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Mercedes CLS: Die Bürde der Neuauflage

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Ein gelungenes, bisher weithin konkurrenzloses Auto wie den Mercedes CLS neu aufzulegen, ist keine einfache Angelegenheit. Die Stuttgarter behalten zwar das Konzept des viertürigen Coupés bei, setzen aber optisch auf einen deutlichen Neuauftritt. Einzige Technik-Neuheit sind Voll-LED-Scheinwerfer.

Dass der neue CLS in der letzten Woche schon von dem auserkorenen Premierentermin als offizieller Verkaufsprospekt "im Internet kursierte", wie es so schön heißt, weil die Hersteller nicht in der Lage sind, Informationen und Fotos vor diesem von ihnen selbst gesetzten Termin unter Verschluss zu halten - oder diese Doppel-Premiere noch immer für eine tolle Marketing-Idee halten -, ist angesichts der Häufigkeit dieser Konstellation kaum noch der Erwähnung wert.

Als Mercedes im September 2003 auf der IAA die Studie Vision CLS ins Rampenlicht rollte, seien die Öffentlichkeit begeistert und die Wettbewerber verblüfft gewesen, schreibt Mercedes (BMW-like ausgerechnet am Sonntag) in den Presseunterlagen - und das ist einmal nicht übertrieben. Der damalige CLS-Ausblick war trotz seiner dunkelroten Lackierung der Hingucker schlechthin, und er war bei seiner schon auf der IAA absehbaren Markteinführung wenige Monate später das erste viertürige Coupé. Genaugenommen ist das natürlich sprachlicher Unsinn, was aber angesichts der Usancen dieser Branche und möglicher Alternativen wie "Sportlimousine" nicht allzu tragisch ist.

Über sieben Jahre Jahre später darf man konstatieren, dass sich der damalige Mut von Mercedes ausgezahlt hat, was notabene nicht für alle ähnlichen Projekte der Stuttgarter gilt. Rund 170.000 CLS wurden verkauft, und noch viel wichtiger dürfte der Imageschub sein, den die CLS-Klasse - der Begriff taucht in den neuen Unterlagen nicht auf - der Marke gebracht hat. Eine ganze Generation Vorsprung also hat Mercedes hier vor den Konkurrenten, wenn man den nur bedingt vergleichbaren VW Passat CC einmal außen vor lässt.

Eine ganze Portion Bürde ist es auch, denn den Nachfolger des auch in den Augen vieler Nicht-Mercedes-Fans hervorragend gestylten CLS zu kreieren, war gewiss keine leichte Aufgabe. Die Designer dürften nicht nur einmal an den alten augenzwinkernden VW-Käfer-Slogan "Manche Formen kann man nicht verbessern" gedacht haben. Nun, da die Serienversion des neuen Mercedes CLS in den Startlöchern steht, darf diskutiert werden, ob der Spruch stimmt, ob das Team die Aufgabe überzeugend gelöst hat, das überhaupt möglich war oder die ursprüngliche CLS-Idee den Bach hinunter gegangen ist.

Die Antwort liegt fraglos im Auge des Betrachters. Während das Grundkonzept aus gestreckter E-Klasse-Karosserie, rahmenlosen, kleinen Fenstern und einem modifizierten Interieur beibehalten wurde, fällt die Umsetzung überaus abweichend aus. Erwähnt werden sollen in diesem Zusammenhang nur beispielhaft die jetzt stehenden Außenspiegel, die markenuntypisch von der Motorhaube separierte und nahezu senkrecht stehende Kühlermaske mit nur einer Lamelle, die nicht mehr homogene, durchlaufende seitliche "Charakterlinie", die veränderten Türausschnitte, der auf den Kofferraumdeckel beschränkte Rundbogen am Heck, den nicht mehr runden Tankdeckel oder die nun auf Lufteinlässe verzichtende Motorhaube.

Auffällig sind zudem insbesondere die Front- und Heckschürze, die je nach Sichtweise sportlich-markant geformt oder sehr unruhig sind. Die Heckleuchten zeigen sich schräggestellt und weit in die Flanken reichend, die Nebelschlussleuchte sitzt überraschend in der Heckschürze, wie man es seit dem seligen T-Modell des 123ers nicht mehr gesehen hat, und natürlich trägt auch der CLS ein LED-Tagfahrlicht. Apropos LED: Neu als Sonderausstattung angeboten werden Voll-LED-Scheinwerfer. Mercedes kann hier u.a. wegen Audi keine Vorreiterrolle beanspruchen, raklamiert aber das weltweit erste System dieser Art, bei dem alle - auch die dynamischen - Lichtfunktionen per LED realisiert wurden.

Auch das CLS-Interieur schert sich wenig um die bisherige Gestaltung mit der großflächigen Holzeinlage. Auffällig sei der Wrap-around-Effekt des Cockpits, schreibt Mercedes - und übernimmt dabei einen kürzlich bereits von Audi für den A7 Sportback verwendeten Begriff, der eine mehr oder weniger durchgehende Linie von der Fahrertür über den Instrumententräger bis zur Beifahrertür beschreiben soll. Das ist nicht allzu innovativ, weil beispielsweise schon ein Mercedes W 210 auf dieses Merkmal setzte. Ein schaltbares Glasdach wird es nicht geben; die innovative Technik soll erst im kommenden SLK ihren Einstand geben.

Die Fotomodelle der ersten Bilder zeigen ein dunkles, kühl wirkendes und weithin unauffälliges Cockpit. Es handelt sich um eine Mischung aus E-Klasse-Limousine und -Coupé, ist aber im Detail verändert: Beispielsweise ist der zentrale Monitor anders integriert, zudem gibt es eine Analoguhr wie in der S-Klasse zwischen den mittleren Lüftungsdüsen. Mit anderen Farben und Holz-Ausführungen dürfte sich auch ein deutlich abweichendes, helleres Ambiente schaffen lassen. Ob es wirklichfür "zeitloses Design, das schnörkellose Eleganz mit innovativen Details und handwerklicher Perfektion kombiniert" reicht, wie Mercedes es formuliert, ist wiederum Geschmackssache.

Zu den Motoren äußert sich der Hersteller noch nicht, obwohl diese Angaben doch dem eingangs erwähnten Prospekt zu entnehmen sind. Auf Diesel-Seite wird es neben dem CLS 350 CDI mit dem inzwischen auf 265 PS und 620 Nm erstarkten V6-Diesel mit dem CLS 250 CDI (204 PS) erstmals auch einen Vierzylinder geben. Hybrid und Bluetec stehen jedenfalls zunächst nicht auf der Agenda. Bei den Benzinern stellt der 350 CGI mit 306 PS aus sechs Töpfen die Basis und der 500er-V8 mit 435 PS und 700 Nm die reguläre Spitze. Darüber wird es auch wieder eine AMG-Version geben, angetrieben von dem neuen V8 mit 544 PS und 800 Nm. Mit dem größeren Diesel und dem 500er wird erstmals auch Allradantrieb in die CLS-Klasse Einzug halten.

Bestellt werden kann ab Mitte September, einzelne Varianten werden erst ab Winter oder Frühjahr 2011 ausgeliefert. Ob die Idee Kunden das "Ausrufezeichen für die zukünftige, sinnliche Formensprache von Mercedes-Benz", wie sich deren Designchef Gorden Wagener zitieren lässt, goutieren werden, wird interessant zu beobachten sein.

 

Quelle: Autokiste

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