Neben dieser S-Klasse steht Toyotas Prius wie ein Säufer da: Mercedes' erster Plug-in-Hybrid trinkt nur 2,8 Liter und fährt fast so, als stecke ein V8 unter der Haube.
Von Stefan Grundhoff Kopenhagen - In den Neunzigern war vieles einfacher. Ein S 500 hatte fünf Liter Hubraum und verbrauchte mindestens das Dreifache an Sprit. Wer einen fuhr, hatte es zwar nicht bis zum Zwölfzylinder, aber doch sehr weit gebracht. Ein Drei-Liter-Auto, das war was für arme Schlucker. Wer heute vom Drei-Liter-Auto spricht, wählt seine Worte mit Bedacht. Über den ausgeleierten Witz, der Hubraum und Verbrauch vertauscht, lacht nur noch das Prekariat - und künftig vielleicht ein paar S-Klasse-Fahrer: Mit dem S 500 Plug-in-Hybrid bringt Mercedes das erste Auto, auf das beides zutrifft: 3 Liter unter der Haube (V6-Biturbo), 3 Liter an der Tanke (nach 100 Kilometern, exakt sind es 2,8 Liter). Damit trinkt der Benz-Antrieb weniger als der Dreizylinder im Smart oder Toyotas Hybrid-Pionier Prius. Theoretisch, das ist klar. Fahrleistungen (fast) wie beim V8Praktisch fährt der Mercedes Plug-in fast wie "der echte S 500" mit 455 PS und 4,7-Liter-V8-Benziner. Während der großvolumige Mineralölvernichter in 4,8 Sekunden auf 100 stürmt, fetzt der Öko-S in 5,2 Sekunden hinterher. Am Steuer fühlt sich das auch aufgrund von Leistung und Dämmung spürbar ähnlich an. Denn wenn der 4,7 Liter große Achtzylinder mit seinem Doppelturbo bullig nach vorne stampft, wird der 333 PS starke Sechszylinder mit drei Litern Hubraum von Doppelturbo und Elektromodul gleichermaßen unterstützt, um entsprechende Leistung zu spenden. Den Unterschied sieht man an der Tankstelle. Beim S 500 stehen - theoretisch - 8,6 l pro 100 Kilometer auf der Uhr. Dreimal so viel wie im Plug-in. Den Verbrauch des Plug-in schönt ein zusätzlicher Elektromotor mit 85 kW (116 PS) und 340 Newtonmeter. Er steigert die Systemleistung auf 442 PS und 650 Newtonmeter (elektronisch begrenzt). Der Anzug und Durchzug in diesem hybriden S-Plug-in fegt jedes Blättchen Laub von der Straße; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Den V8 vermisst man nichtAm Ende fehlt nicht einmal der Klang des Achtenders. Oder anders. Er fehlt, aber eben auch im Achtzylinder-Modell.. Dafür kann der nur als Langversion verfügbare Plug-in rein elektrisch leiser gleiten. Die Energie (8,7 kWh) der im Kofferraum (Volumen schrumpft von 530 auf 395 Liter) untergebrachten Lithium-Ionen-Batterie ermöglicht 33 elektrische Kilometer. An einer 220-V-Steckdose lädt sie zwei bis vier Stunden. Am sparsamsten fährt die hybride S-Klasse nicht, wenn man die Batterie leergondelt und den V6 fordert, sondern, wenn man dem System die Steuerung dafür überlässt: im E+-Modus mit eingeschalteter Routenführung. Dann schaut das Auto mit Navigationsdaten und Radar nach vorn und berechnet zusätzlich zur Zielführung den Einsatz von Elektro- und Verbrennertriebwerk passend zur Fahrstrecke. Zum Beispiel so: die Batterie wird bei einer Bergauffahrt leer gefahren, das spart Sprit. Bei der folgenden Bergabfahrt wird sie geladen. Das System steuert die Leistungsabgabe so, dass Städte mit möglichst voller Batterie erreicht werden. So kann im Stop-and-Go-Betrieb effizient und häufig elektrisch gefahren werden. Der S 500 lässt sich per Handy "steuern"Der Fahrer spürt davon wenig, sieht aber die Arbeitsweise auf den beiden Großdisplays im Cockpit. Bei niedrigen und mittleren Tempi fährt der S 500 Plug-in-Hybrid möglichst lange elektrisch. Quelle: Mercedes Per Mobiltelefon kann der Fahrer allerlei Funktionen steuern. Im Winter wird das Auto vorgewärmt, auch Sitz, Lenkrad und Armlehnen. Im Sommer kühlt die Klima die S-Klasse elektrisch vor. Wer soll den Plug-in kaufen?Interessant wird es beim Preis. Da liegen der 442 PS starke Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid (Normverbrauch: 2,8 Liter) und der 455 PS starke S 500 (Normverbrauch: 8,6 Liter) mit 108.944 Euro auf Augenhöhe. Aber über dem Plug-in-Konkurrenten Porsche Panamera (ab 104.221 Euro). Der bulligere Mercedes bleibt der Achtzylinder, doch wer nicht länger auf einen leistungsstärkeren Diesel in der S-Klasse warten möchte, greift zum Stromer. Zurück zu Theorie und Praxis. Gerade auf Langstrecken schlucken die Diesel weniger, da fließen beim S500 Plug-in-Hybrid im Realverbrauch ohne Stromunterstützung lässige 9 bis 10 Liter pro 100 Kilometer durch. Doch im Vergleich zu den anderen beiden Daimler-Hybriden S 400 Hybrid und S 300 Bluetec Hybrid hat der 500er Plug-in bessere Marktchancen. Das liegt nicht an dem Hochvolt-Lithium-Ionen-Akku und auch nicht an der hässlich verpackten Ladedose rechts im hinteren Stoßfänger, sondern an seiner rein elektrischen Reichweite. Die 33 Kilometer reichen auch Reichen im Alltag für die Fahrt von der Villa zum Firmensitz. Technische Daten - Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid
Quelle: Stefan Grundhoff, SP-X |