Neugersdorf – MOTOR-TALK-Nutzer jailbird25 wohnt im südöstlichen Sachsen, direkt an der tschechischen Grenze. „Wenn ich 'nen Stein werfe, liegt der drüben,“ erzählt der Geschäftsführer einer Metallbaufirma, der eigentlich Kay Menzel heißt, im Gespräch mit MOTOR-TALK. In der Gegend gebe es ein Drogenproblem, berichtet er. Nachts werde mit Crystal Meth gedealt. Aber „ab 18 Uhr sieht man hier keine Polizei mehr.“
Deshalb konnte die auch nicht verhindern, was in der Nacht zum 1. Juni 2014 geschah: Unbekannte öffneten Menzels Garage und stahlen sein Sommerauto, eine aufwändig getunte Toyota Supra.
Gestohlen: Toyota Supra MK3
Plötzlich war die Supra weg: Diebe entwendeten Menzels Sommerauto sowie einen Satz Winterreifen und brachen drei andere Fahrzeuge auf, um eine passende Batterie zu finden Quelle: Kay Menzel
Die Polizei sicherte die Spuren in und um Menzels Garage. Die Diebe hatten es offenbar explizit auf den japanischen Renner abgesehen. Der parkte ohne Batterie und wartete auf den ersten Einsatz des Jahres. Die Täter knackten drei weitere Fahrzeuge in der näheren Umgebung, bis sie einen passenden Akku gefunden hatten. Aufgrund ihrer Erfahrung vermuteten die Polizisten schnell, dass das Auto nach Tschechien gebracht wurde.
Bei grenzübergreifenden Aktionen kommt manche Polizeiarbeit jedoch ins Stocken. Deshalb griff Menzel selbst zur Tastatur und alarmierte seinen Freundeskreis: Auf Facebook postet er einen Fahndungsaufruf, auf Deutsch und Tschechisch. Seine Supra sei gestohlen worden und befinde sich vermutlich bereits im Ausland. Wer Hinweise habe, der möge sich melden.
Zusätzlich druckte Menzel Flugblätter, ebenfalls zweisprachig. Darauf ein Foto seiner Supra, die wichtigsten Daten und der Hinweis auf eine Belohnung über 1.000 Euro für hilfreiche Hinweise. Die verteilte er im tschechischen Grenzbereich an Tankstellen, Polizeireviere und Passanten.
Facebook, Foren und Flugblätter
Menzel ist in der Toyota-Szene bekannt. Seine Firma hat sich auf Instandsetzung und Optimierung von Supra-Zylinderköpfen spezialisiert. Die Tuner halfen. Sein Aufruf verbreitete sich über Supra-Foren in Europa und Amerika. So lange, bis die tschechischen Medien das Thema aufgriffen und darüber berichteten.
Gut 700 PS aus sechs Zylindern: Menzel hat an seiner Supra fast alles verändert Quelle: Kay Menzel
Mit Erfolg: Auf Facebook bekam Menzel Hinweise über den Standort seines Autos. Die Supra sei im tschechischen Jirikov gesehen worden, nur drei Kilometer vom Tatort entfernt. Später entdeckte ein anderer Zeuge den Flitzer direkt an der Grenze. Menzel fuhr selbst nach Tschechien und suchte mit Freunden mehrere Stunden nach seinem Blech-Schatz.
Nach vier Tagen zahlte sich der Eifer aus. Menzel konnte der Polizei wichtige Hinweise liefern, die sie schließlich zum Auto führten, nach Rumburk, wo die Beamten neben der Supra noch anderes Diebesgut sicherstellten.
Ungefähr 700 bis 740 PS
Häufig werden gestohlene Fahrzeuge in Tschechien zerlegt und in Einzelteilen weiterverkauft. Das hätte sich gelohnt: Menzel hat Tuningteile im Wert von gut 30.000 Euro und unzählige Arbeitsstunden in seine Supra gesteckt. Der 3,0-Liter-Turbobenziner leistet mittlerweile „ungefähr 700 bis 740 PS“. Den Zylinderkopf hat er selbst bearbeitet, der Turbonetics-T66-Lader „ist so groß wie der von einem Scania 40-Tonner“. Besonders stolz ist er auf die Motorhaube mit aufwändig angefertigten Ferrari-F40-Lufteinlässen.
Menzel hatte Glück. Sein Auto wurde vollständig gefunden, augenscheinlich unbeschädigt, „nur etwas dreckig.“ Jetzt wartet Menzel nur noch auf die tschechische Polizei. Die hat die Supra beschlagnahmt und ermittelt noch. „Bis heute Abend weiß ich, wann ich sie wieder bekomme.“
Es ist übrigens nicht verboten, selbst nach einem gestohlenen Auto zu fahnden. Die Polizei rät allerdings von riskanten Aktionen ab.
Quelle: MOTOR-TALK, Süddeutsche Zeitung