Wenn der Golf-Club von Pebble Beach zum Concours d’Elegance bittet, wird das Green zum Parkplatz: Hier stehen die schönsten, teuersten und seltensten Autos der Welt.
Pebble Beach – Der gemeine Millionär quält sich am Wochenende nur ungern früh aus dem Bett. Doch an jedem dritten Sonntag im August stehen 200 schwerreiche Männer schon im Morgengrauen auf, stapfen tapfer durch den Küstennebel und schwingen vor Sonnenaufgang den Putzlappen. Beim Concours d’Elegance in Pebble Beach polieren die feinen Herren auf Knien im nassen Gras ihren Oldtimern die letzten Gebrauchsspuren vom Lack. Die Wagen sollen makellos sein, wenn im Lauf des Vormittags mehr als 100 Juroren auf dem 18. Grün des berühmten Golfkurses ausschwärmen. Unter 200 Exponaten in zwei Dutzend Klassen wählen sie den schönsten Oldtimer der Welt. Schau-Fahren in Pebble-Beach: Millionenwerte auf dem RasenQuelle: Spotpress Deshalb dauert die Award-Zeremonie gut drei Stunden. Wirklich gelohnt hat sich die Mühe aber nur für Jon Shirley aus dem US-Staat Washington – denn sein Ferrari 375 MM von 1954 stand am Ende als letztes Auto vor dem Clubhaus im Konfetti-Regen. Er fährt als „Best-of-Show“ nach Hause. Genauer gesagt: Er wird gefahren, im eigens angeschafften Anhänger. Natürlich wird sich manch anderer Besitzer ärgern, dass nicht sein Auto über die Rampe gerufen wurde. Schließlich steht niemand gern umsonst so früh auf. Von den vielen Millionen, die bei den meisten Klassikern in die Restaurierung geflossen sind, ganz zu schweigen. Aber die meisten nehmen ihre Niederlage sportlich: „Jeder, der es hier aufs Green geschafft hat, darf sich als Sieger sehen“, sagt der Tscheche Pavel Kasik, der seinen Tatra 77 aus dem Jahr 1936 eingeflogen hat. 250 Dollar Eintritt für lauwarmen KaffeeDer olympische Gedanke gilt auch für die Zuschauer: Die ersten 600 zahlen 250 US-Dollar dafür, dass sie lauwarmen Kaffee aus Pappbechern trinken dürfen und sich ständig von Ordnern verscheuchen lassen müssen, wenn diese mit einer ausgeklügelten Choreographie die Concours-Fahrzeuge auf dem Green verteilen. Quelle: Spotpress Voll wird es erst zwei drei Stunden später. Dann trampeln unzählige Menschen über den penibel gekürzten Rasen – bis unbezahlbares Blech zwischen neugierigen Schaulustigen verschwindet. Allerdings sind manche der Gäste genauso sehenswert: Viele sind ähnlich alt und gründlich restauriert, andere bunt und schillernd. Denn der Concours ist auch ein Schaulaufen der Reichen und Schönen. Und all derer, die sich dafür halten. Deshalb lohnt sich bisweilen ein Bummel über die Parkplätze rund um die Lodge von Pebble Beach. Weil es dort leerer ist. Und weil es fast genau so viel zu sehen gibt. So viele Lamborghini, Bentley, Ferrari und Rolls-Royce auf einem Fleck sieht man sonst allenfalls im Parkhaus des Four Seasons Hotel in der Camps-Élysées. Mehr McLaren P1 oder Bugatti Veyron parken nicht einmal in Woking oder Molsheim. Die schönsten Studien und Serien-ModelleDeshalb ist es kein Wunder, dass die Autohersteller Pebble Beach gleich doppelt bespielen: Auf dem Green zeigen sie die schönsten Oldtimer aus den Werksmuseen, davor ihre spektakulärsten Neuheiten. In Pebble Beach heißen diese dann „Future Classics“, unter ihnen der Mercedes Vision GT, der Toyota FT-1, ein fabrikneuer Jaguar E-Type, die Vision Future Luxury von BMW oder der Maserati Alfieri. Quelle: Spotpress Rund um den Golfplatz warten einige PS-Premieren auf Käufer, die zwar ähnlich viel kosten wie die Studien, aber zumindest zeitlich etwas greifbarer sind. Denn den nachgeschärften McLaren P1-GTR mit etwa 1.000 PS kann man genauso kaufen wie den Bugatti Veyron „Ettore Bugatti“ oder den Lightweight E-Type von Jaguar. Zumindest in der Theorie. In der Praxis könnte das schwierig werden. Schon am Morgen nach der Premiere waren alle drei Bugatti, alle sechs Jaguar und zwei Drittel der etwa 30 McLaren verkauft – und das, obwohl jedes dieser Autos mehr als zwei Millionen Dollar kostet. Das teuerste Auto der Welt in Pebble BeachDarüber kann Robert Brooks kann nur lachen. Denn der Brite ist Chef des Auktionshauses Bonhams und hat am Wochenende ein Auto für mehr als das Zehnfache verkauft: Ein Ferrari 250 GTO von 1962 erzielte bei seiner Auktion den Fabelpreis von 38 Millionen Dollar und gilt seitdem als teuerstes Auto der Welt. Während über der ganzen Insel der verführerische Singsang der Auktionatoren hängt, steigen die Preise regelmäßig ins Siebenstellige: Ein Formel-1-Ferrari von Michael Schuhmacher, ein Lamborghini Miura, ein Mercedes-Flügeltürer oder ein außerhalb der USA weitgehend unbekannter Rickenbacher von 1926 – 20- oder 30-Millionen-Autos waren ganz sicher unter den etwa 15.000 Sammlerstücken. Quelle: Spotpress Die Auktionen sind neben dem Concours das zweite Highlight der Classic Car Week von Monterey. Dass diese Veranstaltung mittlerweile als größte PS-Party der Welt gilt, liegt auch am tollen Rahmenprogramm: Da drehen im benachbarten Laguna Seca historische Rennwagen ihre Runden, auf jedem Golfplatz treffen sich ein paar andere Sammler zum Schaulaufen, zeigen die „Legends of the Autobahn“, feiern den Concorso Italiano oder wählen beim Concours de Lemons die hässlichsten Autos der Welt. Schrittgeschwindigkeit in Pebble BeachMillionenschwere Oldtimer, leidenschaftliche Muscle-Cars, schräge Liebhaber-Autos, rare PS-Pretiosen, luxuriöse Neuwagen und spektakuläre Rostlauben – wahrscheinlich ist die Liebe zum Auto nirgends größer und nirgends besser zu spüren als an diesem langen Wochenende auf der Halbinsel von Monterey. Nur mit der Freude am Fahren ist es dort nicht sonderlich weit her. Denn weil die meisten Veranstaltungen auf Golfplätzen stattfinden, gilt in der Regel Schrittgeschwindigkeit. Und zwischen den einzelnen Events sind so viele Gäste unterwegs, dass man die meiste Zeit ohne nur im Stau steht. Doch ist das kein Grund sich zu grämen. Denn in einer Stunde sieht man schon da mehr Klassiker, Kultautos und Kraftmeier als bei uns im ganzen Jahr. |