Mit dem Mercedes SLS AMG GT3 haben die Schwaben erstmals in der 120-jährigen Geschichte des Hauses einen Rennwagen für den Kundensport im Programm. Tracktest mit dem rund 571 PS starken und fast 400.000 Euro teuren Flügeltürer. Mattsilber, sattbreit und platttief ruht der Mercedes SLS AMG GT3 in der wärmenden Box. Verschnauft noch vom Wochenende, vom Renndebüt beim Langstreckenpokal am Nürburgring. Seine Wunden am Heck sind verheilt, als Bernd Schneider in der ersten Runde mit Konkurrenten aneinandergeriet. Das erste Kundensportauto von Mercedes steht natürlich da wie aus dem Ei gepellt. Mercedes SLS AMG GT3 ist Preisführer Ausgebrütet von der Rennwagenschmiede HWA, der Keimzelle der DTM-Rennwagen, befruchtet und beauftragt vom Nachbarn AMG, der sich mit dem Mercedes SLS AMG GT3 nach FIA GT3-Reglement in bislang unbekanntes Fahrwasser stürzt. In ein Haifischbecken, in dem sich klangvolle Namen tummeln: Audi R8, BMW Z4, Corvette Z06, Porsche 911, Lamborghini Gallardo. "Nach unseren Erhebungen wurden weltweit rund 250 Mercedes SLS AMG GT3-Rennwagen verkauft. Und ich sehe diese Szene als Wachstumsmarkt", sagt Christoph Jung, Projektleiter des Mercedes SLS AMG GT3. Wer einen GT3 aus Affalterbach haben will, muss 397.460 Euro investieren. Damit hat Mercedes die Preisführerschaft inne. Ein Audi R8 LMS ist für 354.620 Euro zu haben, ein Porsche GT3 R kostet 332.000 Euro. Mercedes SLS AMG GT3 lockt mit Reiz des Besonderen Dafür halten sich die Inspektionsintervalle im Rahmen. 6.000 Kilometer soll das SLS-Getriebe schalten, 10.000 Kilometer der Motor laufen, bevor sie zur 12.000 beziehungsweise 28.000 Euro teuren Revision einrücken müssen. Der Mercedes SLS AMG GT3 lockt die Kunden mit dem Reiz des Besonderen. "Mit einem Mercedes SLS AMG GT3 tut man sich bei der Sponsorensuche wohl etwas leichter", verrät ein interessierter Teamchef. Für AMG-Chef Ola Källenius ist der Werdegang des Kundensportprojekts ein Weg der behutsamen Schritte: "Für nächstes Jahr wird zunächst der europäische Markt bedient. Für die nächstjährige Saison werden 20 Autos produziert." Momentan rennen zwei Mercedes SLS AMG GT3. 50 Millimeter breiter als die Serie,von der Motorraumdurchströmung bis zum flachen Unterboden auf Abtrieb getrimmt. Mercedes SLS AMG GT3-Fahrer schlüpft in Kohlefaser-Sitzwanne Ein Renn-Mercedes mit viel Finesse und in der GT3-Serie neuem Sicherheitsfeature. Wie die DTM-Fahrer schlüpft auch der Mercedes SLS AMG GT3-Dompteur in eine fest montierte Sitzwanne aus Kohlefaser. Die eingearbeiteten Sitz- und Rückenpolster werden individuell geschäumt. Zusammen mit dem Sechspunktgurt führt dies zu einer optimalen Presspassung von Fahrer und Fahrzeug. Nötige ergonomische Retuschen übernehmen im Mercedes SLS AMG GT3 die justierbare Lenksäule und die verstellbare Pedalerie. Wenngleich sich diese ungewöhnlich weit links zeigt. "Wir bremsen links, deswegen sind die Pedale so angebracht", erläutert der fahrende Ziehvater Bernd Schneider die variable Position. Eingeschränkte Übersichtlichkeit im Mercedes SLS AMG GT3 Was sich nach dem sechsten Meter der Selbsterfahrung im Mercedes SLS AMG GT3 im Tracktest allerdings als absolut praktikabel erweist. Das Kupplungspedal wird nur zum Anfahren benutzt. Geschaltet wird per Wippe am Lenkrad: unter Volllast hoch oder vollem Bremsdruck herunter. Das mit der Hinterachse verblockte Hewland-Renngetriebe spielt gekonnt mit. Wie war das nochmal mit Zugkraftunterbrechung oder Schleppmoment? Verlässlicher und fast schon narrensicherer als im Mercedes SLS AMG GT3 kann das Thema Schalten für einen rennfahrenden Kunden nicht aufbereitet sein. Der Mercedes SLS AMG GT3-Pilot kann sich im Tracktest voll auf Bremspunkt und Linie konzentrieren. Schließlich hängt bei einem Hubraum von 6,2 Litern ausreichend Leistung auch nicht zwingend von der Drehzahl ab. Was der SLS leisten darf, entscheidet die Motorsport-Hoheit FIA. Mercedes SLS AMG GT3 bietet Traktion ohne Ende Jedenfalls entfaltet der rund 571 PS starke V8 sein Können behände und gleichmäßig. Dabei strahlt er Ruhe und Souveränität aus, was sich wohltuend auf den Fahrer überträgt. Man könnte dem Mercedes SLS AMG GT3 im Tracktest höchstens eines ankreiden: seine wuchtige Statur. In Verbindung mit der tiefen Sitzposition lässt sich das Ende der langen Fronthaube ohne eingehende Übung nur schätzen. Die Annehmlichkeiten aber überzeugen. Das sich schnell einstellende Vertrauen, nicht mit einem zickigen, bis zum letzten ausgereizten Heißsporn zu kämpfen. Trotz schlüpfrigen Geläufs und einstelligen Temperaturen bleibt der 1.350 Kilogramm schwere Mercedes SLS AMG GT3 im Tracktest verlässlich auf Kurs. Traktion ist kein Thema, obwohl die mehrstufig einstellbare Schlupfregelung noch gar nicht zu Ende entwickelt ist. Ein jähes Ende kommt in Form der schwarz-weiß karierten Flagge. Zurück an der Box verstummt das tiefe V8-Bollern aus den Auspuffstutzen, die hinter der Vorderachse enden. Am 16. Oktober ertönte es wieder offiziell, als die interessierten Kundenteams Black Falcon und Mamerow den Mercedes SLS AMG GT3 am Nürburgring für eine ebenfalls erste Kontaktaufnahme dann zum zweiten Renneinsatz zündeten.
Quelle: Auto Motor und Sport |
verfasst am 03.11.2010
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