Transsilvanien in Rumänien gilt als die Heimat des Grafen Dracula. Zumindest der Romanfigur. Wir waren mit dem neuen Mazda MX-5 auf Spurensuche.
Sibiu – Beim ersten Kreisverkehr taucht plötzlich ein Pferd auf. Mitten auf der Straße. Dahinter ein Leiterwagen mit Baustoffen und fünf gut gelaunten Arbeitern. Sie winken dem kleinen Roadster euphorisch zu, signalisieren, dass wir sie überholen sollen. Willkommen in Siebenbürgen inmitten Rumäniens, auch bekannt als Transsilvanien. Ein Land zwischen Ost und West, Teil der Europäischen Union, immer noch im Aufbruch und mit einer ganz eigenen Geschichte. Der Start unserer rund 400 Kilometer langen Tour erfolgt in Sibiu, auch als Hermannstadt bekannt. Die mittelalterliche Stadt liegt mitten in den Karpaten und glänzt mit einer herausgeputzten Innenstadt und einem historischen Stadtkern. 2007 wurde sie zu Europas Kulturhauptstadt gewählt, lädt heute noch mit den fein restaurierten Häusern zum Flanieren und Kaffeetrinken ein. Rund 140.000 Einwohner zählt das ehemalige wichtige Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen. Doch wir wollen weiter, Richtung Osten. Die Route führt über die Landstraße Nr. 1 Richtung Brasov. Bei Persani geht es auf die 73A Richtung Rosenau. Nach rund zwei Stunden Fahrt erscheint neben der Hauptstraße Schloss Bran auf einem Berg, besser bekannt als die Burg von Graf Dracula. Das Gemäuer aus dem 14. Jahrhundert diente Autor Bram Stoker als Vorlage für das Schloss in seinem berühmten Roman. Dracula soll hier gewütet und sein Unwesen getrieben haben. Zwischen 600.000 Touristen auf den Spuren Graf DraculasAuf der Straße wird klar, dass das Schloss ein Touristenmagnet ist. Rund 600.000 Besucher jährlich wollen die leichten Schauer spüren, die ihnen die Geschichte über den Rücken treibt. Autos und Busse verstopfen die Parkplätze und Straßen. Auf den Gehwegen wimmelt es von fliegenden Händlern, dahinter reihen sich Restaurants, Schnellimbisse und Souvenirshops. T-Shirts mit Dracula-Zähnen und Bluttropfen liegen stapelweise aus. Der Himmel reißt auf, der vermeintliche Spuk des Schlosses schwindet mit jedem Meter. Wir öffnen das Dach des MX-5, klappen es mit der Hand nach hinten. Auf der 73c geht es in den Süden, durch tiefe Täler und über schlechte Straßen. Die Zahl der Schlaglöcher steigt, die Aussicht in grüne Wälder wird weiter. Kurz vor Argisch biegen wir auf die Landstraße 7c ab, in Rumänien besser bekannt als Transfagarasan Hochstraße. Die Gebirgsstraße verbindet das Arges-Tal in der Großen Walachei mit dem Olt-Tal in Siebenbürgen. Dabei wird das Fagaras-Gebirge – eine Gebirgsgruppe in den Transsilvanischen Alpen – überquert. Heißt: Kurven, Kurven, Kurven. Die vermutlich schönste Straße EuropasDie Transfagarasan-Hochstraße zählt zu den schönsten Straßen Europas. Der rumänische Diktator Nicolae Ceausescu ließ sie zwischen 1970 und 1974 von seinen Soldaten durch die Fagaras-Gebirgsgruppe in den Südkarpaten treiben. Damit verband er Siebenbürgen mit der Walachei. Gleichzeitig, und das war der eigentliche Grund für den Bau, wollte er im Falle einer Invasion der Russen seine Soldaten schneller durchs Land verschieben können. Eine Reaktion auf die Invasion der Russen in der Tschechoslowakei 1968. Auf der linken Seite taucht nach wenigen Minuten auf der Landstraße eine Burgruine auf. Hoch auf einer Felskante beim Dorf Arefu thront die Burg Poenari, der wahre Wohnort Vlads III, die Romanvorlage für Dracula. Von hier aus hat er seine Schreckenherrschaft ausgeübt. Die Gedanken an seine Foltermethoden lassen einen immer noch erschauern. Auch hier drängen viele Touristen den Berg hinauf und parken die Landstraße zu. Mit dem kleinen Roadster wuseln wir uns durchs Gedränge auf der Straße, finden aber keinen anständigen Parkplatz. Deshalb fahren wir weiter. Mit dem Japaner auf Kurvenjagd Nach rund zwei Kilometern erreichen wir das Wasserkraftwerk der Talsperre Vidraru, eine 6 Meter dicke, 307 lange und 166 Meter hohe Staumauer. Danach wird die Straße steiler und kurvenreicher, führt durchs Tal des Baches Valea lui Stan zum Teil über Viadukte und durch Tunnel. Die Schlaglöcher im Asphalt nehmen zu, mit der direkten Lenkung des Mazda lassen sich die meisten schnell umfahren. Nur ein paar Mal haut es rein, das straffe Fahrwerk muss deutlich schlucken. Sturre MX 5-Fans auf der StraßeNach einer Kehre versperren ein paar Esel die Straße. Wir fahren ganz langsam ran, wollen die Tiere nicht erschrecken. Neugierig schauen sie sich den MX-5 an, nicht nur von außen, sondern auch von innen. Bevor sie noch ins Leder beißen, legen wir lieber den ersten Gang ein und geben Gas. Die Straße windet sich weiter durch die Berge, führt hinab durch den Ort Cârtisoara im Kreis Sibiu. Nach ein paar Kilometern erreichen wir erneut die Nationalstraße N1 und fahren nach Sibiu. Dort, wo weder Graf Dracula noch Vlad III. ihr Unwesen trieben und wo Pferdekutschen gemächlich Baustoffe transportieren. Hintergrund: Graf DraculaAuch wenn er Angst einflößen mag, einen blutsaugenden Grafen Dracula gab es nie. Die Geschichte des Romanautors Bram Stoker ist eine Ableitung des Grafen Vlad III. Draculea (deutsch „Der Sohn des Drachen“ von lateinisch draco – „Drache“). Schon sein Vater gehörte zum Drachenorden. Graf Vlad III., geboren 1431, wurde als slawischer Herrscher durch seinen Widerstand gegen das Osmanische Reich bekannt und verehrt, trotz seiner Grausamkeit. Seine bevorzugte Foltermethode war das Pfählen. Stoker traf 1890 einen ungarischen Professor, der ihm die Legende des rumänischen Fürsten Vlad III. Draculea erzählte. Stoker war von dessen Leben inspiriert und entwickelte daraus sieben Jahre die Romanfigur des Blutsaugers aus Transsylvanien. Im Mai 1897 veröffentlichte er seinen ersten Vampir-Roman, der Erfolg blieb jedoch zunächst aus. |
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