Kann sich Audi-Chef Rupert Stadler halten? Das fragen sich viele Beobachter des VW-Konzerns. Nach neuen Vorwürfen gegen Audi könnte es eng werden - wieder einmal.
Ingolstadt – Rupert Stadler ist, man darf das so festhalten, ein Phänomen. Kaum ein Stein im Management-Tableau der Volkswagen AG blieb seit dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals unbewegt. Neuer Konzernchef, neuer Porsche-Chef, neuer Seat-Chef, neuer Skoda-Chef. Auch auf dem Schlüsselposren des Entwicklungschefs sitzen bei vielen Marken neue Manager. Bei einigen dieser Manager war zum Zeitpunkt ihrer Freistellung nicht klar, ob sie ihre Pflichten überhaupt verletzt hatten. Das trifft laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ auf den Ex-Porsche-Chefentwickler Wolfgang Hatz zu. Der Zeitung zufolge erhält er einen Teil seiner Abfindung unter Vorbehalt. Audi im Fokus - Stadler nichtAudi-CEO Rupert Stadler ist noch da. Der Betriebswirt hatte schließlich nicht mitentwickelt. Allerdings: in den USA waren die Sechszylinder-Diesel aus seinem Haus beträchtlich am Abgas-Skandal beteiligt. Die Betrugs-Software hat diversen Berichten zufolge ihren Ursprung bei Audi (wurde dort aber verworfen). Und: Während der laufenden Audi-Jahrespressekonferenz wurden bei dem Autobauer Büros durchsucht und Akten beschlagnahmt. Ungeachtet dieser Misstöne erhielt Rupert Stadler weiter Rückendeckung: Vor der Audi-Hauptversammlung im Mai stattete ihn der Aufsichtsrat mit einem neuen Fünfjahres-Vertrag bis 2022 aus. Neuer Sand in der GetriebsoftwareIn der vergangenen Woche traten neue Irritationen auf. Verkehrsminister Alexander Dobrindt warf Audi öffentlich vor, eine Abschaltautomatik bei V6- und V8-Dieselmotoren eingesetzt zu haben. Stadler reagierte zornig. Laut mehrerer Medienberichte war die Konzernspitze dennoch „überrascht“ von den neuen Enthüllungen – die Audi nach Stadlers Darstellung selbst dem KBA gemeldet hatte. Laut Audi handelt es sich um einen Fehler in der Getriebesoftware. Nach Aussage des Verkehrsministeriums vom Wochenende war jedoch „für alle Themen im Rahmen des Abgasskandals und der Aufarbeitung der VW-Konzern für seine Marken verantwortlicher Ansprechpartner“ der Behörde. Bedeutet: Die Zentrale in Wolfsburg wurde offenbar vorab von Dobrindts Vorstoß informiert. "Dass Herr Stadler etwas übers Ziel hinausgeschossen ist, ist für uns Historie", sagte ein VW-Sprecher der dpa. Gemeint sind Stadlers Aussagen gegenüber der "Automobilwoche": "Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht", sagte Stadler der Zeitung. "Wir sind alle zwei Wochen beim Kraftfahrtbundesamt und erstatten Bericht. Bei 24.000 Autos in Europa haben wir Auffälligkeiten gefunden. Diese Informationen haben wir den Behörden mitgeteilt. Dies und das weitere Vorgehen wollten wir gemeinsam kommunizieren". Konflikt mit Konzernchef Müller?Nach Darstellung der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hatten Audis neuerliche Abgas-Probleme einen Konflikt zwischen Konzernchef Matthias Müller und Audi-Chef Stadler zur Folge. Der Fall habe Stadler nicht genutzt, zitiert das Blatt eine anonyme Quelle. VW-Chef Müller sei natürlich nicht erfreut, soll es aus Stadlers Umfeld verlauten. Dennoch: Stadlers Absetzung scheint nicht unmittelbar bevorzustehen. Das berichtet neben der „Süddeutschen“ auch die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Letztere schreibt jedoch, VW wolle noch vor Jahresende "ein Paket für den personellen Neuanfang in Ingolstadt schnüren", und zwar ohne Stadler. Bedeutet: Die Konzernspitze möchte bei Audi einen gut vorbereiteten Führungswechsel und keinen Schnellschuss. Das ist nachvollziehbar, denn Audis Gewinne sind für den VW-Konzern nicht verzichtbar. Nach Informationen von „Reuters“ soll Stadler seinen neuen Vertrag nur erhalten haben, weil man sich einig sei, dass er ihn nicht erfüllen werde. Stadler soll dem zugestimmt haben, berichtet die „SZ“. Wie lange in die Zukunft dieses mögliche „Gentlemen’s Agreement“ reicht? Das wird derzeit demnach in Wolfsburg diskutiert. |