Die Unternehmensgruppe Tata hat mehr als 100 Firmen und mehr Mitarbeiter als Volkswagen - und nun wieder einen neuen Chef, der mehr Stabilität bringen soll.
Neu Dehli - Nach einem monatelangen öffentlichen Führungsstreit hat das indische Firmenimperium Tata Group einen neuen Chef: Natarajan Chandrasekaran übernahm am Dienstag den Job des Vorstandsvorsitzenden der Muttergesellschaft Tata Sons. Bislang war er Geschäftsführer der IT-Tochter Tata Consultancy Services, dem größten Einzelunternehmen der Gruppe. Unter dem Namen Tata arbeiten weltweit mehr als 100 Firmen mit mehr als 660.000 Angestellten, die zusammen einen Umsatz von mehr als 100 Milliarden US-Dollar (94 Mrd. Euro) jährlich erwirtschaften. Die Firmen produzieren fast alles - von Energie über Autos bis hin zu Stahl und Salz. Hickhack um den Chefposten bei TataChandrasekaran übernimmt den Vorsitz von Firmenpatriarch Ratan Tata, der eigentlich Ende 2012 nach zwei Jahrzehnten von der Spitze des fast 150 Jahre alten Konzerns zurückgetreten war. Im Oktober 2016 übernahm er den Posten jedoch wieder, nachdem sein Nachfolger Cyrus Mistry überraschend gefeuert worden war. Um Mistry auch aus der Führungsebene der zahlreichen Tochterfirmen zu entfernen, hatte Tata anschließend reihenweise außerordentliche Aktionärsversammlungen einberufen. Obwohl Mistry die Abstimmungen verlor, kämpfte er zwei Monate lang weiter und lieferte sich auch verbal eine Schlammschlacht mit seinem Vorgänger. Erst am 19. Dezember trat er von allen verbliebenen Ämtern zurück, verklagte aber am Tag darauf den Konzern wegen Missmanagements und Verletzung der Rechte von Minderheitsaktionären. Weit verflochtene AktiengesellschaftenDer Streit konnte wegen der komplexen Besitzstruktur von Tata so eskalieren. 29 der mehr als 100 Tata-Unternehmen sind Aktiengesellschaften. Von ihnen hält meist die Muttergesellschaft Tata Sons die Mehrheit. Tata Sons wiederum gehört zu rund zwei Dritteln zahlreichen Stiftungen, die teilweise fast 100 Jahre alt sind. Bisher hielten sie sich in der Regel im Hintergrund - doch während des Konflikts schienen sie sich auf die Seite von Ratan Tata geschlagen zu haben. Auf der anderen Seite stand die Shapoorji Pallonji Group, das Familienunternehmen von Cyrus Mistry, das immer noch 18,4 Prozent der Aktien von Tata Sons kontrolliert. Sowohl Ratan Tata als auch Cyrus Mistry sind Mitglieder der eng verflochtenen Gemeinschaft der Parsen in der indischen Wirtschaftskapitale Mumbai (früher Bombay). Mistry war der erste Versuch, die Tata Group durch einen Manager führen zu lassen, der weder ein Mitglied der Tata-Familie war noch mit einem verheiratet. "Ich freue mich darauf, die Tata Group enger zusammenzubringen und nicht nur geschäftlich, sondern auch gesellschaftlich einen Unterschied zu machen", sagte nun der neue Chef Chandrasekaran am Dienstag. Er gehört ebenfalls nicht zur Tata-Familie - und ist der erste Chef am Steuer des Traditionskonzerns, der auch nicht zu den Parsen gehört. Quelle: dpa |