Ohne diesen Mann wäre der Roadster vielleicht ausgestorben: Bob Hall erfand für Mazda den MX-5. Hier blickt der Ex-Journalist auf sein wichtigstes Abendessen zurück.
New York - Diesen Abend im Jahr 1979 wird Bob Hall nie vergessen. Der Journalist war als leitender Redakteur beim US-Magazin Autoweek zwar hochkarätigere Gesprächspartner als den Mazda-Entwicklungschef gewöhnt. Doch dass Kenichi Yamamoto den Spieß umdrehte, den Reporter in die Mangel nahm und von ihm hören wollte, was Mazda in Zukunft für Autos bauen sollte, das war ziemlich ungewöhnlich. Aus dieser Begegnung wurde nicht weniger als eine kleine Sensation. Denn das Gespräch markiert die Geburt des Mazda MX-5, dem erfolgreichsten Sportwagen der Welt. Er wurde in 25 Jahren und drei Generationen nicht nur knapp eine Million mal verkauft. Ohne ihn hätte es auch offene Zweisitzer wie den Audi TT, die Fiat Barchetta oder den Mercedes SLK nie gegeben. So wurde Hall zum Retter des Roadsters. Eine Liebe aus England„Ich bin quasi in solchen Roadstern aufgewachsen“, erzählt Bob Hall. Sein Vater brachte die Liebe zu schrägen Sportwagen aus England mit, wo er als Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg stationiert war. Im Hause Hall hatte es eigentlich immer einen offenen Zweisitzer gegeben. „Denn in welchem Auto könnte man die wunderbaren Küstenstraßen in Kalifornien besser genießen als in einem Triumph TR2 oder einem Austin Healy?“ fragt Hall. Doch irgendwann waren diese Autos plötzlich vom Markt verschwunden. Die Engländer waren pleite, die Italiener hatten sich abgemeldet. Es gab nur noch die schweren amerikanischen Muscle-Cars, die Corvette oder die teuren offenen Sportwagen aus Deutschland. „Wer aufs Geld schauen musste, der pflegte sein altes Auto oder guckte in die Röhre. Das durfte so nicht bleiben, “ erklärt Hall. Wechsel zu Mazda Dort ging es vordringlich um neue Limousinen, Kleinwagen oder Pick-ups. Doch als Yamamoto-san nach einer Testfahrt mit einem Triumph Spitfire rund um den Fuji auch Feuer und Flamme von der Roadster-Idee war, hatte Hall das Projekt „729“ auf dem Tisch: „Baut mir dieses Auto“, lautete der Auftrag aus Japan. Dafür musste Hall nicht nur Techniker wie Yamamoto überzeugen, sondern auch die Buchhalter. Das war ungleich schwieriger, erinnert sich der PS-Pensionär: „Wie sollte ich den Japanern 250 Millionen aus dem Kreuz leiern, wenn in diesem Segment in Amerika keine 2.000 Autos im Jahr verkauft wurden?“ Ford hinterherhechelnFür das Lightweight Sportscar, so der offizielle Entwicklungstitel, musste die gesamte Mazda-Struktur umgekrempelt werden. Weder technisch noch organisatorisch gab es Prozesse, an denen sich das Offensichtlich blieb das Richtige hängen. Projekt 729 war gut genug: Es gab – zum ersten Mal bei Mazda – einen Wettbewerb der Designstudios, bei dem Hall seinen Entwurf durchboxte. Fünf Jahre nach dem Dinner mit Yamamoto-san hob Tokio den Daumen, und nach zehn Jahren stand im Frühling 1989 auf der Motorshow in Chicago tatsächlich ein leichter Roadster. More smiles per gallonIn Amerika überboten sich die Interessenten mit Preisaufschlägen, um möglichst schnell hinters Steuer zu kommen. Als der Wagen 1990 als MX-5 nach Deutschland kam, war das geplante Jahreskontingent nach drei Tagen ausverkauft. Statt wie geplant 1.000 Autos im Monat wurden in guten Jahren über 50.000 MX-5 verkauft. An seine erste Testfahrt erinnert sich Bob Hall noch genau. Das war kurz vor der Premiere auf der Messe in Chicago. „Ohne Zulassung, im Container angeliefert, war der Wagen nie in Kalifornien auf der Straße,“ erinnert sich Hall. Eines Abends, im Schutz der Dunkelheit, durfte Hall ihn zum Dank für seine Arbeit mit nach Hause nehmen, musste ihn aber vor dem Morgengrauen wieder zurückbringen. „Aus einer Strecke von sonst 20 Minuten wurde die längste Heimfahrt meines Lebens.“ Der kalifornische RentnerMittlerweile ist Hall längst in Rente. Zwar nimmt Mazda ihn zum 25. Geburtstag des MX-5 noch einmal in die Pflicht, für Medientermine wie diesen. Mit dem Tagesgeschäft hat er aber nichts mehr zu tun, genauso wenig wie mit der Entwicklung der vierten MX-5-Generation, die im Herbst vorgestellt wird. „Warum sollten die Japaner einen alten Sack wie mich auch um Rat fragen“, witzelt Hall und spielt auf den anhaltenden Erfolg seiner Idee an. Nun wartet der Vater des Roadsters ungeduldig darauf, seine Bestellung abschicken zu können. Denn auch wenn er keine 20 mehr ist, die Muskeln etwas müde und die Hüften ein bisschen breiter sind, ist er rund um seine Heimat Los Angeles noch täglich im MX-5 unterwegs. „Erstens gibt es nirgendwo schönere Straßen für einen Roadster als in den Hügeln hinter Hollywood. Und zweitens gibt es kein anderes Auto, in dem sich selbst ein alter Sack wie ich noch einmal so jung fühlen kann.“
Quelle: SP-X |
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