BMW geht es wirtschaftlich gut. Das war nicht immer so. Vor rund 60 Jahren stand der Hersteller vor der Pleite. Ein Modell brachte die Rettung – und das sportliche Image.
Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK München – Ein Image wie Hosenträger und Cordhosen. Das war BMW in den 1950er Jahren. Heute kaum noch vorstellbar, galt BMW damals nicht als sportlich, sondern als langweilig. Den Grundstein für den Wandel legte vor 55 Jahren der 1800 TI, ein stark motorisiertes Modell auf Basis des 1500er, der "neuen Klasse". Mit dem Fahrzeug, vorgestellt 1962, fuhr BMW aus der Krise. Rückblende: Ende 1959 liegt BMW am Boden, die Verkäufe brechen ein. Nicht nur bei den Autos, auch bei den Motorrädern. Daimler steht kurz davor, den Konkurrenten aus Bayern zu übernehmen. Nur mit Hilfe einer List und gutem Verhandlungsgeschickt gelingt es dem Aktionär Herbert Quandt bei einer legendären Hauptversammlung, die übrigen Aktionäre von seiner Idee zur Sanierung zu überzeugen – und den Verkauf an Daimler zu verhindern. Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK Ein wichtiger Bestandteil sind dem Kleinwagen BMW 700 die Pläne der neuen Mittelklasse. Quandt glaubt an das Auto und an die Marke – und sollte Recht behalten. Die "neue Klasse" mit dem 1500er setzt auf ein sportliches Fahrwerk und frisches Design. Das sieht deutlich jünger, schnörkelloser, eleganter und progressiver aus als die Fahrzeuge der damaligen Konkurrenten Ford, Opel und Mercedes. Das Modell soll die Lücke zwischen dem Kleinwagen 700 und dem großen 501 / 502 "Barockengel" schließen. Doch das neue Auto kann noch mehr. So beschließt der Vorstand, einen weiteren Weg einzuschlagen: Von reinen Vernunftautos oder Luxusautos hin zu sportlichen Modellen, die wirtschaftlich und zuverlässig fahren. Mit einem neuentwickelten Vierzylinder-Motor nach dem Baukasten-System werden die Hubräume erweitert und die Leistung erhöht. Mit dem 1800 TI legte BMW den Grundstein für den 5erDer 1800 TI markiert den Anfang der sportlichen Limousinen bei BMW. 1963 stellte ihn BMW auf der IAA vor. Optisch unterscheidet er sich vom 1500er und 1600er unter anderem durch die durchgehenden Chromstreifen und die Zusatz-Scheinwerfer an der Front. Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK Die waren damals ein Zeichen von besonderer Sportlichkeit. BMW ließ sich die Power gut bezahlen. Für 10.960 Mark Kaufpreis konnten sich Kunden auch zwei VW Käfer 1200 A für jeweils 4.290 Mark kaufen. Doch wer einmal mit dem BMW fuhr, war begeistert – und konnte der veralteten Käfer-Technik nicht mehr viel abgewinnen. Der Motor sitzt vorne, angetrieben werden die Hinterräder. Statt lautem Boxer-Klingeln röhrt der Reihenvierzylinder sportlich. Vor allem aber bietet der BMW deutlich mehr Platz und Komfort - und lässt sich unter Zug schön gleichmäßig und leicht quer fahren. Ganz ohne ESP und andere Sicherheitshilfen. Die "neue Klasse" legte den Grundstein für alle nachfolgenden sportlichen Limousinen der Mittelklasse: 1972 erscheint mit dem E12 die erste 5er-Reihe. Der 1800 TI wurde schnell abgelöstUnter der Haube der 1800TI arbeitet ein 1,8-Liter-Vierzylinder mit 110 PS und 147 Newtonmeter Drehmoment. Zwei Solex-Doppel-Flachstromvergaser verteilen schlürfend den Sprit in die Brennräume. Dank des für damalige Verhältnisse schnell zu schaltenden Viergang-Getriebes sprintet die Limousine aus dem Stand in unter zwölf Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei mehr als 170 km/h – und das in einer Zeit, als die meisten VW Käfer 1200 noch mit 30 PS und 112 km/h auf der rechten Spur zuckelten. Die schnörkellose Limousine bietet noch heute viel Platz und überzeugende Leistung. Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK Das dünne Bakelit-Lenkrad rutscht schnell durch die Hand, der Vierzylinder dröhnt und spuckt. Die Neue Klasse wird ab 100 km/h laut, heiß und verlangt volle Konzentration. Denn die Limousine hebt in Kurven und beim Bremsen ihr Heck und die Stimmung. Es riecht im Innenraum etwas nach Sprit – der (damalige) Geruch der großen, weiten und vor allem schnellen Welt. Die breiten Sitze bieten keinen Seitenhalt, der Fahrer muss sich irgendwie und irgendwo abstützen – oder er schwingt im Rhythmus mit. Ein spaßiges Tänzchen. Doch die Tage des 1800 TI waren gezählt. Nach nur drei Jahren stellte BMW das Modell ein. Vom 1800er verkaufte BMW rund 140.000 Fahrzeuge, vom TI nur 21.116. Stück. Nicht, weil sie von dem Konzept nicht überzeugt waren, sondern weil die Ingenieure schon längst eine noch sportlicheres Fahrzeug entwickelten. Ab 1966 kommen die kleineren und wendigeren 02er-Modelle auf den Markt, erst als 1600-2 und ab 1968 der 2002 mit 100 PS und nur 990 Kilogramm Leergewicht. Als Vorläufer des Dreiers katapultierte der 02 BMW in den Motorsport weit nach vorne. Aber den Anfang, den machte der 1800 TI.
BMW 1800 TI (1963-1966) - Technische Daten
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