Daimler macht langsam elektrisch mobil. 2019 kommt der EQC, das erste E-Mobil einer neuen Generation. Wir durften in seinem Vorboten mitfahren. Unterwegs im Concept EQ.
Berlin – Auf dem Euref-Campus in Berlin-Schöneberg wird an der Zukunft gebaut. Unternehmen für nachhaltige Energiewirtschaft und Mobilität haben sich angesiedelt. Eine kleine Armada von Elektroautos steht und fährt herum. Die Dichte an Ladesäulen ist höher als die von Dönerbuden in Neukölln. Regelmäßig kommt Olli vorbei. Der autonome Minibus von Local Motors fährt nach Fahrplan. Trotzdem verursacht das Concept EQ von Mercedes einen kleinen Menschenauflauf im „Stadtquartier der Zukunft“. Oder: Gerade deswegen. Die Leute hier zweifeln nicht an der Elektromobilität, sie arbeiten an ihrer Alltagstauglichkeit. Oder daran, den Müll abzutransportieren. Zwei Männer in Orange wollen schnell ein Foto machen, als wir den EQ parken. „Unser ist auch ein Mercedes“, ruft der jüngere und zeigt auf den dieselnden Atego-Müllpresswagen. Wir durften jetzt mitfahren in dem, was Mercedes sich unter der Zukunft vorstellt. Im ersten Elektroauto einer neuen Generation. Mit mehr Reichweite, mehr Sexappeal und mehr Zuspruch als beispielsweise eine B-Klasse Electric Drive. Das Serienmodell zur Studie wird in Bremen und Sindelfingen gebaut, es kommt in zwei Jahren als EQC auf den Markt. Bis 2025 soll es zehn EQ-Modelle geben. Mitfahrt im Concept EQ: Die 300 kW spürt man noch nichtDie Mitfahrt ist ein kleiner Vorgeschmack darauf. Das Auto ist ein Einzelstück. Was für Technik wirklich unter der Karosserie steckt, verraten die Leute von Mercedes nicht. Jörg Weinhold ist Produktmanager Alternative Antriebe bei Daimler. Er sagt, es sei im Prinzip die gleiche Konfiguration wie später im Serienmodell EQC. Das Versprechen für die Serie: 500 Kilometer Reichweite. Dann stecken Akkupakete mit 70 kWh im Boden zwischen den Achsen. Sie speisen einen Elektromotor an jeder Achse. Die Kraftverteilung wird elektronisch voll variabel geregelt. Bis zu 300 kW (408 PS) Gesamtleistung soll der EQC je nach Konfiguration erreichen. Der Preis? "Konkurrenzfähig", verspricht Weinhold. Wir rechnen mit einem Einstieg bei 60.000 Euro. Das Topmodell wird teurer. Im Schatten des Gasometers, wo Günther Jauch früher seine Talkshow aufzeichnete, ist davon noch nicht viel zu spüren. Das Einzelstück fährt. Elektrisch. Vielmehr erstmal noch nicht. Für vielmehr ist auf dem Gelände auch kein Platz. Concept EQ: Bedienkonzept der ZukunftMan sitzt recht hoch im EQ, und nach oben fehlt größeren Insassen Luft. Sitze, Glasdach oder die Monitore an den Rücklehnen der Vordersitze sind Showcar-Elemente. Statt Rückspiegel gibt es kleine Kameras an der Seite. Die wären im Prinzip zulassungsfähig, sagt Designer Thomas Sälzle. An der Integration müsse aber noch gearbeitet werden. Tatsächlich sitzen die Monitore dazu in den Türen. Erkennen kann man darauf deutlich weniger als auf klassischen Außenspiegeln. Von Science Fiction ist der EQ trotzdem weit entfernt. Das Touchpad in der Mittelkonsole und das Widescreen-Display vor dem Fahrer erinnern an aktuelle Modelle. Im Menü sind längst nicht alle Funktionen verfügbar, aber die Bedienung fühlt sich auf Anhieb intuitiv an. Fingertipp und -wisch bedienen Klima und Radio auf einem kleinen Zusatzbildschirm vor dem Touchpad. Farbige Wellen symbolisieren Lautstärke oder Temperatur- und Lüftungseinstellungen. Zusätzlich ändern sich Farbe und Intensität von Lichtbändern und Lüftungsdüsen im Interieur mit jeder Einstellung. 3D-Karten von Here nah an der RealitätDer Tacho wird natürlich digital simuliert. Weniger altmodisch als in E- oder S-Klasse, deutlich stärker reduziert. Später sollen die Kunden das individualisieren können. Mehr oder weniger Infos sind darstellbar, verschiedene Stile für die Instrumente. Einen wichtigen Teil des Displays bildet die Navi-Karte. Beim Start zeigt sie nur die „Reichweiten-Kartoffel“, wie Vera Schmidt das nennt. Schmidt ist bei Daimler fürs Digital-Design zuständig. Die „Kartoffel“ bildet die aktuelle Reichweite ab. Abhängig von Verkehr, Topographie und Strecke. Bei der Fahrt – die ist im Cockpit noch simuliert – breitet sich die Karte aus und zeigt dreidimensionale Häuserschluchten. Einzelne Gebäude lassen sich farblich hervorheben oder verschwinden im virtuellen Boden, wenn sie nicht relevant sind. So soll es leichter werden, Restaurants, Theater, Firmen oder sontige Ziele anzusteuern. Das Concept EQ pulsiert beim LadenOder Ladesäulen. Nähert sich das Concept EQ einer Lademöglichkeit, zeigt ein Ton und die Lichtstimmung im Auto das an. Routen, die fürs induktive Laden ausgerüstet sind, werden auf der Karte rot angezeigt. Mercedes hat einen pulsierenden Sound programmiert, der das Laden akustisch erlebbar macht. Zukunftsmusik, logisch. Induktives, also berührungsloses Laden steht noch am Anfang. BMW hat kürzlich eine induktive Ladestation für den Plug-in-Hybrid 530e vorgestellt. 2018 soll sie in Serie gehen. Für rein batterieelektrische Autos bringt die Technik wenig. Bei BMW kann die Platte unter dem Auto mit etwas mehr als 3 kW laden. Der 9,2-kWh-Akku im 530e ist in 3,5 Stunden voll. Bei einer Kapazität von 70 kWh wie im EQ würde das länger als einen Tag dauern. Daran hängt es eben immer noch. Am Laden. Daimler, BMW, Ford und Volkswagen haben ein Konsortium gegründet und wollen an allen wichtigen europäischen Verkehrsachsen Schnelllader installieren. Zunächst sollen es 400 Stück sein, bis 2020 schon „Tausende“. Dort sollen Elektroautos mit bis zu 350 kW laden. Der EQC sollte dann in einer Viertelstunde voll sein. |