnis für Yamaha, denn eine Erfolgsgarantie gibt es heute so wenig wie 1993. Kann so etwas Spaß machen? „Mehr Gummi auf die Straße bringen“, das war die Ausgangsüberlegung des Projektteams. Ziel war mehr Fahrspaß, insbesondere bei schwierigen äußeren Bedingungen, und weniger Stress für den Fahrer.

14 Jahre dauert die Projekt- und vier Jahre die konkrete Entwicklungsarbeit. Schon nach rund 80 Kilometern lautet unser erster Eindruck: Bei diesem Motorrad handelt es sich um einen höchst speziellen Fall. Mit dem Potenzial, die Zweiradwelt der Zukunft nachhaltig zu beeinflussen.

Warum die Niken Niken heißt

Yamaha Niken: Blick auf die Anzeigeinstrumente Yamaha Niken: Blick auf die Anzeigeinstrumente Quelle: Yamaha Warum heißt sie überhaupt Niken? Ni („nai“) bedeutet zwei, mit Ken werden Krummschwerter bezeichnet. Die radialen Spuren der beiden Vorderräder führten zu der Modellbezeichnung. Zwar steht bei Motorrädern üblicherweise das Herz des Fahrzeugs, also der Motor, im Mittelpunkt der journalistischen Betrachtung. Im Falle der Yamaha Niken geht es natürlich vor allem um das bislang einmalige Fahrwerk und damit das Fahrerlebnis. Der Motor, ist ein nur geringfügig modifizierter Crossplane-Dreizylinder aus der MT-09-Modellreihe. Auch in der Niken misst er 847 ccm Hubraum und leistet 115 PS. Ein prima Antrieb: Drehfreudig, laufruhig, durchzugsstark, dazu sparsam.

Was kann es nun, das Fahrwerk? Wer jemals einen Dreiradroller mit Neigefunktion wie den enorm erfolgreichen Piaggio MP3 gefahren ist weiß, dass sie zwar viel Fahrstabilität und damit deutlich mehr Fahrsicherheit bieten. Die Trägheit des Lenksystems wie auch das hohe Gewicht sorgen aber für einen eklatanten Mangel an Agilität. Die Vorteile des Konzepts sind in der Praxis dennoch für viele so überzeugend, dass genannter MP3 zum Beispiel im Großraum Paris seit Jahren das meistverkaufte Zweirad ist.

Gewohnt spontan, aber stabiler

Yamaha hat es geschafft, die Schwächen dieser Dreiradroller von der Niken fernzuhalten. Die ausgeklügelte Vorderradführung nach dem System Ackermann mit doppeltem Parallelogramm sowie den blau eloxierten doppelten USD-Telegabeln lässt die Niken ähnlich spontan in Kurven einlenken wie ein konventionelles Motorrad. Die Leistung des Dreizylinders genügt, um den Gewichtsnachteil von einem Zentner gegenüber der identisch motorisierten Tracer 900 wettmachen zu können. Spürbar bleibt das Mehrgewicht dennoch.

Der Gewichtsnachteil vorn beträgt rund 50 Kilo - spürbar, aber kein echtes Problem Der Gewichtsnachteil vorn beträgt rund 50 Kilo - spürbar, aber kein echtes Problem Quelle: Yamaha Auf einem optimalen Fahrbahnbelag mag ein konventionelles Motorrad also leichte Vorteile haben. Kommen Frostaufbrüche, Buckel, Ölflecken, nasses Laub, Sand oder nasse Stellen ins Spiel, dreht sich das Blatt zugunsten der Niken. Die beiden Vorderräder bauen einen ausgezeichneten Grip auf und verschieben die feine Linie zwischen konzentriertem Fahren und Stress wahrnehmbar ins Positive. Anders formuliert: Dieselbe Passage, die man mit einem konventionellen Zweirad derselben Gewichtsklasse mit leichter Anspannung durchfährt, absolviert man auf einer Niken so deutlich lockerer, dass sich selbst auf schwierigen, anstrengenden Etappen noch reichlich Fahrfreude einstellt.

Das höhere Vertrauen in die Seitenführungskräfte der beiden Vorderräder lässt den Fahrer nicht nur weniger ermüden, sondern auch freudvoller am Lenker agieren. 45 Grad beträgt die technisch mögliche Schräglage, und an diesen Wert tastet man sich bereits nach kurzer Gewöhnung problemlos heran. Wer auch bei großen Schräglagen stets „auf Zug“ bleibt, wird vom unschönen „Einknicken“ der Räder verschont.

Konzept mit Potenzial

Knapp unter 15.000 Euro kostet die Niken, wenn sie ab dem September zur Auslieferung kommt. Eine Reservierung ist bereits online möglich. Rund 100 Kaufanfragen registrierte Yamaha-Europa in den ersten 48 Stunden. Ob daraus am Jahresende 250 oder 500 in Deutschland verkaufte Niken werden, weiß noch niemand.

Was Yamaha durchaus weiß ist, dass die Etablierung eines so ungewöhnlichen Fahrzeugs Zeit braucht und Aufwand erfordert. Beides will man sich leisten. Das Konzept des dritten Rades ist so überzeugend, dass es in der Tat großes Potenzial bietet. Wer weiß, vielleicht gibt es schon in drei, vier Jahren eine Niken-Schwester mit 160 PS starkem Crossplane-Vierzylindermotor. Dann spielt das Mehrgewicht bestimmt keine Rolle mehr. Voraussetzung ist, dass Biker das Konzept akzeptieren – und nicht etwa auf Motorradtreffen anfangen, über „Stützräder“ zu lästern.

Technische Daten - Yamaha Niken

  • Motor: Flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Reihenmotor, 12 Ventile, DOHC, 847 ccm Hubraum, 85 kW/115 PS bei 10.000 U/min, 84,6 Nm bei 8.500 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kettenantrieb
  • Fahrwerk: Hybrid-Brückenrahmen aus Stahlrohren und Aluminium; Parallelogramm-Vorderradführung mit doppelten USD-Telegabeln ø 41 mm u. 43 mm, voll einstellbar, 11 cm Federweg; Leichtmetall-Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, Vorspannung mit Handrad sowie Zugstufe einstellbar, 12,5 cm Federweg; Aluminiumguss-Räder; schlauchlose Reifen 120/70 R 15 (vorne) und 190/55 R 17 (hinten). Zwei Scheibenbremsen vorne je 26,56 cm, 29,8 cm Einscheibenbremse hinten
  • Assistenzsysteme: Zweikreis-ABS, drei Fahrmodi , zweistufige, abschaltbare Traktionskontrolle, Antihopping-Kupplung, LED-Beleuchtung, Einwege-Schaltassistent, Tempomat
  • Maße und Gewichte: Radstand 1,51 m, Sitzhöhe 82 cm, Gewicht fahrfertig 263 kg, Zuladung 195 kg; Tankinhalt 18 Liter
  • Fahrleistungen: Vmax: 190 km/h; Normverbrauch lt. EU4: k. A.
  • Preis: 14.995 Euro

 

Quelle: SP-X (Ulf Böhringer)

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