Der AvD-Oldtimer-Grand Prix findet bereits zum 39. Mal statt. Und auch wenn es manche Kopie gab, das Original bleibt unerreicht. In diesem Jahr rollt er vom 12. bis zum 14. August über den Nürburgring. Müssen das paradiesische Zeiten gewesen sein: "Das ist mir zu langweilig", denkt sich der junge Jurist Hubertus Graf Dönhoff, während sein Blick über die Sammlung betagter Rennwagen schweift. "Die gehören auf die Rennstrecke", murmelt er. Im Deutschland der frühen 70er interessiert sich kaum jemand für "olle" Rennwagen. Also mietet der Herr Graf an einem Sommertag die Betonschleife des Nürburgrings und bittet ein paar gleichgesinnte Freunde dazu. So 30 Autos werden es gewesen sein. Genau führt niemand Buch. Es soll einfach nur Spaß machen. Eine der bedeutendsten historischen Rennveranstaltungen der Welt Mittlerweile ist aus dem Spaß an der Freude eine der bedeutendsten historischen Rennveranstaltungen der Welt geworden. Bis heute aber sorgt Graf Dönhoff dafür, dass bei allem Streben nach preußischer Rennorganisation beim AvD-Oldtimer-Grand Prix der Spaß für die historischen Racer nicht auf der Strecke bleibt. Hinter den Kulissen setzt er sich mit großer Leidenschaft dafür ein, dass sein Ursprungsgedanke nicht verloren geht. Gerade auch die ausländischen Teilnehmer des AvD-Oldtimer-Grand Prix wissen das zu schätzen und kommen deshalb Jahr für Jahr gern wieder. Rund die Hälfte der Starter gehört zu dieser Gruppe. Außerdem lieben sie "The Oldtimer" wegen des Nürburgrings und natürlich wegen der Nordschleife, der schönsten und gefährlichsten Rennstrecke der Welt. Es war wohl eine der besten Ideen der Organisatoren, den einst auf dem Grand-Prix Kurs ausgetragenen Marathon des AvD-Oldtimer-Grand Prix am ersten Veranstaltungstag auf die 20,8 Kilometer lange ursprüngliche Strecke zu verlegen. Zwar waren dadurch die Rennsportwagen nicht mehr startberechtigt, weil sie auf der Nordschleife nicht mehr fahren dürfen. Doch der Gewinn an Fahrspaß auf der Rennpiste klassischer Schule für die Piloten der GT und Tourenwagen war ungleich größer. Unvergesslich werden die Husarenritte von Freddy Kottulinsky und Tommy Brorsson im Lotus Elan, die vier Mal in Folge den Gesamtsieg feierten. Etliche Piloten mit wesentlich leistungsstärkeren Autos trieben sie in tiefste Verzweiflung, die in der "Pistenklause" oder bei Josef Moré an der Bar im Dorint-Hotel ertränkt werden musste. Doch spätestens dort wurde auch dem verbissensten Fahrer klar, dass Platzierungen und Pokale beim AvD-Oldtimer-Grand Prix einerlei sind. Es geht beim AvD-Oldtimer-Grand Prix ganz einfach um ein paar schöne Tage rund um historische Rennwagen, garniert mit den Legenden und Histörchen aus den vergangenen Tagen. Den Zuschauern geht angesichts der schier unfassbaren Vielfalt an Fahrzeugen beim AvD-Oldtimer-Grand Prix schnell der Überblick verloren. Autos mit Geschichte, Rennsport ohne Distanz Doch egal: Wer weiß, ob der Ferrari 196 S mit der Haifischnase im nächsten Jahr wieder beim AvD-Oldtimer-Grand Prix dabei ist oder Klaus Ludwig noch mal ins Cockpit eines Porsche 935 klettert. Oder ob August Deutsch seinen Porsche 908/2 nochmal so präpariert, als hätte er gerade erst in Le Mans im Auftrag von Steve McQueen meterweise Filme mit packenden Rennszenen gesammelt. Zu jedem Auto beim AvD-Oldtimer-Grand Prix gibt es mindestens eine Geschichte zu erzählen. Und das sind meist keine Kurzgeschichten. Das Fahrerlager ist voller offener Bücher, mit vergilbten Seiten, manche sogar ölverschmiert. Distanz ist hier beim AvD-Oldtimer-Grand Prix ein Fremdwort. Die offenen Boxentore lassen die Besucher so dicht an die Autos heran wie nirgends sonst. Der Begriff des "offenen Fahrerlagers" ist hier