Eine Welt ganz ohne Verbrenner? Passiert vorerst nicht: Trotz Elektroautos und strengeren Grenzwerten bleiben Verbrenner-Motoren noch lange wichtig.
Quelle: Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik Wien – Die gefühlte Wahrheit: Alle sind einer Meinung, die Emissionen aller Fahrzeuge müssen runter. CO2, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe, Partikel. Je drastischer, desto besser. Die Wirklichkeit wird auf dem Motorensymposium in Wien diskutiert. Auch hier herrscht Einigkeit über die Notwendigkeit nach mehr elektrischer Mobilität: Strom muss sein, aber ohne Verbrennungsmotor geht es nicht. Benziner, Selbstzünder und Gasantriebe bleiben ein wesentlicher Bestandteil der Zukunftsstrategien vieler Hersteller. Elektrifizierung allein genügt nichtQuelle: Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik Eine Studie der FEV Consulting prognostiziert starkes Wachstum für elektrische Antriebe. In Europa sollen 2025 mehr als die Hälfte aller neuen Autos mehr oder minder viel mit Strom fahren. Trotzdem stecke im Jahr 2030 noch in 80 Prozent aller Neufahrzeuge ein Verbrenner. Mild-, Voll- und Plug-in-Hybride machen also einen großen Anteil aus. Die Studie wird von den Erwartungen des Zulieferers Mahle gestützt. Übertragen auf den gesamten Fahrzeugbestand liege der Verbrenner-Anteil im Jahr 2030 weltweit bei 90 Prozent. Deshalb müssen heutige Autos sparsamer werden – um langfristig weltweit weniger Abgase auszustoßen. Denn global bleibt der Anteil reiner Elektroautos noch sehr lange gering. Auf dem 38. Motorensymposium besprechen Ingenieure deshalb ein immer wiederkehrendes Thema: Verbrenner sollen sparsamer werden. Im Alltag, nicht im Zyklus. Der Wunsch wird auch vom neuen, realitätsnahen Zyklus getragen. Er dürfte alle Motorenentwickler gewaltig in Grübeln bringen. Mögliche Lösungen für die intensivierten Probleme (denn neu sind sie ja nicht)? Effizientere Motoren unter zu Hilfenahme von Hybridisierung, Wasser, Thermomanagement und synthetisierter Kraftstoffe – flüssig und gasförmig. Wiener Motorensymposium: Kraftstoff sparenQuelle: Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik Die Autoantriebe der Zukunft werden also vor allem vielfältig. Allein bei der Hybridisierung gibt es viele Richtungen. In der Kompaktklasse lohnen sich große, einfache Saugmotoren bei Vollhybriden und kleine, aufwändige Turbobenziner bei Plug-ins. Hintergrund: Direkteinspritzung und Aufladung sind zwar teuer, aber sparsamer, wenn der Akku leer ist. Die Kosten sinken über die Motorgröße. Toyota entwickelt Motoren mit „weltweit führenden Wirkungsgraden“. Wasserstoff wird zum wichtigen Nebenprojekt. Nissan zeigt noch einmal den VCR-Motor, ein Turbobenziner mit variabler Verdichtung. Den hatte Tochter Infiniti bereits vorgestellt. BMW fasst die Erfahrungen mit der Wassereinspritzung aus dem M4 GTS zusammen. Bei hoher Last lasse sich damit Sprit sparen. Zukünftig könnte das Kondenswasser der Klimaanlage in gewissen Lastbereichen dem Benzin beigemischt werden. Eine Technik für sportliche Autos. Mercedes nennt in Wien konkrete Daten. Der neue S 500 bekommt einen Reihensechszylinder-Mild-Hybrid mit Elektro-Verdichter und Starter-Generator. Der soll in vielen Bereichen so schnell sein wie der Vorgängermotor mit acht Zylindern, dafür aber viel sparsamer. In kleineren Baureihen bekommen die 350er-Modelle einen Vierzylinder mit 300 PS, 400 Newtonmeter Drehmoment und Riemen-Startergenerator. Der Verbrauch soll gegenüber gleich starken Sechszylindern um ein Viertel sinken. Erdgas als Brückentechnologie bis zur ElektrifizierungQuelle: Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik Mahle sieht im Erdgasmotor großes Potenzial. Gasantriebe liegen in der Zulassungsstatistik derzeit ganz am Ende der Liste. Doch gerade hier gebe es viel Spielraum, um den CO2-Ausstoß zu senken. Ein Erdgasmotor des Zulieferers mit 3 Zylindern, 1,2 Litern Hubraum, einer Verdichtung von 13,3 und gut 160 PS würde gegenüber einem vergleichbaren Benziner laut WLTC-Norm mehr als 25 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Mahle rechnet den Vergleich mit einem Elektroauto mit 40-kWh-Akku vor: Nach zehn Jahren hat der Stromer 20 Tonnen CO2 freigesetzt. Das Gas entsteht bei der Produktion und dem üblichen deutschen Strom-Mix. Ein ähnliches Erdgasauto würde mit gleicher Laufleistung (15.000 km/Jahr) 23 Tonnen CO2 freisetzen. Bis zum siebten Jahr liegt der Vorteil beim CNG-Fahrzeug. VW ergänzt: Betankt man ein Erdgasauto mit synthetisiertem CNG, liegt der effektive CO2-Ausstoß dauerhaft unter dem des Elektrofahrzeugs. Selbst wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt, liegt das Erdgasauto bis zum 13. Betriebsjahr vorn. Es stößt nur so viel CO2 aus, wie bei der Produktion des Kraftstoffs gebunden wird. Audi nennt dieses Prinzip „E-Gas“. Quelle: VW Bis der Konzern Elektroautos in Großserie produziert, starten neue Erdgasfahrzeuge. Audi hat bereits die G-Tron-Versionen von A4 und A5 Sportback mit 170 PS vorgestellt. VW Polo und Seat Ibiza bekommen einen 1,0-Liter-Turbo-Dreizylinder mit 90 PS, 160 Newtonmeter Drehmoment und 380 Kilometern CNG-Reichweite. Die Emissionen müssen drastisch sinken. Das funktioniert nicht mit ausschließlich kleinen Änderungen. Die gibt es weiterhin: Der 1,5-Liter-Benziner im Golf Blue Motion schaltet im Segelbetrieb künftig ab. Bei VW hat man aber mittlerweile jenen Testwagen verschrottet, der das Zehngang-DSG (DQ 511) erprobt hat. Elektroverdichter und milde Hybridisierung sparen mehr Sprit. Der Antriebsstrang ist derweil eingelagert – man weiß ja nie. |