Mit kostenlosem ÖPNV wollte die Politik Autofahrer zum Umstieg bewegen. Wir fragten die MOTOR-TALK-Community: Würdet Ihr das Auto stehen lassen? Hier das Ergebnis.
Quelle: dpa / Picture Alliance Berlin – Zugegeben, die größte Auto-Community Europas ist nicht die logische erste Anlaufstelle für Fragen zu Bus und Bahn. Und doch passte diese Umfrage hierher. Mit dem zuletzt geäußerten Plan kostenloser öffentlicher Verkehrsmittel wollen Regierungspolitiker Menschen wie uns ansprechen: Autofahrer, ob aus Leidenschaft oder aus Rationalität, aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit. Ein kostenloser ÖPNV könnte uns dazu bringen, das Auto öfter stehen zu lassen. Und damit im Alltag weniger Emissionen zu produzieren. Wir wollten von Euch wissen: Würdet Ihr das tun, wenn Bus und Bahn kostenlos wären? 2.674 Nutzer stimmten bis zum Zeitpunkt dieser Auswertung ab. Insgesamt würden 63,8 Prozent auch dann nicht vom Auto auf den ÖPNV umsteigen, wenn der Ticketpreis entfiele. Doch die Bereitschaft hängt stark von der Wohnsituation ab. Auf dem Land: So gut wie keine Chance. Knapp fünfmal so viele Nutzer (684 zu 139 Personen) bleiben beim Auto. Bei Kleinstadtbewohnern (ab 5.000 bis 100.000 Einwohnern) sind es immer noch mehr als doppelt so viele (538 zu 239 Personen). Doch in Großstädten könnte die Initiative Wirkung zeigen. Mehr als 50 Prozent der teilnehmenden Großstädter würden laut unserer Umfrage umsteigen (498 zu 485 Personen). Städter steigen eher umQuelle: dpa / Picture Alliance Die stark vereinfachte, aber sehr deutliche Tendenz: Je urbaner der Wohnort, desto größer die Bereitschaft zum Umstieg. In insgesamt 686 Kommentaren stehen gute Gründe dafür. Der Grundtenor der Nutzer aus dem ländlichen Raum: „Was nutzen kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, wenn sie so selten fahren.“ Nutzer Mario_G7 führt das aus: „Bei uns hält wochentags 5 bis 6 Mal ein Bus pro Richtung, am Wochenende 1 bis 2 mal pro Tag“. Andere haben gar keine Haltestelle in einigermaßen erreichbarer Nähe. Für Kleinstädter scheint das Problem eher in den langen Fahrzeiten zu liegen. „Mit dem Auto 15 Minuten zur Arbeit, mit den Öffentlichen dauert es 1,5 Stunden“ – derartige Zeitabgleiche werden häufig als Grund gegen die Öffentlichen angeführt. Interessanterweise auch von urbanen MOTOR-TALKern. Wer am einen Ende der Stadt wohnt und am anderen Ende der Stadt arbeitet, bleibt häufig beim Auto. Am Stadtrand entsprechen Taktung und Betriebszeiten von Bus und Bahn so gar nicht dem Wunsch der Community. Wer nach 22:00 Uhr von der Innenstadt nach Hause wolle, dem bliebe häufig nur das Taxi. Klar, die zwei bis fünf Euro der Anreise mit kostenlosem ÖPNV sparen Kosten. Aber das gleicht sich für die Mehrheit nicht aus. Öffis zu wenig komfortabelVielen städtischen Autobefürwortern fehlt es in Bus und Bahn an Komfort: „In der Rush-Hour steht man dicht an dicht“, sagt etwa FiestaST_P aus Berlin. Blauer Flitzer 81 schätzt die Flexibilität: Mit dem Auto sei man unabhängig und könne nach der Arbeit spontan einkaufen. Oder „in der Mittagspause kurz wohin fahren.“ Übrigens ließen sich die per ÖPNV oder Rad angereisten Kollegen dann äußerst gerne kutschieren. Genau das ist für einige Nutzer der richtige Weg, zum Beispiel für Superwetter: Mehr Menschen würden als Fahrgemeinschaft zur Arbeit fahren, gäbe es mehr entsprechende Portale. Man würde sich die Kosten teilen, und es gäbe weniger Autos auf der Straße. Das Ziel der Politiker wäre damit erreicht. Lieber günstiger mit dem Auto als kostenlos mit den Öffis unterwegs? Viele Stadtbewohner unter den Umfrageteilnehmern würden das unterschreiben. Häufig wird die aktuell mangelnde Sauberkeit in Bus, Zug und Straßenbahn angeführt. Bei einer Zunahme der Fahrgastzahl würde der Zustand garantiert nicht besser, sagen die einen. „Den Dreck legen die ÖPNV-Betreiber ja nicht extra aus, für den sind wir schön selbst verantwortlich“, kontert ein anderer. Fazit: In den Städten am aussichtsreichstenQuelle: dpa / Picture Alliance Nicht alle würden in gleichem Maße vom kostenlosen ÖPNV profitieren. Und nicht jeder könnte überhaupt umsteigen - selbst wenn er wollte. Man kann es auch sehen wie der Nutzer WirVWeg: Entscheidend sei, die einen freiwillig in die Öffis zu bekommen, "damit andere die es deutlich schwerer haben eben mit dem Auto (in die Innenstädte, Anm.) einfahren können." Als wir die Umfrage starteten, galt die Realisierung des Projekt bereits als ambitioniert. Mittlerweile gilt die eher als unwahrscheinlich. Die Oberhäupter der fünf möglichen Modellstädte Bonn, Essen, Reutlingen, Herrenberg und Mannheim sehen die Umsetzung aufgrund der ungeklärten Frage der Kostenübernahme als illusorisch. Vielleicht lassen sich viele auch ohne kostenlose ÖPNV zum Umstieg bewegen. Wer durch die Kommentare scrollt, sieht: Bei ausreichend kostenlosen (Park-and-Ride)-Parkplätzen und vernünftiger Taktung würden viele die letzten Kilometer in die Innenstadt mit Bus und Bahn zurücklegen. Das Problem sind nicht die aktuellen Tarife - Fahrzeit und Komfort müssten sich verbessern. |