Wirklichkeit. Ein Besuch gehört unbedingt dazu. Es soll Besucher geben, die während des ganzen Wochenendes nicht ein Mal auf der Tribüne gesessen haben. Nach einer Verschnaufpause im Motor Klassik-Zelt führt der Weg zum Parc Fermé, wo gerade die Porsche 935, BMW M1 und Ford Capri knisternd von der 30-Minuten-Hatz auskühlen, während sich die erfolgreichen Piloten mit Sekt duschen. Aus der Hektik der Startvoraufstellung führt der Weg hinunter in die Idylle des historischen Fahrerlagers. Die Atmosphäre hier wird vom Club Historischer Renn- und Sportwagen Nürburgring (CHRSN) gepflegt. Der Club wurde 1973 nur zu dem Zweck gegründet, ein Mal im Jahr dieses Fest namens AvD-Oldtimer-Grand Prix zu veranstalten. In der einmaligen Wellblechkulisse des ursprünglichen Fahrerlager wirken die historischen Rennwagen beim AvD-Oldtimer-Grand Prix , als wäre die Zeit in den fünfziger Jahren stehen geblieben. Aus einer engen Garage dringt das Motorgeräusch eines Maserati-Sechszylinders, der für das letzte Rennen des Samstags warmläuft. "Wenn ich hier im alten Fahrerlager keinen Platz bekäme, würde ich gar nicht kommen", sagt der Fahrer zu einem Gast. Dann klettert er in seinen Rennsportwagen, den einst der Schweizer Benoit Musy gefahren hat, und verschwindet Richtung neues Fahrerlager im langen Tunnel, in dem der Klang des wunderbaren Dreiliter-Sechszylinders so herrlich widerhallt. Das Einstunden-Rennen für die Rennsportwagen und GT ist gestartet. Die Dämmerung bricht herein, und die Autos sind nur noch durch die Scheinwerfer auszumachen. Das OGP-Gefühl Spätestens jetzt spürt man dieses ganz spezielle AvD-Oldtimer-Grand Prix-Gefühl, das es nur im großen Erlebnispark der Motorsportgeschichte gibt. Ein lebendiges Museum, das jedes Mal neue Eindrücke bietet. 2011 ist das große Jahr des Jaguar E-Type. Zum goldenen Jubiläum gibt es eine eigene Rennserie beim AvD-Oldtimer-Grand Prix. Hier sind nur Autos der Baureihe bis 1965 zugelassen sind. In einer Ausstellung sind ausgewählte E-Type zu sehen. Und Jaguar-Testfahrer Norman Dewis erzählt die Geschichten dazu. In den Boxengaragen des AvD-Oldtimer-Grand Prix laufen deutlich vernehmbar die Cosworth-Motoren der historischen Formel-1-Wagen warm. Die Besucher strömen zusammen, um den klassischen Klang der Königsklasse noch einmal zu hören. Nachdem die Motoren abgestellt werden, verteilen sich die Zuschauer in den Boxengaragen. Der weißgrüne Monoposto vorne am Tor ist ein Williams-Ford von 1982. Das Typenschildchen zeigt die Nummer 5. Das ist genau jenes Chassis, mit dem Keke Rosberg 1982 den Großen Preis der Schweiz gewann, der auf der französischen Strecke von Dijon - Prenois ausgetragen wurde. Es war sein erster Grand-Prix-Sieg überhaupt, am Ende der Saison konnte er als Weltmeister feiern, der vorerst letzte mit einem Saugmotor. Paradies für Freunde des historischen Motorsports Heute wird der Williams vom Spanier Joaquin Folch-Rusinol gefahren. Der freundliche Mann aus Barcelona verfügt wie einst Graf Dönhoff über eine stattliche Sammlung historischer Rennwagen, darunter mehrere Formel-1-Wagen sowie Rennmotorräder. Doch im Gegensatz zum Deutschen, der als Erfinder des AvD-Oldtimer-Grand Prix gilt, besitzt der Spanier eine große Portion Ehrgeiz. Das brachte ihm schon mehrere Gesamtsiege beim AvD-Oldtimer-Grand Prix ein, so im vergangenen Jahr im Rennen der Grand Prix Masters mit dem Weltmeister-Williams von Keke Rosberg. Doch auch wenn sich die Zeiten geändert haben: Die Tage beim AvD-Oldtimer-Grand Prix sind wie im Paradies, heute. Sie werden wieder viel zu schnell vergangen sein.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 20.07.2011
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