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Abwrackprämie für Mercedes W123 in Marokko - Nagel noch einmal, Benz

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Marokkos beliebtestes Taxi trägt Stern: Tausende Mercedes W123 chauffieren dort bis zu sechs Fahrgäste gleichzeitig. Jetzt sollen neumodische Vans die alten Limousinen ablösen.

In Marokko fahren W123, bis sie auseinander fallen. Das stört die Regierung, denn das passiert selten In Marokko fahren W123, bis sie auseinander fallen. Das stört die Regierung, denn das passiert selten Quelle: UygarGeographic - istockphoto.com

Casablanca – Alte Benz sterben nicht, sie ziehen um. Besonders oft nach Afrika. Denn clevere Autohändler kaufen seit Jahrzehnten in der ganzen Republik rostiges Blech und verschiffen es gen Süden. In Ägypten, Libyen, Algerien und Marokko gibt es keine Umweltplaketten, keine Feinstaub-Grenzwerte und keinen TÜV. Deutsches Altmetall gilt als zuverlässig. Selbst vergammelte Oldies bringen noch mehrere Tausend Euro.

Viertürige Limousinen sind begehrt, vor allem mit einfachem Saugdiesel-Motor. Ein Großteil der 55.000 marokkanischen Taxifahrer steuert deshalb einen E-Klasse-Vorgänger: Der Mercedes W123 dominiert das Straßenbild in und um Casablanca. Die meisten W123 treibt der „Oel-Motor 616“ an, ein 65 PS starker Vorkammer-Diesel mit vier Zylindern. Kaum jemand notiert das Tempo der alten Kutschen, was zählt ist Haltbarkeit. Die Motoren gelten als unzerstörbar.

Mercedes W123: Das Großraum-Taxi aus Marokko

Auf Langstrecken laden Taxifahrer bis zu sechs Passagiere in die alten Mercedes Auf Langstrecken laden Taxifahrer bis zu sechs Passagiere in die alten Mercedes Quelle: iStock Nur wenig andere Autos verkraften die Belastungen des nordafrikanischen Taxi-Alltages. In Marokko zählt die maximale Zuladung, beim W123 rund 500 Kilogramm, bestenfalls als freundliche Empfehlung. Die Fahrer laden ihre Limousinen für Langstrecken randvoll. Zwei Fahrgäste auf den Beifahrersitz, vier nach hinten.

So fahren die Autos, bis sie auseinanderfallen. Theoretisch, denn im Falle des W123 passiert das so selten wie eine Spritpreissenkung vor den Sommerferien. Ersatzteile sind teuer, Einschweißbleche und Arbeitsstunden billig.

Doch was die Taxifahrer zufrieden macht, piekst die Regierung wie ein Dorn im Auge. Denn es sind Zehntausende Mercedes-Taxis, die in Marokko rußen und nageln. Sie pusten ihre Schadstoffe ungefiltert in die Atmosphäre.

Marokko bringt die Abwrack-Prämie für alte Taxis

Das marokkanische Online-Magazin Aujourd’hui berichtet, dass die W123-Parade bald ein Ende haben könnte. Mit Berufung auf eine anonyme Quelle im marokkanischen Innenministerium schreibt Redakteur Amine Harmach, dass der Staat eine Art Abwrack-Prämie für alte Taxis plane. Ähnlich wie in Deutschland will der Staat Neuwagenkäufer unterstützen, wenn sie ihr Altblech verschrotten.

Kein TÜV, kein Problem: In Marokko dieseln alte Mercedes mehrere Hunderttausend Kilometer weiter Kein TÜV, kein Problem: In Marokko dieseln alte Mercedes mehrere Hunderttausend Kilometer weiter Quelle: typhoonski - istockphoto.com Konkret sagte die Quelle, dass Innen- und Finanzministerium berate über eine Erneuerung der Taxiflotte mit staatlicher Unterstützung. Der Entwurf sei in Vorbereitung, die Operation solle in den nächsten Monaten starten. Eine vereinfachte Ersatzteilbeschaffung, mehr Komfort, Verkehrssicherheit und weniger Verbrauch sollen die Fahrer motivieren, ihren Benz abzuwracken.

Renault und Dacia statt W123 und /8?

Wie in Deutschland 2009 soll die marokkanische Abwrack-Prämie die Wirtschaft ankurbeln. Mit neuen Taxis, die von Renault-Nissan in der Hafenstadt Tanger gebaut werden. Unbestätigten Informationen zufolge unterstützen Staat und Hersteller den Kauf eines Renault Trafic oder eines Dacia Lodgy mit rund 5.000 Euro. Als Neuwagen kosten sie in Marokko das Vier- bzw. Dreifache dieser Summe.

Auf Nachfrage von MOTOR-TALK sagte eine Renault-Sprecherin, die Marke befände sich noch in Verhandlung mit der marokkanischen Regierung. Für den W123 ist das bedeutungslos. Er soll so oder so bald aus dem Straßenbild verschwinden.

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