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VW lässt Rolle in brasilianischer Militärdiktatur untersuchen - Militärdiktatur statt Käfer und Bulli

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VW und Brasilien, das sind Käfer und Bulli - und eine mögliche Zusammenarbeit mit der Militärjunta. VW lässt jetzt die Rolle des Konzern extern untersuchen.

Im Jahr 1953 startete Volkswagen in Brasilien, zunächst natürlich mit dem Käfer (hier vor der Produktionsstätte Ipiranga). Volkswagen sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, das dortige Regime von 1964 bis 1985 unterstützt zu haben Im Jahr 1953 startete Volkswagen in Brasilien, zunächst natürlich mit dem Käfer (hier vor der Produktionsstätte Ipiranga). Volkswagen sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, das dortige Regime von 1964 bis 1985 unterstützt zu haben Quelle: dpa/picture-alliance

Wolfsburg/São Paulo - Die Vergangenheit lässt Volkswagen nicht los. Nach dem Ausscheiden des Chefhistorikers Manfred Grieger, hat der Konzern jetzt den Historiker Christopher Kopper von der Uni Bielefeld beauftragt, mutmaßliche Menschenrechtsverstöße während des Militärregimes in Brasilien zu untersuchen. "Wir wollen Licht in die dunklen Jahre der Militärdiktatur bringen sowie das Verhalten der damals Verantwortlichen in Brasilien und gegebenenfalls auch in Deutschland aufklären lassen", sagte die Chefin des Vorstandsbereichs Integrität und Recht, Christine Hohmann-Dennhardt.

Kopper solle "möglichst rasch" beginnen bis in die 1980er Jahre zurückreichenden Vorgänge im Konzern zu untersuchen. Dafür wird auch nach Brasilien reisen. Zwischenergebnisse berichte er an einen internen Beirat. Seine Arbeit dürfte ein Jahr dauern. Das abschließende Gutachten solle "dann einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden".

Heute ist das Bild der Brasilianer von VW geprägt vom Käfer und durchaus von Zuneigung. Doch während der Militärdiktatur hat der Konzern sich womöglich nicht mit Ruhm bekleckert Heute ist das Bild der Brasilianer von VW geprägt vom Käfer und durchaus von Zuneigung. Doch während der Militärdiktatur hat der Konzern sich womöglich nicht mit Ruhm bekleckert Quelle: dpa/picture-alliance

VW in Brasilien: Auseinandersetzung mit Unrecht

Volkswagen sieht sich seit Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, das Regime zwischen 1964 bis 1985 unterstützt und beispielsweise schwarze Listen über Mitarbeiter erstellt zu haben. Vor einem Jahr hatte Volkswagens damaliger Chefhistoriker Manfred Grieger erklärt, der Konzern wolle sich seiner Verantwortung für die mögliche Kollaboration stellen. "Es geht um die Auseinandersetzung mit dem Unrecht, das damals geschehen ist", sagte er damals nach Gesprächen mit Brasiliens Justizbehörden. Medien spekulierten Ende 2015 auch über Reparationszahlungen von VW.

Grieger und der Konzern hatten sich allerdings kürzlich getrennt. Dem vorangegangen war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Streit über Abstimmungsauflagen für Grieger, nachdem der eine Analyse über die NS-Verstrickungen der Konzerntochter Audi kritisiert hatte. Volkswagen betonte, niemals Griegers Forschung beeinflusst zu haben.

Volkswagen hat den Historiker Christopher Kopper von der Uni Bielefeld beauftragt, mutmaßliche Menschenrechtsverstöße während des Militärregimes in Brasilien zu untersuchen Volkswagen hat den Historiker Christopher Kopper von der Uni Bielefeld beauftragt, mutmaßliche Menschenrechtsverstöße während des Militärregimes in Brasilien zu untersuchen Quelle: dpa/picture-alliance

Neuer Chefhistoriker soll für Grieger kommen

Kürzlich ergriffen Dutzende Historiker per offenem Brief Partei für Grieger. In dem Schreiben erwähnten die Wissenschaftler auch das Kapitel Brasilien: "Es stehen Vorwürfe im Raum, das Unternehmen habe wie andere deutsche Firmen das berüchtigte Folterzentrum Oban unterstützt und eng mit dem Geheimdienst der Diktatur kooperiert. Es gibt Bestrebungen, solche heiklen Themen unter den Teppich zu kehren. Noch hat sich VW nicht dazu geäußert, ob und wie das Brasilienprojekt nach dem Ausscheiden Griegers fortgesetzt wird."

Der VW-Konzern betonte am Donnerstag, Griegers vakante Stelle wieder zu besetzen. Derzeit würden Möglichkeiten geprüft. Der Leiter der Konzernkommunikation, Hans-Gerd Bode, sagte: "Der Volkswagen-Konzern stellt sich weiterhin seiner historischen Verantwortung. Die Historische Kommunikation spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Dies stand auch nie zur Disposition." Und Hohmann-Dennhardt betonte: "So wie wir es auch schon bei der Aufarbeitung von Themen wie der NS-Vergangenheit und der Beschäftigung von Zwangsarbeitern frühzeitig und umfassend getan haben, so werden wir auch die Aufarbeitung der Rolle des Unternehmens in der brasilianischen Militärdiktatur mit der gebotenen Konsequenz und Nachhaltigkeit vorantreiben."

 

Quelle: dpa

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