Autohersteller verdienen mit Fahrerassistenzsystemen im Moment vergleichsweise viel Geld. Doch der nächste Schritt zum teilautomatisierten Fahren wird teuer.
Quelle: picture alliance / dpa Untergruppenbach/Sindelfingen - Kurz vor einer Kurve hängt sich das Auto an das vordere Fahrzeug, passt sich der Geschwindigkeit an und bleibt in der Spur. Als der Vordermann bremst, bremst auch der Wagen dahinter, ohne dass der Fahrer die Pedale wechselt. Was die C-Klasse auf dem Testgelände des Autobauers Daimler in Sindelfingen absolviert, könnte in einigen Jahren Standard werden. Fahrerassistenzsysteme wie diese werden bereits in vielen Fahrzeugen verbaut. Traditionell führen Oberklasse-Hersteller sie als erste ein, denn ihre Kunden zahlen am meisten dafür. BMW stellte gerade seinen neuen 7er mit Stauassistent vor. Auch Audi stattet seine Modelle mit entsprechenden Systemen aus. Die Margen sind hochDie Unternehmen verdienen bereits gut an den kleinen Helferlein wie Abstandsreglern oder Spurhalteassistenten. "Parkassistenten kosten heute zwischen 30 und 50 Euro und werden für 150 bis 200 Euro verkauft", sagt Wolfgang Bernhart von der Strategieberatung Roland Berger. Ein Toter-Winkel-Assistent kostet 150 bis 200 Euro und wird zwischen 300 und 400 Euro verkauft. "Ein Spurhalteassistent bewegt sich in einer ähnlichen Größenordnung." "Da sind gute Margen drin, vor allem deswegen, weil die Hardware-Kosten relativ niedrig sind", stellt Bernhart fest. Der Zulieferer Bosch will 2016 eine Milliarde Euro mit Fahrerassistenzsystemen verdienen - die jährliche Steigerungsrate liege bei gut 30 Prozent. Je mehr Systeme in einem Auto verbaut werden, desto mehr lohnt es sich für den Hersteller, sagte ein Sprecher von Audi. Die gleichen Sensoren und Kameras können für mehrere Systeme verwendet werden. Ein Spurhalteassistent kann zum Beispiel die gleiche Kamera und Prozessoren verwenden wie ein automatisches Kurvenbremssystem. Systeme werden günstiger und kleinerGleichzeitig sinken die Kosten für die Hardware: Die ersten Laserscanner-Sensoren hätten bis zu 60.000 US-Dollar gekostet, sagt der Audi-Sprecher. Inzwischen bewegen sie sich im niedrigen dreistelligen Euro-Bereich. Gleichzeitig schrumpft die Hardware: Das zentrale Fahrerassistenzgerät, das in der Entwicklung noch aus mehreren großen Rechnern bestand, ist inzwischen so groß wie ein Tablet. "So werden sich die Kosten für die Hardware bis 2020 um 50 bis 70 Prozent reduzieren", schätzt Bernhart. Welche Systeme sich in der Masse als nächstes durchsetzen werden, beeinflussen die Neuwagentests Euro NCAP. "Mit der Weiterentwicklung der NCAP-Regularien steigt auch die Basisausstattung für Fahrzeuge, die in Zukunft fünf Sterne im Test erreichen wollen", sagt Bernhart. In Europa wird das laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) der Notbremsassistent für Fußgänger, für Radfahrer und Systeme, die Auffahrunfälle verhindern, sein. Einfache Parkassistenten haben Bernhart zufolge schon eine Penetrationsrate von 30 bis 40 Prozent in Europa. Toter-Winkel-Assistenten werden bis 2020 voraussichtlich einen Marktanteil von 15 bis 20 Prozent erreichen. Neue TestverfahrenDer nächste Schritt, in dem das Auto zumindest teilweise die Kontrolle übernimmt, ist zumindest aus wirtschaftlicher Sicht noch ein großer. "Aus heutiger Sicht ist es aber eher schwierig mit teilautomatisierten Systemen Geld zu verdienen, weil sie Redundanz brauchen", sagt Bernhart. Weil der Fahrer die Verantwortung an den Wagen und damit an den Hersteller abgibt, reichen selbst mehrere Millionen Testkilometer nicht aus, um die Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Deshalb arbeiten Hersteller wie Bosch auch an neuen Testverfahren, sagt Michael Fausten, Projektleiter für das automatisierte Fahren bei Bosch. Um die Funktionen wirtschaftlich anbieten zu können, muss vor allem die Laser-Technik (LIDAR) billiger werden. Sie kostet heute deutlich mehr als 10.000 Euro, dürfte aber bis 2020 bei 1.000 Euro liegen, sagt Bernhart: "Der Sprung zur Vollautomatik wird auf jeden Fall mindestens einen vierstelligen Euro-Betrag allein für die Hardware kosten." Dazu kämen Entwicklungsaufwendungen in dreistelliger Millionenhöhe. Bosch verbaut in seinen Testwagen für autonome Autobahnfahrten derzeit Technik für eine halbe Million Euro. Das ist weit von dem entfernt, was Verbraucher zu zahlen bereit wären. Sie würden nach Erkenntnissen des Autozulieferers zwischen 3.000 und 5.000 Euro für diese Technik ausgeben. Bosch-Geschäftsführer Dirk Hoheisel rechnet damit, dass diese Preisgrenze um das Jahr 2020 erreicht wird. Dann werde es nach den Erwartungen von Bosch auch erste hochautomatisierte Systeme für Autobahnen geben. |